Wednesday, November 29, 2006

Deutsche Milieus und die Parteien


Die Welt fragte sich nach dem Ende des Parteitages der CDU in Dresden, warum diese Partei in einer Krise stecke und gab auch gleich selbst die Antwort:

Sie hat ihr altes Milieu verloren - und ein neues noch nicht gefunden.

Nun gilt es die Frage zu stellen, ob es diese Milieus in der bisherigen Form noch gibt. Die Welt war mal einfach: die CDU hatte ihre Anhängerschaft vorwiegend in der katholischen Landbevölkerung, die SPD in den Arbeiterrevieren und die FDP in den noblen Villenvororten. Dieses vereinfachende Schema ist ein Erklärungsmuster dafür, das Nordrhein-Westfalen mit seinem Industriegürtel fest in der Hand der SPD und das ländlich geprägte katholische Bayern im Griff der CSU ist. Das vereinfachende Erklärungsmuster stammt jedoch auch aus einer Zeit, als die Welt noch leicht erklärbar war: Deutschland war keine Migrantengesellschaft, Deutschland war nicht Teil einer globalisierten Weltgesellschaft, Deutschland war kein Mobilitätsland. Damals machte der Sohn (regelmässig) noch das, womit der Vater bereits seine Brötchen verdient hatte und das Parteibuch zumindest virtuell bereits in die Wiege gelegt wurde.

Nun kann darüber gestritten werden, ob diese Zeit gut oder schlecht war. Es kann auch darüber gestritten werden, ob diese Zeit nicht besser zurückholbar sein sollte. Es kann jedoch nicht mehr darüber gestritten werden, dass diese Zeit vorbei ist. Einher gehen jedoch auch damit die Auflösung von Milieus, auf die die Parteien durchaus bereits reagiert haben.
Zunächst fällt auf, dass die Welt bunter geworden ist. War früher ein Afrikaner oder ein Asiate eine Rarität in deutschen Landen sind sie heute fester Bestandteil der (Stadt-) Gesellschaft und in nahezu allen Berufszweigen anzutreffen. Bereits die Frage "Woher kommst Du?" ist ansich nicht mehr statthaft, weil viele einfach sagen müsste: aus München, aus Hamburg, aus Berlin oder aus Wolfratshausen. Sie sind hier geboren, aufgewachsen, sozialisiert. Sie sind "Deutsche", womit immer dieser Begriff auch immer gefüllt werden soll.
Damit, und an dieser Stelle ist Der Welt recht zu geben, haben sich auch die Milieus aufgelöst. Dies hat aber auch eine gravierende weitere Ursache des gesellschaftlichen und ökonomischen Wandels. Weder ist Bayern noch agrarisch geprägt noch das Ruhrgebiet ein industrieller Gürtel, in dem vor allem "Blaukragen" anzutreffen sind. Gerade das Ruhrgebiet hat einen tiefgreifenden Wandel durchgeführt, bei dem die Kohlezechen und Stahlkochereien noch nicht ganz verschwunden sind, aber ihre überragende Bedeutung verloren haben. Das Ruhrgebiet hat sich zu einem High Tech- und Dienstleistungsstandort entwickelt. Und obwohl Bayern wohl immer noch eines der traditionellsten deutschen Bundesländer ist, hat sich unter der Decke des Wahlerfolgs der CSU sind jedoch gewaltige Verschiebungen der Wählerstrukturen zu beobachten. Die CSU hat zuletzt mit der Anpassung ihrer Familienpolitik darauf reagiert und sich den eher großstädtisch geprägten Milieus geöffnet. Dabei ist jedoch maßgeblich, dass eben nicht mehr der Sohn in den Beruf des Vaters folgt, sondern seinen eigenen Weg geht. Damit verbunden ist eine eigene Identität, die sich auch im Wählerverhalten ausdrückt.

Die Auflösung dieser klassischen Milieus war zunächst in den ostdeutschen Bundesländern beobachtbar. Mit dem Ende der DDR und der Etablierung des vereinigten Deutschland haben sich die alten Milieus, die noch von der Stellen der SED geprägt waren und in der die Mitgliedschaft in einer Blockpartei und vor allem den Kirchen bereits eine Oppositionshaltung nahelegte, hatten sich aufgelöst und neue konnten sich durch den historisch einmaligen ökonomischen Umbruch nicht wirklich entwickeln. Die ostdeutsche Gesellschaft war in Bewegung geraten und ist eigentlich bis heute nicht zur Ruhe gekommen. Mit Ausnahme von Sachsen waren daher Regierungswechsel oder - wie in Thüringen und Brandenburg - Wechsel in den Regierungskonstellationen an der Tagesordnung. Der Wahlkampf in battle grounds - wie er in den USA als fight on the battle states noch heute bekannt ist - war nicht zielführend, da die gesamte Wählerschaft ein battle field ist.
Die westdeutschen Bundesländer haben diese Entwicklung nachvollzogen: der Sieg Ole von Beust´s in Hamburg, der Übernahme der Macht durch Union und FDP in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen und der Machtverlust der SPD im Saarland sind eine Folge dessen. Der Wähler wird experimentierfreudiger und löst sich von seinen bisherigen Parteien. Die Parteien haben darauf bereits reagiert, in dem sie ihre Wahlprogramme von ideologischem Balast befreit haben und aufeinander zugegangen sind.

Es ist daher eher unwahrscheinlich, dass die Union ein neues Milieu finden wird. Vielmehr wird sie von Wahl zu Wahl ein attraktives Programm anbieten müssen.


Milieuforschung an der Universität Rostock

Tuesday, November 28, 2006

In Südafrika ist eine Ära zu Ende gegangen


Manchmal meinte man, die Parteienlandschaft ist wie aus Stein gemeiselt in Südafrika und personelle Veränderung wie der Wechsel von Nelson Mandela zu Thabo Mbeki sind nur dem verfassungsrechtlichen Gebot der Amtszeitbegrenzung geschuldet. Und dann kommt sie doch, doch Meldung die Veränderung bedeutet:
Der südafrikanische Oppositionsführer Tony Léon hat überraschend seinen Rückzug aus der Politik angekündigt und damit Spekulationen Auftrieb gegeben, seine Partei "Democratic Alliance" (DA) suche nach einem neuen, "schwarzen" Profil. Er stehe für die Wiederwahl des Parteivorsitzenden im kommenden Jahr nicht mehr zur Verfügung, sagte Léon am Sonntag in Johannesburg.
(Frankfurter Allgemeine Zeitung 28. November 2006)
Tony Léon war es, der die einzigste weiße Oppositionspartei Democratic Party, die in der Apartheid die Apartheid kritisierte und sie abschaffen wollte, in die neue Zeit Südafrikas überführte. Während im Nachbarland Namibia die Democratic Turnhallen Alliance, nicht ganz so auf Anti-Apartheid-Kurs wie die DP, sich immer stärker in ihre Bestandteile auflöste, gelang es der DP sich zur wichtigsten Oppositionspartei auch im neuen Südafrika zu etablieren. 15 Prozent klingen dabei auf Anhieb nicht viel, die Übermacht des ANC mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament von Cape Town jedoch zeigt, welch wichtige Funktion die DA in Südafrika besitzt.
Als die Democratic Party 2000 mit der New National Party (DP), der Partei von Johannes Vorster und Marais Viljoen, von Pieter Botha und Frederik de Klerk, zur Democratic Alliance fusionierte, blieb dies nicht ohne Reibungsverluste. Nicht nur die Apartheid-Geschichte trennte die eigentlich ungleichen Partner. Während die ehemalige Apartheidparte NNP immer noch die Partei der Ewiggestrigen war, hatte sich die DP neue Wählerschichten unter den Schwarzen und Mischlingen erschlossen und war die Partei der aufstrebenden Mittelschicht in Südafrika. Und sie trennte auch ein fundamentales Gesellschaftsverständnis, wie sich an der in der südafrikanischen Verfassung festgeschriebenen Gleichstellungspolitik exemplarisch beweisen lassen würde. Tony Léon hat diese Fusion gegen die Widerstände in seiner eigenen Partei durchgesetzt, um der Übermacht des ANC zunächst unter Nelson Mandela und jetzt unter Thabo Mbeki eine wirksame und handlu
ngsfähige Opposition entgegensetzen zu können. Für ihn war Regierung und Opposition gleichermaßen elementar für ein politisches System. Von der NNP wurde er bitter enttäuscht, die die Fusion quasi wieder rückgängig macht und - nicht ohne Ironie in der Geschichte - sich dem ANC zuwandte.

