Tuesday, November 07, 2006

"Eine große Übereinstimmung in der Werthaltung"

Kurt Beck hat vor zwei Wochen intensiv geworben und letzte Woche hat Guido Westerwelle noch Eheversprechen verneint. Aber das dies nur das Vorspiel war, darauf konnte man sich verlassen. Über den Preis wird schon verhandelt, und das vor alle Öffentlichkeit.

Als Geheimtreffen getarnt trafen sich in Berlin in einem der beliebtesten Politiker- und Journalistenlokale Abgesandte der SPD und FDP. Die Vorsitzenden blieben noch daheim und ließen sich über die Balzerei berichten, das wäre wohl dann doch zu auffällig für ein Geheimtreffen gewesen.

Aber schauen wir uns mal die Teilnehmer genauer an:
für die FDP gehörten unter anderem der Verhandlungsdelegation Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Kauch und Daniel Bahr. SLS ist nahezu Geschichte und hat sich faktisch schon aus der Politik verabschiedet. Michael Kauch wird eine gewisse Nähe zu Parteiboss Westerwelle nachgesagt. Interessant ist jedoch die Teilnahme von Daniel Bahr, offiziell nur der gesundheitspolitische Sprecher, aber tatsächlich der derzeit heimliche Star der Fraktion mit guten Kontakten nach NRW, zum liberalen Jugendverband und auch sonst recht gut vernetzt. Es ist also durchaus ernst mit einer Neuauflage der sozial-liberalen Koalition.
Was den gewöhnlich Politikinteressierten dabei jedoch verwundert und den Kenner die Augen reiben läßt ist, dass offenbar Westerwelle ein Jahr nach Bildung der Großen Koalition mit seinen Lieblingssparingspartnern gleich hinter den Grünen keine alt zu großen Probleme hat. Dabei hat sich das Programm der SPD bislang nicht in einem Punkt gewandelt und so stellen sich für die Besinnung des FDP-Häuptlings zwei alternative Gründe: er konnte Gerhard Schröder schlicht nicht leiden wollte sich deshalb auch nicht mit ihm regelmäßig Nachts zu Koalitionsgesprächen treffen oder er hat es satt, immer nur den bösen Oppositions"führer" zu spielen und wollte endlich einen anständigen Dienstwagen, Leibwache und eine großen Personalapparat. Zu seinen Gunsten sollte man an dieser Stelle erste Alternative berücksichtigen und gespannt auf die Memoiren des Guido W. warten.

Aber auch ein Blick auf die SPD-Delegation ist zwingend von Nöten: die stellvertretende Parteivorsitzende Elke Ferner, die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Ulrich Kelber und Angelica Schwall-Düren sowie der frühere Wissenschaftsminister von Niedersachsen Thomas Oppermann. Ein eindrucksvolles Bild, da es gleichzeitig das neue Machtzentrum der SPD - Kurt Beck, Peter Struck und Siegmar Gabriel - wiederspiegelt.

Was sich letztlich herausstellte: in SPD und FDP werden immer noch Annimositäten von 1982 mitgetragen. Die neue Parteigeneration, für die damaligen Zänkereien recht unverdächtig, möchte diesen Zwist nun beseitigen und stellt dann gleich "eine große Übereinstimmung in der Werthaltung" fest. Zwar gibt es noch einige Differenzen zu klären - Stichwort: Bürgergeld und Mindestlohn. Aber, so der Sozi Kelber: "Man muss auch mal eine Pur-Version des anderen ertragen." Und eine Gemeinsamkeit hat man schon gefunden: "Wenn man gemeinsam über Kollegen lästert, hebt sich die Stimmung."
Man merkt, da ist Leben in den Berliner Politikstuben und dass die Union gegen das "Geheimtreffen" wettert, hat vor ein paar Wochen noch für eine Verschiebung gesorgt. Das Leidensklima in der amtierenden Koalition scheint jedoch zwischenzeitlich so hoch zu sein, dass dies auch nicht mehr stört.

Man darf also schonmal die Hochzeitsglocken putzen. Ob das Land dann besser regiert wird, wird sich zeigen. Guido kriegt jedenfalls seinen lang ersehnten Dienstwagen.

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