Sunday, March 26, 2006

Die USA und ihre arabischen Verbündeten


Als die Gulf Today Ende Februar 2006 vom Besuch des U.S.-Präsidenten Bush in Pakistan berichtete, klangen schon so etwas wie kritische Töne. Die Frage der Gleichbehandlung, denn obwohl Pakistan und Indien Mitte der 1990er gleichermaßen Atomwaffen testeten und vom damaligen Präsidenten Clinton auf die "schwarze Liste" gesetzt wurden, werden beide Länder nicht gleich behandelt. Indien ist der gefragte Partner. Pakistan wurde durch die Administration aus der Grotte der Unbotmäßigkeit wieder herausgeholt, aber hinkt immer noch hinter Indien hinterher. Viele Muslime fühlten sich bestätigt darin, dass sie vom Westen benachteiligt werden.

Die Vereinigten Arabischen Emirate wurden bisher eigentlich immer als eine der stärksten Verbündeten der USA am Persian Gulf gesehen. Hier und da konnte zwar der Eindruck entstehen, Saudi Arabia wäre dieser besondere Verbündete. Aber mit dem 11. September dürften sich die Verhältnisse ein wenig realiviert haben.
Die UAE sind zwar weit entfernt von einem demokratischen Land, dass sie jedoch weltoffen sind, wird ihnen niemand abstreiten. Und dass sie ein Interesse daran haben, Geschäfte zu schützen, auch nicht.

Umso erstaunlicher war dann, was so im U.S. Congress vor sich geht, wenn die Dubai Ports World sechs Häfen in den USA aufkaufen will. Waren die UAE und das Emirate Dubai gestern noch treue Verbündete, so wird nunmehr doch eher der Teufel daraus. Der Übergang von den Briten zu den Dubais soll plötzlich die nationale Sicherheit gefährden und nationale Interessen aushöhlen. Es ist dann doch kein Wunder, dass die Emire etwas verwundert nach Washington schauen, den Dubais Häfen werden doch von der U.S. Navy weiterhin gern genutzt.
Der Emir hat zwar zwischenzeitlich die Problematik abgewendet und die Häfen in den USA verkauft, schließlich waren sie nur Teil eines Gesamtpakets. Aber am Ende stellen sich dann doch zwei dringende Fragen: wie verhält es sich mit dem freien Kapitalverkehr in den USA und wie sieht die USA die Frage von Freund und Feind. Beide Themen sollten eigentlich so rasch als möglich geklärt werden, sonst setzt man irgendwann auf das falsche Pferd und der Reiter darauf ist gerade nicht mehr der Freund, sondern der Feind. Und die USA sollten sich dann auch nicht mehr wundern, wenn ihre Unternehmen ähnlich misstrauisch beäugt werden.

Friday, March 24, 2006

Demokratisierung in Afrika


Den Europäern wäre eine fast epochale Entwicklung auf dem südlichen Kontinent fast entgangen. In Deutschland war es nur der Frankfurter Rundschau und Die Zeit eines Berichtes wert, was am 1. März 2006 in Südafrikas Kommunen passierte.
Der ANC, die bestimmende politische Kraft seit dem Ende der Apartheid in Südafrika, verliert an Überzeugungskraft. Die Galionsfigur Nelson Mandela und der zu den neuen afrikanischen Führern zählende Thabo Mbeki haben nicht ihre Strahlkraft verloren. Und dennoch geht der Rückhalt vor allem bei den Wählern zurück, die lange Zeit eine feste Größe waren in den Wählerberechnungen. Dem ANC war es nicht gelungen, die Townships wirklich fortzuentwickeln, obwohl es zahlreiche Ansätze gab. So wurden zwar Häuser gebaut und die meisten Bewohner der Townships sind an Kanalisation und Strom angeschlossen. Wirklich verbessert hat sich die Situation der Bewohner jedoch nicht. Die Arbeitslosigkeit grasiert weiterhin und die vom ANC versprochene Landreform steckt bis heute in den Kinderschuhen. Und der neue Service von Strom und Wasser ist für viele nicht bezahlbar.