Und nun geht also auch Tony Léon. Er geht nicht als Geschlagener, sondern aufrechten Hauptes, dessen Rückzug einer strategischen Aussage gleichkommt. Immer noch zählt in Südafrika die Hautfarbe viel und so haben "weiße Parteien" wie die DA nur schwer eine Chance gegen "schwarze Parteien" wie den ANC, dem zudem noch die Aura der Befreiungsbewegung umhaftet. Dabei sind die Folgen der unumschränkten Macht des ANC, eine Folge der Zweidrittelmehrheit, nicht zu übersehen. Helen Zille, die im März gewählte Bürgermeisterin von Cape Town, hat alle Hände voll zu tun, um die Folgen von Korruption und Vetternwirtschaft zu beseitigen, die sich unangreifbar fühlende ANC-Politiker hinterlassen haben. Auch in Südafrika ist das Spiel des Machtwechsel eine wichtige Kontrollinstanz, die derzeit zu verloren gehen droht. Die Öffnung der DA ist daher notwendiger den je und die Focusierung auf die Probleme de
r meist immer noch weißen Oberschicht aufzulösen.
South Africa's main opposition party must transform its reputation as the voice of the white minority before it can ever hope to challenge the African National Congress's (ANC) stranglehold on power, analysts said on Monday.
(Mail & Guardian, 27. November 2006)
Die Probleme überwältigen dabei Südafrika fast: Armut unter der mehrheitlich schwarzen Bevölkerung, die immer noch an den Rändern der Großstädte Johannesburg, Pretoria und Cape Town in riesigen Slums lebt. Die Ausbreitung von HIV in einem Land, in dem ein Unternehmen zwischenzeitlich drei Menschen ausbildet um am Ende einen Mitarbeiter zu haben. Korruption und Vetternwirtschaft, Umweltprobleme. Und eine hohe Erwartungshaltung der afrikanischen und internationalen Politik, die das Land nur schwer erfüllen kann. Thabo Mbeki hat mit NEPAD seiner Reputation international Rechnung getragen und ist auch persönlich integer. Sein ANC hat jedoch bereits seit längerem mit den Folgen einer überragenden Machtstellung, die weltweit - in Deutschland in Bayern und in Japan mit den Liberal´s - zu beobachten ist, zu kämpfen.
Egal wer somit Léon´s Nachfolger wird, wird ein schweres Erbe antreten. Die Bürgermeisterin von Cape Town, Helen Zille, wird wohl eher nicht für diese Position zur Verfügung stehen, hat sie doch in ihrer Stadt bereits alle Hände voll zu tun. Und wenn ein "Schwarzer" den Vorsitz übernimmt, ist Südafrika ein Stück weiter in der Normalität angekommen. Man kann jedoch nur hoffen, das Tony Léon seiner Partei als Ideengeber erhalten bleibt.

Wednesday, November 22, 2006

Angela´s erstes Jahr


Ein Jahr ist es nun her, dass Angela Merkel zur Kanzlerin gewählt wurdeund ihr Amt würdevoll angetreten hat. Vorbei war es, dass (Alt-) Kanzler Schröder von einer Verlängerung seine Spielzeit geträumt hat und vorbei war auch der eher peinliche Auftritt in der "Berliner Runde" am Abend des 18. September 2006. Mit dem Amtsantritt Merkels kam es zu zwei Noven in der bundesrepublikanischen Geschichte, da erstmals eine Frau und erstmals auch eine Vertreterin des ostdeutschen Landesteils an der Spitze der Republik stand.
Merkel war damit einen langen Weg gegangen. Angefangen von Helmut Kohls Mädchen über die Position der Generalsekretärin der CDU, die den eine der schwersten Krisen der Partei hervorragend managte und vorbei an allen Seilschaften der Union den Parteivorsitz errang kämpfte sie sich mit Beharrlichkeit und Einsatz an die Spitze der deutschen Politik.


An was war in dem einem Jahr: außenpolitisch wurden die Beziehungen zu den USA wieder ins Lot gebracht und zu Russland ins rechte Licht gerückt. Scherben beseitigen hies hier die Devise. Und in Europa war der Weg zu stellen für die Finanzordnung, für die Erweiterung und es kam auch gleich ein hanebüschner Streit mit dem polnischen Nachbarn auf sie zu. Gut gemacht kann man nur sagen.
Merkel ist eine der Kanzlerinnen, die sich am schnellsten im internationalen Geschäft zurecht fand. Unmittelbar nach Beginn ihrer Amtszeit war sie es, die den kordischen Knoten der EU-Finanzierung sprengte und quasi die Herrenriege damit zeigte, was eine Harke ist. Und sie war es auch, die Bush jun. bestimmt sagte, dass eine Partnerschaft mit den USA gewünscht ist, aber eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Hier setzte sie sich von ihrem Vorgänger ab, der auf Krawall aus war und dessen Politik nur eine Linie kannte: den nächsten Wahlsieg.


Und innenpolitisch? Hier ist die Leistungsbilanz eher durchwachsen. Zwar wurde die Föderalismusreform verabschiedet. Eine wirkliche Staatsreform und gar eine Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen den Staatsebenen war damit nicht verbunden. Die Gesundheitsreform ist eher zerstritten, die Steuerreform von 1999 mit einer der größten Steuererhöhungen faktisch wieder rückgängig gemacht und die Alterssicherung wartet immer noch auf ihre Konsolidierung.
Sicher ist sie hier stärker auf ihren Koalitionspartner, auf die Ministerpräsidenten, auf ihre eigene Partei angewiesen. Merkel ließ es bisher jedoch vermissen, eine politische Stossrichtung zu geben, die strategische Linie zu formulieren und ihre Richtlinienkompetenz wahrzunehmen. Auch wenn es keine leichte Aufgabe ist, dafür ist sie gewählt und derzeit steht sie unangefochten an der Spitze der Republik. Diese Chance muss sie noch nutzen.


Pressedokumentation
Der Tagesspiegel: Nach dem Sündenfall . In den ersten zwölf Monaten als Kanzlerin hat Angela Merkel ihre Macht unangreifbar gemacht

Monday, November 20, 2006

Finanzamt berät nur noch gegen Aufwandsentschädigung

Manche hätten es nicht vermutet, aber Vater Staat kommt doch auf immer neue Ideen, wie er seinen Schäfchen Bürgern das Geld aus der Tasche ziehen kann. Bislang durfte man davon ausgehen, dass die Beratung in komplizierten Rechtsfragen eine der vornehmsten Behördenpflichten ist. Wie Gott Vater nimmt er sich treusorgend seiner Bürger an, berät sie und zeigt ihnen somit den Dschungel durch die Gesetzeswelt.

Vorbei der Traum, die Realität hat uns eingeholt. Der Staat ist arm dran derzeit und so reichen die Einnahmen aus den vielfältigen Steuererhöhungsorgien des vergangenen Jahres noch nicht wirklich, um den Finanzhunger abzudecken. Nun kassieren auch die Finanzämter für die Ausübung eben jener Königsdisziplin. Wer also zukünftig beim Finanzamt anklopft, der darf schonmal den Geldbeutel bereit halten, den den Eintritt gibt nur noch gegen Eintrittsgeld. Fast! Aber für die Beratungsleistung gibt es nicht nur den Steuerbescheid, sondern auch den Gebührenbescheid. Und die Begründung ist recht einfach: die Gesetze werden immer komplizierter, der Beratungsaufwand immer größer.
Eigentlich wäre doch die Sache recht einfach: der Staat macht einfachere Gesetze und der Beratungsaufwand wäre klein. Man erinnere sich im Steuerbereich noch an den Vorschlag den Friedrich Merz, die Steuererklärung auf dem Bierdeckel zu erledigen: einfach, übersichtlich, passgenau und schnell. Da bräuchte man nicht einmal sonderlich viele Finanzbeamte. Aber man wollte nicht, die Klientel wollte bedient sein.

