Tuesday, March 24, 2009

Spiel und Spass mit ARCOR


Der Slogan der Deutschen Telekom lautete lange: "We connected people". Wird man bei ARCOR Kunde, so scheint es, hat es sich damit mit dem Kontakt zum Kunden getan und die Kommunikation funktioniert nur noch in eine Richtung: dem Rechnungswege. ARCOR ist nicht mehr erreichbar, selbst bei gravierenden Problemen.
Wer schon einmal eine Rechnung bei einem Telekommunikationsunternehmen versucht hat zu reklamieren, kennt die Problem. Irgendwann bekommt man aber selbst im besten Unternehmen jemand an die Strippe, nicht so bei ARCOR, the disconnected company. Hier wird man auf die BlackBox, ARCOR nennt dies auch "Kundenservice" mit der Rufnummer 0181070010 zum stolzen Preis von 14 ct pro Minute verwiesen (nur als Neukunde kommt man in den Genuss einer kostenlosen Hotline - ein Schelm, wer Schlimmes dabei denkt). Die Mitarbeiter dort sind bemüht, aber regelmässig ahnungslos und das man den selben zweimal an die Strippe bekommt gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Aber mit wem soll man dann wirklich ernste Probleme besprechen? Also nimmt man info@arcor.de (die übrigens nicht mehr offiziell angegeben wird) und versucht dort sein Glück. Eine Rückmail kommt, aber auf den eigenen Sachvortrag wirklich eingegangen? Fehlanzeige! Allgemeines BlaBla und unterzeichnet mit "Mit freundlichen Grüssen Ihr Arcorteam". Und damit man ja auch nicht antwortet lautet die Absenderadresse "noreply@accor.de". Kunde stumm, Problem gelöst? Mit nichten.
Irgendwann ruft dann sogar jemand von Arcor an, aber Vorsicht: ist man nicht erreichbar, steht als Absender 0181070010 - und wer hat jetzt einen sprechen wollen? Kommt die Dame dann doch einmal durch, wollte sie mit mir doch glatt die Sache besprechen. Aber aber, die Hoffnung, dass sie zuvor den zwischenzeitlich doch recht umfänglichen Schriftverkehr über info@arcor.de und noreply@accor.de gelesen hätte - die Hoffnung war dann doch etwas zu viel. Man wolle schliesslich erst einmal mit dem Kunden sprechen, bevor man das Problem löst. Das Gespräch war dann rasch beendet wegen Zeitverschwendung.

Nächster Versuch: Meist hilft ein Schreiben an den obersten Boss von solchen etwas aberwitzigen Firmen. Herr Joussen hat sogar eine Adresse, eine richtige mit Briefkasten. Und jetzt ruft doch glatt eine Dame - Nicole Holzstamm - an und weist mich zunächst einmal darauf hin, dass sie in einer ganz speziellen Abteilung für ganz spezielle Kunden arbeitet. Ihr Boss, Frank Pätzold, ist schliesslich Leiter "Complaint Fixed Net" - übersetzt man dies wörtlich so was wie "Festes Beschwerdenetz". Man kommt sich hoch geehrt vor, nur sollte man wohl eher sagen: Kundenabwimmelabteilung.
Erreichbar - naja fast - unter 0201 5077938. Aber nicht für jeden, sondern man sollte vorher freigeschalten werden. Und bitte die Kundennummer bereithalten, auch wenn die Leute hinter der Leitung damit nix anfangen können.

Aber was war denn nun das eigentlich Problem dieses eigentlich einmal für seinen guten Kundenservice gelobten Anbieters: Zunächst hatte man für die Geld dafür verlangt, dass man überhaupt eine Rechnung zugesandt bekommt. Na gut, egal - Email reicht auch.
Aber dann beschneidet man das Recht des freien Zahlungsverkehrs noch und verlangt für Überweisungen zusätzlich Kohle. Begründung von Nicole Holzstamm und Frank Pätzold: durch "einen Überweisungsvorgang zusätzliche Kosten entstehen". Ja welche Bitte ...
Also ARCOR verlangt quasi für Selbstverständlichkeiten eine gesonderte Gebühr. Na Prost Mahlzeit. Aber nicht etwa, dass dem Kunden dies auch ordentlich mitgeteilt wird ... nö, mit nichten. Man geht einfach davon aus, der Kunde wirds schon irgendwie mitbekommen.