Und ein weiteres Problem macht der neuen Machtelite zu schaffen: "Viele Gemeinderäte waren in den vergangenen Jahren offenbar mehr damit beschäftigt, sich immer größere Dienstwagen auszusuchen, als sich um den Neubau oder Erhalt von Schulen, Hospitälern oder Straßen zu kümmern." Hier wird eine Kluft eröffnet, die es eigentlich nicht geben dürfte und die deshalb die Bevölkerung um so mehr sich von ihrer einstigen natürlichen Vertretung abwenden lässt.

Aber was ist die Folge. Das die Democratic Alliance das Bürgermeisteramt in Cape Town mit Helen Zille stellt, dürfte noch zu verschmerzen sein. Die Province Western Cape war bis zur Vereinigung des ANC mit der New National Party - pikanterweise die Partei von Pieter Botha und F.W. deKlerk - fest in der Hand der Democratic Alliance. Viel schlimmer und langfristig bedrohlicher ist jedoch, dass dieser Wahlerfolg auf dem Wahlerfolg in den Townships beruht und diese Wählergruppe sich landesweit vom ANC nicht mehr wirklich vertreten fühlt.
Der ANC wird sich also doch wesentlich stärker an seine Versprechen erinnern müssen, will er verloren gegangenen Boden wieder gutmachen. Der erste Ansatz ist zwischenzeitlich wohl getan und in Südafrika soll es eine Landreform geben. Soll diese nicht Scheitertn, sollte man sich jedoch zunächst einmal das Ergebnis im benachbarten Namibia ansehen und hier eine bessere Lösung finden. Und auch Reformen in der Wirtschaft, die gerade Telephonie und Strom vergünstigen, wären ein Schritt zu einer Verbesserung der Lebensqualität. Denn die sozialen Probleme existieren trotz eines ordentlichen Wirtschaftswachstums und eines stabilen Rands.

Eines hat das Wahlergebnis jedoch auch. Nach dem vorhersehbaren Wahlerfolg des ANC bei den ersten drei Nach-Apartheid-Wahlen zeigt das Wahlergebnis vom 1. März 2006 den Weg in ein Stück politische Realität. Die DA wird nicht mehr nur von Weißen gewählt und der ANC verliert seine Zweidrittelmehrheit, die vor allem auf seinen Nimbus als Befreiungsbewegung zurückzuführen ist. Normalität in anderen Ländern, die Südafrika gut tuen wird und den ANC daran erinnert, das Wahlerfolge nicht gottgewollt sind und erkämpft werden müssen.

Saturday, March 11, 2006

Jürgen Leinemann: Höhenrausch


Jürgen Leinemann, SPIEGEL Redakteur und anerkannter Publizist, beschreibt in seinem neuesten Buch einen Zustand, den wohl jeder kennt, der einmal im politischen Betrieb tätig gewesen ist. Abgehoben und der Realität ein grosses Stück weit enrrückt fühlt der Insasse des "Raumschiffes Politik" als der zentrale Akteur, ohne den das Land nicht mehr auskommt.
Die Realität ist ausgeblendet und dies nicht nur bei den Politikern der ersten Reihe, sondern der politischen Klasse insgesamt.
Am Beispiel Hans-Dietrich Genschers, einem der anerkanntesten Politiker des Landes, beschreibt Leinemann auch die Form des Neusprech. Ähnlich wie bei George Orwells 1984 benutzen auch die Politiker eine neue Form der Sprache, wenn auch mit einem anderen Hintergrund. Es geht darum, mit vielen Worten nichts zu sagen, sich nicht festzulegen und so für die Zukunft alle Türen offen zu halten. Und dies zu jedem Thema gleichermaßen. Der Politiker ist so in der einmaligen Situation, auf allen Gebieten Experte zu sein - und dies erwartet der Wähler, das Volk, auch von ihm.

Leinemanns Buch wird vor allem dadurch authentisch, weil er seine eigene Berufsgruppe - die Journalisten - von der Beschreibung nicht ausnimmt. Auf eine andere Art und Weise sind sie Teil des "Raumschiffs Politik", halten sich selbst für wichtiger als sie in der Tat sind. Für Leinemann sind sie nicht nur Beschreiber der Politik, sondern über ihre Beiträge gestalten sie Politik selbst mit - und dies wohl noch wesentlich intensiver als mancher kleine hinterbänklerische selbstwichtige Abgeordnete.

Jeder im politischen Geschäft sollte sich dieses Buch daher genau durchlesen ... und wird sich wiederfinden, wenn er ehrlich zu sich selbst ist.