Mir würden jetzt noch zahlreiche andere Gebühren einfallen.
Da wäre die Hartz IV-Bewilligungsgebühr: wer einen Antrag auf Hartz IV stellt, muss erstmal löhnen und für die Bearbeitung werden weitere Gebühren fällig. Natürlich muss der Delinquent nicht alles sofort bezahlen, sondern kann die Gebühr abstottern - mit Zins. Denn er nimmt ja schließlich eine Leistung in Anspruch.
Oder nehmen wir die Gebühr für die Benutzung des Gehweges, quasi das Gegenstück zur Autobahnmaut. Man geht aus dem Haus - und zahlt. Man muss ja nicht aus dem Haus gehen, und schon bitte gleich gar nicht zum Finanzamt.
In München gibt es sie schon: die Luftsteuer. Wer dort ein Schild in den "öffentlichen Luftraum" hängt, genau, der zahlt.

Ach, es gäbe doch noch zahlreiche Einfälle. Vielleicht sollte man einen Wettbewerb für die interessantesten Gebührenideen veranstalten. Und wer einen Vorschlag macht, der zahlt. Schließlich beansprucht man ja die staatlichen Prüfhirne, ob der Vorschlag kurios genug ist.

Thursday, November 09, 2006

Nicaragua: Ortega is back


Die Reihe der Wahlen in Lateinamerika setzte an diesem Wochenende Nigaragua fort. Was in einigen osteuropäischen und zentralasiatischen Staaten bereits deutlich eher eingetreten ist, wurde nicht auch hier zu Realität: die sozialistischen Machthaber kehren an die Schalthebel der Macht zurück Daniel Ortega, der zunächst den nicaraguanischen Diktator Samoza vertrieben und dann sich einen zwölfjährigen Kampf mit den Contras geliefert hat, wurde zum neuen Präsidenten gewählt.

Ortega hat damit nicht unbedingt Vertrauen in der Bevölkerung gewonnen, sondern vor allem vom verlorenen Vertrauen der bürgerlichen Regierungsparteien profitiert. Diese haben es nicht vermocht, das bereits schon immer von Armut und Unterentwicklung geprägte Land wirtschaftliche aufzubauen. Zwar waren hier auch zahlreiche Naturkatastrophen mit verantwortlich. Die Korruptionsanfälligkeit und der Niedergang der staatlichen Systeme haben jedoch jegliches Vertrauen in den Staat darniederliegen lassen.
Darauf konnte Ortega letztlich aufbauen. Allerdings wird er nicht "durchregieren" können. Die Wähler haben wohl bewusst eine absolute Mehrheit der Sandinisten im Parlament verhindert, um so auch die Kompromissfähigkeit der Politik zu erleichern. Sie wollen keine "linke" Politik, sondern eine Politik für das Land: Armutsbekämpfung, Bildungspolitik und die Schaffung von Entwicklungschancen.

Eigentlich wäre dies auch ein Fall für unsere Weltexpertin. Aber diesmal war die Fraktion besser beraten und es äußerte sich hier außenpolitischer Sprecher Werner Hoyer.
Nach dem Wahlsieg von Daniel Ortega, der trotz einer deutlichen Mehrheit von mehr als 50% für die leider getrennt angetretenen beiden liberalen Kandidaten in Nicaragua zum Präsidenten gewählt wurde, gilt es nun eine Spaltung des nicaraguanischen Volkes zu vermeiden und die erfolgreiche demokratische und wirtschaftliche Entwicklung des Landes nicht zu verspielen.
Es ist jetzt an der Zeit, dass Ortega den Worten von der im Wahlkampf so oft beschworenen Versöhnung Taten folgen lässt. Sollte Ortega sein Angebot, eine neue politische Kultur ohne Streit und Feindschaft, ernst gemeint haben, so werden sich dem auch die nicaraguanischen Liberalen gewiss nicht verschließen.
Ortega muss begreifen, dass Voraussetzung für eine weiterhin positive demokratische und wirtschaftliche Entwicklung Nicaraguas eine ausgewogene und freundschaftliche Zusammenarbeit mit Europa und den USA ist. Andernfalls droht Nicaragua zu einem weiteren Satelliten im venezolanischen Orbit zu werden.
Es ist darüber hinaus eine völlige Fehlperzeption mancher europäischer Medien, den liberalen Kandidaten Eduardo Montealegre der Alianza Liberal Nicaragüense als Konservativen oder gar Rechten zu kategorisieren. Ein Bürgerrechtsliberaler, der etwas von Wirtschaft versteht, verdient es nicht, in die rechte Ecke gedrückt zu werden.
Dabei fehlt es nicht an Ironie: Ortega ist der einzigste wirklich Linke in Lateinamerika.


Wahlbericht der Konrad-Adenauer-Stiftung

Tuesday, November 07, 2006

"Eine große Übereinstimmung in der Werthaltung"

Kurt Beck hat vor zwei Wochen intensiv geworben und letzte Woche hat Guido Westerwelle noch Eheversprechen verneint. Aber das dies nur das Vorspiel war, darauf konnte man sich verlassen. Über den Preis wird schon verhandelt, und das vor alle Öffentlichkeit.

Als Geheimtreffen getarnt trafen sich in Berlin in einem der beliebtesten Politiker- und Journalistenlokale Abgesandte der SPD und FDP. Die Vorsitzenden blieben noch daheim und ließen sich über die Balzerei berichten, das wäre wohl dann doch zu auffällig für ein Geheimtreffen gewesen.

Aber schauen wir uns mal die Teilnehmer genauer an:
für die FDP gehörten unter anderem der Verhandlungsdelegation Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Kauch und Daniel Bahr. SLS ist nahezu Geschichte und hat sich faktisch schon aus der Politik verabschiedet. Michael Kauch wird eine gewisse Nähe zu Parteiboss Westerwelle nachgesagt. Interessant ist jedoch die Teilnahme von Daniel Bahr, offiziell nur der gesundheitspolitische Sprecher, aber tatsächlich der derzeit heimliche Star der Fraktion mit guten Kontakten nach NRW, zum liberalen Jugendverband und auch sonst recht gut vernetzt. Es ist also durchaus ernst mit einer Neuauflage der sozial-liberalen Koalition.
Was den gewöhnlich Politikinteressierten dabei jedoch verwundert und den Kenner die Augen reiben läßt ist, dass offenbar Westerwelle ein Jahr nach Bildung der Großen Koalition mit seinen Lieblingssparingspartnern gleich hinter den Grünen keine alt zu großen Probleme hat. Dabei hat sich das Programm der SPD bislang nicht in einem Punkt gewandelt und so stellen sich für die Besinnung des FDP-Häuptlings zwei alternative Gründe: er konnte Gerhard Schröder schlicht nicht leiden wollte sich deshalb auch nicht mit ihm regelmäßig Nachts zu Koalitionsgesprächen treffen oder er hat es satt, immer nur den bösen Oppositions"führer" zu spielen und wollte endlich einen anständigen Dienstwagen, Leibwache und eine großen Personalapparat. Zu seinen Gunsten sollte man an dieser Stelle erste Alternative berücksichtigen und gespannt auf die Memoiren des Guido W. warten.

Aber auch ein Blick auf die SPD-Delegation ist zwingend von Nöten: die stellvertretende Parteivorsitzende Elke Ferner, die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Ulrich Kelber und Angelica Schwall-Düren sowie der frühere Wissenschaftsminister von Niedersachsen Thomas Oppermann. Ein eindrucksvolles Bild, da es gleichzeitig das neue Machtzentrum der SPD - Kurt Beck, Peter Struck und Siegmar Gabriel - wiederspiegelt.

Was sich letztlich herausstellte: in SPD und FDP werden immer noch Annimositäten von 1982 mitgetragen. Die neue Parteigeneration, für die damaligen Zänkereien recht unverdächtig, möchte diesen Zwist nun beseitigen und stellt dann gleich "eine große Übereinstimmung in der Werthaltung" fest. Zwar gibt es noch einige Differenzen zu klären - Stichwort: Bürgergeld und Mindestlohn. Aber, so der Sozi Kelber: "Man muss auch mal eine Pur-Version des anderen ertragen." Und eine Gemeinsamkeit hat man schon gefunden: "Wenn man gemeinsam über Kollegen lästert, hebt sich die Stimmung."
Man merkt, da ist Leben in den Berliner Politikstuben und dass die Union gegen das "Geheimtreffen" wettert, hat vor ein paar Wochen noch für eine Verschiebung gesorgt. Das Leidensklima in der amtierenden Koalition scheint jedoch zwischenzeitlich so hoch zu sein, dass dies auch nicht mehr stört.

Man darf also schonmal die Hochzeitsglocken putzen. Ob das Land dann besser regiert wird, wird sich zeigen. Guido kriegt jedenfalls seinen lang ersehnten Dienstwagen.

Also soll er hängen


Nun kann man streiten, ob ein Todesurteil Bush jun. auf den letzten Metern seines (letzten) Marathonlaufes hilft. Zumindest ist das Todesurteil im Interesse des Mannes, der sich als Gouverneur von Texas nicht lumpfen ließ, Todesurteile vollstrecken zu lassen.

Aber die Frage darf schon erlaubt sein, ob ein Todesurteil "Justice for Saddam" bedeutet, wie das Wall Street Journal annimmt. In einer Gesellschaft, die für Märtyrer lebt und auch tötet, bedeutet Ruhe etwas anderes und für Saddam wird auch der Weg zum Schaffot ein Triumphzug.
Und noch etwas anderes spielt eine Rolle: die Todesstrafe ist international geächtet. Eine neue Demokratie, die gleich ihre erste zentrale Bewährungsprobe mit dem Märtyrertod besteht, ist denkbar schlecht beraten. Besser wäre es gewesen, wenn man gezeigt hätte, dass das Prinzip "Aug um Aug, Zahn um Zahn" auch ein Ende haben kann. Saddam hat es oft genug angewandt und in der arabsichen Welt ist es immer noch weit verbreitet. Hinter Schloss und Riegel wäre er zwar ein teurer Gefangener gewesen, aber ein wertvollerer als ein Gehängter.

Photo Finish

Ruhe vor dem Sturm: Die Spiegelung des US-Kapitolgebäudes im Wasser suggeriert kurz vor dem Wahlkampf noch Idylle

Bekennender Aufkleber auf der Stirn: Don Simmons macht allen deutlich, wem er seine Stimme geben wird: John Tester. Der Präsident des Senats im US-Bundesstaat Montana liefert sich ein Kopf-An-Kopf-Rennen mit dem amtierenden US-Senator Conrad

Briefwahl: Wahlspezialist Anestis Konstantinidis kämpft sich durch Unmengen von Wahlzetteln in Miami Dade County

Shakehands aus dem Kampagnenbus: Ned Lamont will in Connecticut Senator werden

Hausbesuch: US-Senator Lincoln Chafee pflegt persönlichen Kontakt zu seinen Anhängern. Chafee stellt sich zur Wiederwahl in Rhode Island gegen den Demokraten Sheldon Whitehouse

Wahlkampffinale: George W. Bush präsentiert sich seinen Anhängern im Arkansas Regional Airport in Bentonville

Bush-Fans: In Topeka, Kansas, bejubeln Anhänger des Präsidenten seine Rede

Sechsjährige mit Amerika-Hut und Plakat: Ein junger Fan wartet in Memphis, Tennessee, auf den Auftritt von Republikaner-Kandidat Bob Corker

Demonstration: Anti-Kriegs-Aktivistin Cindy Sheehan macht sich stark

Teenager mit Cowboyhut und Unterstützungsplakat: George W. Bush ist "sein Held"

Jubelnde Menschenmenge: Anhänger Bushs schwenken Fahnen während einer Wahlkampagne der Republikaner

Klare Ansage in Comic-Manier: US-Präsident George W. Bush, Vizepräsident Dick Cheney und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld als Zielscheiben des Spottes

Sunday, November 05, 2006

Sind die Neocons am Ende?

The Family of President Bush jun.

Im Vorfeld der U.S. mid term elections am 7. November läuft derzeit eine intensive Debatte, ob die Neocons am Ende sind oder nicht. Dabei kann es eigentlich nur um die Frage gehen, ob die Vertreter der Neocons in der praktischen Politik am Ende, nicht deren theoretische Grundlage. Diese kann naturgegeben nicht am Ende sein: eine Theorie bleibt eine Theorie, die zur Beurteilung praktischer Politik dient; sie ist nicht selbst Gegenstand Politik.

Georg Bush jun. hat sich mit dem 11. September 2001 den Ideen der Neocons zugewandt. Noch im Januar 2001 kritisierten ihn namhafte Vertreter der Neocons dafür, dass er eben stärker auf seine dem (Neo-) Realismus verhaftete Sicherheitsberaterin Rice und dem ebenso denkenden Außenminister Powell zugewandt war. Zwar hatten mit James Wolfowitz, Richard Perle und Richard Armitage die herausragensten Vertreter hohe Regierungsposition in der Bush-Administration übernommen, wurden jedoch noch von Powell und insbesondere Rice überlagert. Dies änderte sich schlagartig mit dem 11. September: zunächst nur unterschwellig und 2002/2003 auch nach für jeden sichtbar ging Bush auf eine Interventionspolitik über, die Vorgab, amerikanische Werte zu transportieren.


Welche Werte waren dies?

Die Durchsetzung von Demokratie, Menschenrechten, Freiheit. Die im Project for a new american Century zusammengeschlossenen Akademiker machen bereits in diesem Namen jedoch deutlich, dass sie diese durchaus ehrenwerten Motive im Sinne der Werte in den USA verstehen und hier liegt die eigentliche Crux. Damit ging es nicht ausschließlich um die Durchsetzung von Macht, die von Washington gesteuert wird und nicht nur um Interessen der U.S.-Wirtschaft. Es ging vielmehr um Ideale, die seit der Staatsgründung der USA fest in der dortigen Gedankenwelt eingegraben sind.
Zwar sind die Werte, die durch die Neocons vertreten werden, universell. Kofi Anan sagte nicht umsonst, dass Demokratie und Menschenrechte keine Erfindung der westlichen Welt sind. Aber sie werden in den Kulturen dieser Welt unterschiedlich verstanden und haben auch unterschiedliche Voraussetzungen. In einem Vielvölkerstaat wie Nigeria wurde die Freiheit der Parteienbildung aus wohlverstandenem Staatsinteresse unter anderem dadurch erschwert, dass keine ethnischen Parteien gegründet werden dürfen. Und ebenso wie Europa und die USA Jahrzehnte bis Jahrhunderte gebraucht haben, um diese Werte zu entwickeln und umzusetzen, müssen auch anderen Gesellschaften diese Möglichkeiten gegeben werden.
Verschärft wird diese Fehlleitung einer an sich guten Idee durch den Willen, diese Ziele auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Francis Fukuyama, einer der früheren Chefdenker der Neocons, hat dies in seiner "Bibel" The End of history letzlich auf den Punkt gebracht, in dem er zur Durchsetzung der Ideale der Neocons den präventiven Krieg, unilaterale Militäraktionen und einen (wohlwollenden) amerikanischen Hegemon befürwortete. Obwohl die Europäer dies nie wahrhaben wollten, haben sie die erste Forderung in der neuen Nato-Doktrin von 1999 festgeschrieben. Die Kritik an den USA, die aus den Reihen der SPD und Grünen in Deutschland an dieser Politik kommt, ist daher unlauter - sie selbst haben sie als Regierungspolitik implementiert. Und, das Kosovo wie der Irak haben dies gezeigt, sie ist auch berechtigt ... wenn man eine Bedrohung glaubhaft untermauern kann.
Die zweite und dritte Forderung ist dagegen umstritten und hängen eng miteinander zusammen. Die Neocons fallen hier in eine Welt zurück, die bereits während des Kalten Krieges nicht mehr existierte und eher das Konzert der europäischen Mächte um Macht und Einflusssphären widerspiegelt, welchen von den USA seit ihrer Gründung gründlich verachtet wurde. Dabei machen sie die values, die diese Hegemonie tragen soll, im Namen ihres gemeinsamen Think Tanks deutlich: Project for a new american Century. Damit verbunden ist ein fundamentaler Wandel von dem, woran Amerika geglaubt hat, nämlich die Gleichberechtigung der Kulturen und die Entwicklungsberechtigung. Gelten sollen damit lediglich american values, die auf deren Traditionen und Entwicklungen beruhen. Fatal ist daran zusätzlich, dass die Neocons ein enges Bündnis mit der konservativ-religiösen Rechten eingegangen ist, so für der Gedanke an die christlichen Kreuzzüge mit neuen Mitteln nicht von der Hand zu weisen ist.

Die Neocons vergessen jedoch: Rom ist untergegangen und es gibt keine Berechtigung mehr, die römische Herrschaftstradition neu aufleben zu lassen. Eine zielgerichtete Bündnispolitik, wie sie in der Nato oder der Asean besteht, sind trotz der Dominanz der USA neue Formen der Zusammenarbeit, sie beruhen jedoch auf der Gleichheit der Partner. Rom ist für keinen mehr akzeptabel und trotz der militärischen Omnipräsenz sind die USA im Gegensatz zu Rom weder politisch noch ökonomisch in der Lage, ihren Willen anderen aufzuzwingen. Ausnahmen bestimmen hier die Regel.


Und was verfolgte Bush eigentlich mit seiner Neuorientierung?

Bush jun. ist bis heute ein außenpolitischer Novize, der wie selten ein Staats- und Regierungschef auf Beratung angewiesen ist. 9-11 war für die USA eine Ausnahmesituation und für ihren Präsidenten noch mehr. Er brauchte schnelle Handlungserfolge, die ihm der auf Intervention getrimmte Militärapparat bot und die von den Neocons eingefordert wurden. In Afghanistan fiel diese Verbindung lediglich nicht auf, dass sie in eine internationale Allianz eingebettet war. Es gab an der Militärintervention keine Kritik, selbst die Deutschen und Franzosen unterstützen die Intervention tatkräftig mit Militär und Geld.


Und nun das Ende der Neocons?

Als Spiegel-Autor Marc Pitzke vor wenigen Tagen sein Essay „Das Ende der Neocons“ veröffentlicht hat, meinte er damit vor allem die Neocons, die eine Theorie in Reinkultur auf die Welt übertragen wollten. Wolfowitz, Perle, Armitag, Bennett sind Geschichte. Kristol auf den akademischen Lehrstuhl verband und John Bolton verhundert am langen Arm einer Außenministerin Rice kreidefressend, die von ihrem Mann in New York unabänderlichen Gehorsam verlangt. Zwar sind sie wie Wolfowitz, der zwischenzeitlich Weltbank-Präsident wurde, teilweise noch in durchaus einflussreichen Ämtern. Gleichzeitig jedoch so eingekreist, dass ihr Aktionsspielraum gegen Null gesunken ist. In Washington D.C. ist man deshalb auch mehr als überrascht, dass der Weltbankpräsident seine alten Forderungen nach einer Unterordnung aller hilfsbedürftigen Staaten nicht mehr zur Geltung bringt und ebenso wie Bolton in New York ruhig geworden ist. Condollezza Rice hat sich das Ohr des Präsidenten zurückerobert und erklärt nun wieder die Welt aus ihrer Sicht.

Gescheitert ist mit dem Ausscheiden der Neocons aus den Sesseln der Macht weniger ihre Theorie als vielmehr ihre praktische Politik. Man könnte an dieser Stelle darüber streiten, ob Akademiker wirklich die richtigen Politiker sind und mit Albright und Rice zeigt sich auch, dass dieses Experiment nicht schiefgehen muss. Beide Außenministerinnen haben jedoch auch eine Sicht der Welt die davon ausgeht, dass die USA zwar stark, über nicht übermässig stark sind. Und sie können akzeptieren, dass gerade die Ideale der Gründungsgeschichte der USA dazu beigetragen haben, dass der Einfluss ausländischer Staaten in den inneren Angelegenheiten eines Landes begrenzt ist. Zwar hat das Völkerrecht sich seit 1990 grundlegend geändert und die Achtung von Demokratie, Menschen- und Bürgerrechten nicht mehr zum geschützten Bereich staatlicher Souveränität gemacht. Aber die Staaten sitzen nicht übereinander zu Gericht.
Die Neocons sind jedoch auch noch an etwas anderem gescheitert: sie haben zwar die Unterstützung der konservativen Rechten gesucht. Dies war jedoch nur ein Zweckbündnis, welches im Senate nie wirklich Fuß fassen hat können. Bush jun. konnte die Neocons damit aus seiner außenpolitischen Agenda streichen, ohne einen Aufruhr fürchten zu müssen. Eher noch Zustimmung, da die Neocons ähnlich suspekt waren wie Lafontains Heiner Flaßbarth als Finanzstaatssekretär in Bonn.


Midterm Elections - Spannend bis zum Schluss


Spitz auf Knopf könnte es werden. Verlieren die Republicans die Mehrheit im House und vielleicht auch im Senate? Optisches ist es die Prognosekarte Rot und damit ein Sieg für die Republicans. Die tatsächlichen Zahlen sagen jedoch einen Vorsprung von 215 : 203 für die Democrats voraus, rechnet man die noch unentschlossenen heraus. Den die Democrats haben ihre Hochburgen an den bevölkerungsreichen Küstenstaaten westlich und östlich des Kontinents sowie um den Lake Michigan herum. Und selbst Arkansas und Tennessee, die Heimatstaaten von Clinton und Gore, die 1998 an die Republicans gegangen sind, scheinen wieder demokratisch zu werden.

Und im Senate? Hier steht es noch mehr - wie 1998 - danach aus, dass es zu einem Patt kommt. Beide Seiten sind nach jetzigem Stand gleichstark und die Unentschlossenen bestimmen das Resultat. Mit Hilary Clinton steht damit auch eine Präsidentschaftskandidatin zur Wiederwahl, deren New Yorker Sitz jedoch fest in ihrer Hand ist. Ihr republikanischer Gegenkandidat ist nahezu chancenlos, nachdem sie sich auch keinen Fehler erlaubt hat.

Erstaunlich ist vor allem die Governors-Wahlen in mehr als drei Vierteln der U.S.-Bundesstaaten. Das California in republikanischer Hand bleiben wird, ist vor allem das Verdienst des Amtsinhabers Schwarzenegger. Diese jedoch ist mehr Democrat als Republican. Erstmals seit vielen Jahren besteht für die Democrats jedoch die Chance, in der Governors Association wieder die Mehrheit zu erringen. Dies dabei auch in Staaten des Mittleren Westens, der bisher fest in republianischer Hand war.

Entschieden sind die Wahlen jedoch nicht. Auch 2004 hatte Bush gegenüber seinem Herausforderer Kerry eine Aufholjagd im letzten Moment zu seinen Gunsten entschieden. Ausgezählt wird am 7. November.

Saturday, November 04, 2006

Alles beim Alten im Bayernländle


Die Nominierung von Kandidaten sagt manchmal mehr über die Nominierenden als über die Nominierten. Dies trifft neuerdings auch auf die bayerische FDP zu.
Der Leser der Süddeutschen am heutigen Samstag bekam dies nun sehr eindrucksvoll unter der Überschrift "Martin Zeil soll FDP zurück in den Landtag führen". Ob der im Juli gewählte Kohorten-Führer des Entertainment-Jugendverbandes meinte
Nur mit einem klaren Konzept und einem überzeugenden Spitzenkandidaten, der möglichst bald benannt werden muss, können wir als Liberale 2008 wieder in den Landtag einziehen.
und damit die Ablösung des liberalen Stars am Firmanent sicher nicht, meinte er sicher nicht diesen durch ihren Adlatus zu ersetzen. Schnarrenberger wird dann auch zu Recht mit den Worten
Zwischen uns passt kein Blatt Papier.
zitiert, ist Zeil doch vor allem als der Kofferträger als als eigenständiger Oppositionsführer. Und Zeil ist in seiner rhetorischen Begabung auch eher mit dem früheren Justizminister Schmidt-Jortzig vergleichbar, von dem es hieß bei seinen Vorlesungen falle sogar der Putz von den Wänden vor Langeweile. Als vor rund drei Jahren die Wahlanalysen geschrieben wurden, dachte noch jeder Schnarrenberger tritt noch einmal an. Nun zeigt sich, dass sie auch die nächsten Wahlen verloren gibt, bevor sie überhaupt begonnen haben.
Dabei kann man eigentlich gar nix gegen Martin Zeil sagen. Er ist nett, er ist arbeitssam, er ist integer. Und er würde im Landtag sicher auch gute Arbeit leisten. Die Eigenschaften eines Spitzenkandidaten erfüllt er jedoch nicht. Hierzu fehlt dann doch bereits die Bekanntschaft, die er sich als Vertreter einer Splitterpartei aber bereits nicht erarbeiten kann.

Die bayerische FDP hat lediglich eine bekannte Persönlichkeit: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.
Die Frage ist daher, warum sie bei einer der wichtigsten Wahlen einer Landespartei nicht selbst antritt. Seit dem Abgang ihres früheren Widersachers steht sie unumstritten an der bayerischen Spitze und selbst die verlorenen Landtagswahlen 2003 haben nicht zu nennenswerter Kritik an ihr und ihrer Führung geführt. In der Partei profitiert sie auch immer noch von ihrem Image als Jean d´Arc, welches sie mit ihrem Rücktritt als Justizministerin 1995 erworben hat. Sie hätte damit freie Bahn.

Tatsache ist jedoch, dass in Bayern für die FDP nichts zu gewinnen ist. Die Umfrageergebnisse von derzeit bis zu 15 Prozent, die die Partei mit stolz geschwellter Brust vor sich herträgt, sind für Landtagswahlen - alle früheren Wahlen haben dies gezeigt - nicht relevant. Aussagefähige Zahlen, die sich rein auf die Landtagswahlen beziehen, liegen jedoch mangels einer validierbaren Grundlage nicht vor. Und hier liegt auch der Grund, warum SLS in Bayern nicht mehr antreten mag. Auf Bundesebene muss sie zwischenzeitlich um ihre Reputation kämpfen, stellvertretender Fraktionsvorsitz hin, Präsidiumsmitgliedschaft her. Seit ihrem Rücktritt 1995 ist wenig geschehen, welches sie zum Aushängeschild und programmatischen Star macht. Eine Niederlage in Bayern als Spitzenkandidatin würde ihren Niedergang in Berlin beschleunigen und langfristig ihre bayerische Machtbasis zerstören. Und so muss ihre treuer Sancho Pansa Martin Zeil ran, der SLS nicht gefährlich wird.

Und ähnlich agieren auch einige in der Münchner Filiale und promt brachte sich eine jugendliche Stadträtin ins Gespräch um die Position der Oberbürgermeisterin. Ob der derzeitige Amtsinhaber, der gerade seinen nochmaligen Antritt bekannt gegeben hat, zu zittern begann ist dabei nicht überliefert. Allerdings wird er wohl doch eher in schallendes Gelächter gefallen sein.

Das ihre Homepage seit Jahre nicht mehr gepflegt wird, fällt nur am Rande ins Gewicht. Wesentlich wichtiger ist jedoch, sich die Bilanz der Stadträtin anzuschauen. Man muss auch lange Suchen in den Protokollen des Stadtrates und seiner Ausschüsse, um eine Stellungnahme zu finden.
Insofern verwundern die Ambitionen doch erheblich, da hier bereits die unmittelbaren Vorarbeiten für Stadtpolitik fehlen.
Und sonst. Direkt aus dem Studium in den Stadtrat. Dies ist kein Fehler, die Chefin einer Verwaltung von mehr als 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollte jedoch zumindest mal in einem Büro gesessen haben und alltägliche mühesame Kleinarbeit geleistet haben. Diese Lehrjahre müssen (oder sollen auch) nicht in der öffentlichen Verwaltung stattfinden, frischer Wind tut nach dem Motto "der Muff unter den Talaren ...". Aber es ist etwas anderes als Studium und Stadtrat, dutzende Abstimmungs- und Schlichtungsgespräche führen zu müssen.
Und eine Verwaltung lässt sich auch nicht über Anordnungen steuern, sondern über ein fein austariertes System informeller Führung.

Bleibt es bei der Konstellation können sich die beiden Amtsinhaber Ude und Stoiber eigentlich fasst schon den Wahlkampf schenken. Alles beim Alten im Bayernländle wird es dann auch noch im Dezember 2008 heißen.

Thursday, November 02, 2006

Noch ziert er sich


Die Heiratsannonce von Kurt Beck in der Zeit kam für den Chef der liberalen Entertainmentopposition wohl etwas überraschend. Aber eine Woche später hat er zumindest vorerst (und wohl auch nur für die Öffentlichkeit) Annäherungsversuche noch abgelehnt. Auf eine Frage Kurt Becks geht Westerwelle aus seine Sicht ganz zum Schluss seiner Antwort ein:

Dies ist denn auch die Antwort auf die vierte Frage, die Kurt Beck nicht ausspricht, aber stellt: Ist für die FDP eine Koalition mit der SPD erstrebenswert? Die Antwort ist eindeutig: mit einer SPD, wie sie derzeit in Berlin regiert, nicht. Alles andere werden wir sehen. Panta rhei – alles fließt. Keiner kann heute vorhersagen, wohin die Programmdebatten von Union und SPD diese noch führen werden.

Was jedoch übersieht der Showchef eigentlich an dieser Stelle: das er für die seine Gala einen Partner benötigt. Und er übersieht, dass sein Programm ein Programm für Bruder Leichtfuss ist, dass zwar in seiner Formulierung Substanz besitzt, durch das Establishment jener Partei jedoch nicht in irgendeiner Art angefasst wird.Dies zeigen drei Beispiele.


Themengebiet Umwelt
Rein formal ist Westerwelles Aussage richtig

Der vergangene FDP-Parteitag in Rostock hatte die Schwerpunktthemen Umwelt- und Energiepolitik.

Der Rostocker Parteitag hat sich sehr Ausführlich mit den Fragen Umwelt und Energie beschäftigt. Innovation ist dort jedoch nicht enthalten. In Köln würde man den Bühnenzauber eine "olle Kamele" nennen. Denn was die Partei hier verkauft ist im Kern bereits seit Jahren Programmatik des liberalen Jugendverbandes. Selbst von diesem wenigen, was darin noch enthalten ist, ist seit dem Rostocker Parteitag nichts mehr zu hören. Dabei kommt es nicht nur auf die Frage an, ob dies in einer Kampagne verarbeitet wird und da ist das Thema "Gesundheit" aktuell sicher zu Recht als brennender gesehen worden.
Aber selbst in den Gremien und Organisationen, die einer Oppositionsfraktion zur Verfügung stehen: Nichts, Ebbe, gähnende Leere. Das einzigste Ergebnis ist ein Gespräch mit den Spitzenverbänden der Umweltlobby, mit denen über mehr als ein Jahrzehnt Sprachlosigkeit herrschte. Sinnvoller wäre hier sicher gewesen, dieses Gespräch vor dem Beschluss zur inhaltlichen Untermauerung zu führen.
Aus der Umweltpartei FDP ist nichts geworden.


Themengebiet Menschen- und Bürgerrechte
Auch hier hat die FDP einen eigenen thematischen Parteitag veranstaltet.

Davor haben wir uns in Köln mit den Bürgerrechten beschäftigt, ...

Aber was ist in über einem Jahr seit der Beschlussfassung wirklich damit geschehen? Ebenso wie beim Thema Umwelt: nichts. Der Fall Kurnaz / El-Masri / CIA-Flüge, der von der FDP im Verbund mit der PDS derzeit mehr aufgebaucht als untersucht wird, ist - dies wäre dann auch zu viel des Guten - mehr in den Schoss gefallen und dank eines wenig geschickten Agierens der Regierung zum Politikum geworden. Ansonsten ist seit den Bundestagswahlen in diesem Themengebiet nichts geschehen und es gibt daher auch nichts zu kommentieren.
Bedauerlicher Weise wird der wackere Max Stadler an dieser Stelle schlicht allein gelassen. Die FDP verspielt leichtfertig ihre Ressourcen, obwohl diese ziemlich knapp bemessen sind.



Themengebiet Außen- und Europapolitik
Einmal die zentrale Domäne der liberalen Außenminister Scheel, Genscher und Kinkel und das Herzstück liberaler Programmatik. Hier sind der Partei die Personen abhanden gekommen, die diesen Politikbereich glaubwürdig und fundiert vertreten können. Die "Weltexperten", die seither im Bundestag Außenpolitik der FDP vertreten, ist mehr polemisch als wirklich geprägt von langfristigem außenpolitischen Denken.


Abschließend schreibt Westerwelle zur Programmatik:

Für unseren nächsten Parteitag in Stuttgart haben wir uns die Kultur- und die Sozialpolitik vorgenommen. Unser Liberalismus ist umfassend.

Was er dabei jedoch übersieht ist, dass man Politik nicht mit Papier macht. Dieses ist geduldig und verstaubt in den Archiven der Friedrich-Naumann-Stiftung.
Beides ist derzeit jedoch nicht Sache Westerwelles und seiner Tafelrunde. Die wichtigste Figur für die strategisch-programmatische Debatte, Generalsekretär Dirk Niebel, ist farblos und hat sich aus der Verhedderung mit seinem früheren Arbeitgeber nicht lösen können. An die Monströsität eines Generalsekretärs Westerwelle, einer der genialsten Strategen seiner Partei der er einmal war, kommt er nicht heran. Und auch das restliche Präsidium, vom Vorstand ganz zu schweigen, ist farblos und blass.

Programmatik besitzt die FDP, wenn auch häufig ohne Esprit und Modernität. Sie ist, wie die Parteitagsbeschlüsse der vergangenen beiden Jahre zeigen, sogar in einer unglaublichen Breite vorhanden. Programmatik muss gelebt werden, Tag für Tag. Und dies in voller Breite und genau daran habert es jener gleichen Entertainmentopposition. Sie verengt sich auf ein eng begrenztes Politikfeld: Wirtschaft. Und sie vergisst, dass auch die anderen Politikfelder einer gedeihlichen und kontinuierlichen Pflege bedürfen.
Für eine Parlamentspartei ist das ausführende Organ hierfür zentral die Parlamentsfraktion, das Herzstück einer programmatisch agierenden Partei. Sie ist für den Transport der Programmatik in die parlamentarischen Beschlüsse, in die Gesellschaft und die öffentliche Diskussion verantwortlich. Sie agiert jedoch nicht, sie reagiert. Dies ist auch kein Wunder, da hier wie dem Bundesvorstand das strategisch und politisch denkende Personal Zug um Zug abhanden gekommen ist. Die wenigen Ausnahmen können dies nicht ausgleichen, da selbst Westerwelle nicht mehr zu jener Ausnahme gerechnet werden kann. Die Bundestagsfraktion besteht aus Apparatschiks, die seit ihrer frühestens Jugend Plakate geklebt haben und im Bundestag hierfür die Ernte jahrelanger Saat einfahren wollen. Dies ist das eigentliche Problem, was SPD und Union durch die Mitnahme von Externen auszugleichen versucht haben.

Ob Westerwelle dem Balzen Kurz Beck´s nachgibt, ist fast schon egal. Mit oder ohne Regierung ist eine Reform der FDP an Haupt und Gliedern zwingend geboten.

Fliegen mit 65 ?


Das fliegende Personal von Airlines ist eine der wenigen Berufsgruppen, die in Deutschland mit 60 Jahren zwingend in Rente geschickt wird. Lufthansa und andere Airlines sorgen dafür vor, in dem ein Teil des Gehaltes in eine Fondrücklage eingezahlt wird, die die Lücke zum offiziellen Rentenalter von derzeit 65 Jahren und bald 67 Jahren schließt. Gehaltseinbußen sind damit trotzdem verbunden, da eine erhebliche Lücke in der Rentenbiographie nicht mehr zu schließen ist.

Nun klagen Piloten der Lufthansa gegen diese Regelung und berufen sich hierbei auf die verbotene Altersdiskriminierung. Die Begründung von Lufthansa und der Pilotenvereinigung Cockpit: Sicherheitsgründe, die durch Tarifvertrag und Arbeitsrechtssprechung auch so gestützt wird. Bisher hielt diese Regelung auch, mit der neuen Antidiskriminierungsregelung scheint dies nach Ansicht einiger Vertreter der fliegenden Zunft etwas anders zu werden.
Das Gesetz erlaubt nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen eine Ungleichbehandlung wegen des Alters, und zwar nur dann, wenn diese erforderlich ist.
Financial Times Deutschland, 2.11.2006
Die Rechtslage dürfte also so eindeutig nicht mehr sein, wenn die Sicherheitsgründe sicher ein durchaus berechtigtes Argument sind. Mit dem Alter lassen nicht nur die Sehkräfte nach, sondern auch die Fitness und Reaktionsfähigkeit. Was am Boden sicher auszugleichen ist, beim Führerschein jedoch bereits diskutiert wird, sollte daher auch in der Luft gelten. Sicherheit geht vor und die routinemässigen Gesundheitschecks sollten ab einem gewissen Zeitpunkt zu einem grundsätzlichen Flugverbot führen.

Die Frage ist noch die verringerten Rentenleistungen. Piloten trifft es da nicht ganz so hart wie die Crews im hinteren Teil des Fliegers. Aber: die Problematik ist bekannt und es steht daher jedem frei, für einen rechtzeitigen Ausgleich zu sorgen. Piloten können dabei sicherlich am Boden noch als Ausbilder nützlich sein, dem grosse Rest des Personals sollte dabei der Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt zumindest durch rechtliche Regelungen nicht verwehrt werden.

Der Krieg mit Bildern

Der Krieg mit Bildern ist eine altbekannte Methode. Im Golfkrieg II wurden die Bilder gezielt durch das Militär ausgewählt, die über die Fernsehschirme flimmerten und die "heile Welt" Nordkoreas aus dem staatlichen Fernsehen der Steinzeitdiktatur ist auch hinlänglich bekannt.

Nunmehr werden Bilder nur nur gezielt aus ausgewählt, sondern im Krieg mit den Bildern wird dazu übergegangen, scheinbar ähnliche Orte zu scheinbar unterschiedlichen Zeitpunkten so in den Zusammenhang zu stellen, dass sie der Propaganda dienlich sind. Bewusst wird dabei in Kauf genommen, dass die Bilder miteinander nichts zu tun haben und die Aussage eine bewusste und gezielte Suggestion darstellen. Das Ziel: die gegnerische Seite ins schlechte Licht zu rücken. So geschehen bei Greenhouse.
Die genaue Betrachtung der Bilder zeigt sehr deutlich: die Bilder geben überhaupt nicht die selbe Halle wieder. Man betrachte die Verstrebung der Deckenkonstruktion und dort fehlt nicht nur einmal eine Strebe, sondern die gesamte Verstrebung zwischen den Deckentälern.

Was wollen diejenigen, die solche Bilder in einen solchen Kontext ins World Wide Web stellen damit bezwecken: die bewusste Meinungsmache gegen ein Volk. Die Herkunft von littlegreenfootballs.com wird dann auch recht schnell deutlich: AmericaSupports You ... "a nationwide program launched by the Department of Defense". Und da wundern einen solche Manipulationsversuche nicht mehr. Es ist Teil der durch die derzeitige U.S.-Administration gestartete Versuche, ihre Nahost-Politik zu rechtfertigen, die einseitig gegenüber Israel ist und bewusst in Kauf nimmt, dass durch den israelischen Staat auch Unschuldige hingerichtet werden und Verdächtige weggesperrt oder ohne jegliches Verfahren eliminiert werden. Der Krieg ohne Pardon und ohne Verhältnismässigkeit.
Die Site ist Teil der Kampagne des Department of Defense, auf den letzten Metern eines verloren scheinenden Wahlkampfes zu retten was zu retten ist. Eine fragwürdige Methode, wenn sich Regierungen in Wahlkämpfe ihres Legislativen einmichen und in anderen Staaten vom Department of State zu Recht kritisiert. Die Nation, die aus der Suche nach Freiheit entstanden ist, gibt hier Zug um Zug in einem vermeintlichen Kampf gegen den Terrorismus ihre eigenen Werte auf. Ihre nationale Führung versucht dabei durch Manipulation die öffentliche Meinung zu beeinflussen und geht damit einen gefährlichen Weg der Meinungsmacht, die Hetze als Mittel der Politik etablieren hilft. Selbst ein Jean-Marie LePen ist bisher einen solchen Weg nicht gegangen.

Ob diese Bilder zusammenpassen, zu welchem Zeitpunkt sie aufgenommen wurden und was sie wirklich darstellen, wird man wohl nie erfahren. Das sich dieser Hetze jedoch auch andere Blogs anschließen, zeigt wo diese Autoren stehen: auf der Seite derjenigen, die einseitige Hetze für den richtigen Weg halten.
Bevor die Bilder verschwinden sind sie an dieser Stelle schnell mal gesichert inclusive der Orginal-Texte

A Tunnel in a Greenhouse

Remember those high-tech greenhouses Israeli settlers built in Gaza, that provided employment for Palestinians and produced an amazing assortment of fruits and vegetables in the midst of barren desert? The ones that rich Westerners (like Bill Gates) bought and presented to the Palestinian Authority when Israel withdrew from Gaza?


After the looting and burning, here’s how they’re now being used.

In this picture released by Israeli Defence Forces (IDF), an Israeli soldier stands guard next to a tunnel during an operation near Rafah, southern Gaza strip, October 18, 2006. Israeli troops killed four Palestinians in the Gaza Strip and widened a four-month-old offensive by sending tanks to take up positions around the Rafah border crossing with Egypt. REUTERS/IDF/Handout

Wednesday, November 01, 2006

Lula und die Expertin des Deutschen Bundestages


Es ist schon ein Kreuz mit unserer Weltexpertin: vor einem Monat schrieb sie noch:
Im Gegensatz zu anderen, radikaleren Regierungen, die aus dem Linkstrend hervorgegangen sind, verfolgt der brasilianische Präsident einen moderaten Politik- und Wirtschaftskurs und kann damit auch künftig ein verlässlicher Partner sein.
Und nun ist Lula wiedergewählt und da heißt es plötzlich:
Die knappen Wahlen in Brasilien haben vor allem eins gezeigt: Die Wiederwahl Luis Ignacio Lula da Silva hat nicht mehr die uneingeschränkte Fürsprache der Brasilianer gefunden. Zu sehr ist Lulas Arbeiterpartei (PT) in Korruptionsaffären verstrickt, hat seine Politik das Land in reich und arm gespalten. Letztlich ist sein Herausforderer Geraldo Alckmin gestärkt aus der Stichwahl hervorgegangen, auch weil sein liberaler Wirtschaftskurs ihm vor allem die Stimmen der Mittelschicht Brasiliens eingebracht haben.
Also verfolgt Lula nun plötzlich keinen "moderaten Politik- und Wirtschaftkurs" mehr?
Wenn man die Pressemitteilungen dieser (Latein-) Expertin so ließt kommt es einem langsam so vor, dass es nicht nur am Expertenwissen über Lateinamerika, sondern allgemein am Wissen doch erheblich mangelt. Innerhalb eines Monats wird die Meinung mal schnell fundamental gewandelt oder ist es doch nur die Suche nach irgendeinem Kritikpunkt, weil man sonst nix zu sagen hat.
Auffällig ist, dass die Expertin an einem grundsätzlichen Wahrnehmungsproblem leidet. Lula hat im ersten Wahlgang 48,61 Prozent erreicht und siegte im zweiten Wahlgang mit einer Mehrheit von 60,83 Prozent gegenüber seinem Rivalen, der auf 39,17 Prozent gelangte. Dies sind keine sozialistischen 99 Prozent, aber es ist ein deutliches Zeichen an einem Kandidaten, dass er die übergrosse Mehrheit der Bevölkerung vertritt. Richtig ist dabei, dass Lula bei der vorangegangegen Wahl vo vier Jahren bereits im ersten Wahlgang gewonnen hat und die Korruptionsskandale in seiner unmittelbaren Umgebung ihm diesen Triumph genommen haben.
Richtig ist aber auch, und hier scheint die Wahrnehmungsfähigkeit der Expertin aufzuhören, das Alckmin im ersten Wahlgang 41,6 Prozent der Stimmen errungen hat und damit in der Stichwahl an Zustimmung einbüßte. Eine Stärkung sieht normalerweise anders aus.

Auch stellt sich die Frage, welchen "liberalen Wirtschaftskurs" Alckmins die Expertin anspricht. Einen wirklichen Kurs kann er dabei nicht eingeschlagen haben, da dieser bisher nur im Wahlprogramm gestanden hat.


Dies sind die fehlerhaften Wahrnehmungen einer Expertin in Fragen Interpredation von Wahlergebnisse. Aber es geht noch weiter in dem Spagat zwischen Realität und der Traumwelt der Experten der Entertainmentopposition.
Brasilien muss auch auf dem internationalen Parkett klare Signale und Prioritäten setzen. Als wichtigstes Land in Südamerika sollte Brasilien eine Schlüsselrolle bei den WTO-Verhandlungen einnehmen. Doch Brasiliens Forderung nach Senkung der Zölle in der EU darf keine Einbahnstraße sein. Brasilien muss seinen Protektionismus ebenso aufgeben und die hohen Industrie-Tarife endlich abbauen. Auf der anderen Seite sollte sich Brasilien mit allerlei Engagements in internationalen Verbänden und dem Streben nach einer Vorreiterrolle in Südamerika nicht wie bisher verzetteln.
Es ist zwischenzeitlich in der entwicklungs- und wirtschaftswissenschaftlichen Forschung anerkannt, dass sich entwickelnde Länder ein gewisses Maß an Protektionismus zwingend benötigen. Dies mag den Rambomanieren einer Entertainmentopposition, die sich dem Streben nach dem Nachtwächterstaat verschrieben hat, zuwider sein. Realität bleibt es trotzdem.
Und es ist ein gewisses Maß an Dreistigkeit die Forderung zu erheben, nachdem man sich dank einem Höchstmaß an Protektionismus selbst entwickelt hat. Das dies sich entwickelnde Staaten nicht wirklich ernst nehmen können, müsste einer Experten eigentlich klar sein.

Und es müsste ihr eigentlich auch klar sein, dass die WTO-Verhandlungen vor allem an den Industriestaaten des Nordens, weniger an den berechtigten Forderungen der Entwicklungsländer gescheitert sind. Die Weigerung, von Agrar- und Textilschutzimporten abzurücken ist hier noch in guter und böser Erinerung.

Diese Signale muss Lula wahrnehmen und die Politik der Almosen durch eine Politik des wirtschaftlichen Wachstums ersetzen, von der letztlich alle profitieren.
Die Realität sieht wohl ein wenig anders aus, wie der sachkundige Report eines anerkannten Magazin zeigt:
Die Armen verehren den Präsidenten fast wie einen Heiligen. Sie sehen in dem einstigen Schuhputzer und Straßenverkäufer einen der Ihren. Er hat sie nicht enttäuscht: Millionen armer Brasilianer sind unter Lula in die untere Mittelschicht aufgestiegen, die ungerechte Einkommensverteilung - nur in einigen afrikanischen Ländern ist der Abgrund zwischen Arm und Reich größer als in Brasilien - hat sich in seiner Amtszeit verbessert.
(Spiegel Online 30. Oktober 2006)
Diese anhand von Fakten gestützte Darstellung weicht um einiges von dem ab, was die etwas polemische und von schlechtem Expertenwissen geprägte Behauptung unserer anerkannten Expertin.

Auch innerhalb Südamerikas ist Lula gefordert. Dem zunehmenden Linksruck und der Verstaatlichung von Privateigentum auf dem Kontinent muss Lula ein Gegengewicht entgegensetzen. Besonders gegen Venezuelas Präsident Huga Chavez sollte die Politik Lulas klar Stellung benziehen, um stabilisierend auf den Kontinent zu wirken.
Die Realität und Wirkungsweise souveräne Staaten scheint für die Expertin ein regelrechtes Fremdwort zu sein. Der brasilianische Präsident hat nicht die Möglichkeit, Anordnungen zu treffen und Chavez Politik findet in Südamerika dank auch der Politik der USA und Europas Nachhall. Und der Expertin übersieht auch, dass Lula nicht einfach gegen Bolivien "in den Krieg ziehen kann", wie es der erste Reflex Lulas vielleicht wollte. Brasiliens Wirtschaft ist viel zu stark von den Gasimporten aus dem nordwestlichen Nachbarland abhängig, als das es viele Möglichkeiten hätte und so gezwungen, eine Verhandlungslösung zu erreichen. Und betrachtet man die bolovianische Gaswirtschaft, die geprägt ist durch ausländische Konzerne ohne einen wirklichen Mehrwert für das Land so erscheint die temporäre Verstaatlichung der durchaus richtige Weg zu sein.

Und das Wort "Linksruck" geht der Expertin immer noch so leicht über die Lippen, als wären eher Komplexe der Ausschlag als Sachkenntnis. Man kann nur hoffen, dass der Spuck der Experten im Bundestag ganz schnell vorübergeht.


Wahlanalyse der Konrad-Adenauer zur Präsidentschaftswahl am 1. Oktober 2006 und zur Stichwahl am 29. Oktober 2006
und der Stiftung Wissenschaft und Politik