Arcor hat einen neuen Leitspruch: "We disconnected people". Klasse Telefonfirma, its time to change.

Friday, March 20, 2009

Kavellerie und Indianer

Man kann dem deutschen Finanzminister Peer Steinbrück viel vorwerfen. Dass er um eine gute Metapher jemals verlegen wäre, wäre jedoch mehr als ungerecht. Gerade in der Schweiz und Liechtenstein hat er mit seinem Kampf gegen die Steueroasen immer wieder für Unmutsäusserungen gesorgt und er kann sich auch die Ehre zurechnen, dass nur wegen ihm zweimal der deutsche Botschafter in Bern in das dortige Aussenministerium einbestellt wurde. Vor Jahresfrist meinte er bereits hinsichtlich der "Schwarzen Liste" der EU zu den sogenannten Steueroasen: "Wir müssen nicht nur das Zuckerbrot benutzen, sondern auch die Peitsche." Was damals klang wie die Erziehung eines ungezogenen Kleinkindes (die Peitsche natürlich nur im übertragenen Sinne), wurde nun etwas militärischer:
"Es hat nie eine schwarze Liste gegeben. Es ist nur ein Instrument gewesen, um die Indianer in Angst und Schrecken zu versetzen."
Und obwohl er quasi zur persona non grata in der Schweiz erklärt wurde, kann man ihn nicht als ganz erfolglos bezeichnen. Schliesslich hat der Stamm der Indianer - Helveter - prompt reagiert und die Kavallerie blieb daheim.

Thursday, March 19, 2009

Mission Weltverbesserung


Wenn ein Regierungsmitglied zur Feder greift, dann sollte man immer genau hinhören. Ganz besonders in Zeiten von Grossen Koalitionen und Wahlkämpfen. Diesmal war es Gernot Erler, bis 2005 aussenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und zwischenzeitlich Staatsminister im Auswärtigen Amt. Diese haben nicht immer so viel zu tun und deshalb auch immer wieder die Zeit, ein Buch zu schreiben.

Erler befasste sich mit nichts anderem als der "Mission Weltfrieden", der deutschen Rolle in der Weltpolitik. An einer solchen Mission sind bereits andere gescheitert und selbst in egrenzten Konflikten wie dem Nahen Osten war es zuletzt Josef Fischer, der zwar eine angestrengte Pendeldiplomatie vollführte, aber in letzter Konsequenz gescheitert ist.
Zumindest hätte man jedoch erwarten können, dass Erler ein paar Konzepte beiträgt, welche Rolle Deutschland in der Welt spielen sollte. An einer konzeptionellen Aussenpolitik fehlte es im Auswärtigen Amt nämlich bereits seit längerem - exakt 2005. Aber auch hier wird der Leser enttäuscht, sondern ihm wird eine Rechtfertigungslitanei rot-schröderschen Aktionismus präsentiert. Da wird die Rede von Goslar immer noch als ultima ratio verkauft, obwohl sich der damalige Bundeskanzler viele Monate vor der eigentlichen Entscheidungen und ohne Konsultation selbst mit seinem Aussenminister als ernsthafter Gesprächspartner auskickte. Ein Wahlkampfgag, der die deutsch-amerikanischen Beziehungen nachhaltig beschädigte. Da wird ernsthaft versucht zu behaupten, dass der russische Präsident vom Kaukasus-Abenteuer im August 2008 vom georgischen Präsidenten Sakaschwili überrascht wurde und vollkommen unschuldig in diesen Konflikt geschlittert ist. Da wird nicht im Ansatz versucht, die Theorie des "lupenreinen Demokraten" zu korrigerieren.

Und auch sonst gerät der Ritt durch die Weltpolitik eher dürftig als gelungen. Erler bleibt schuldig, wofür er und wofür seine Partei steht. Das Buch zeigt sehr eindrucksvoll, dass die sozialdemokratische Partei ihre aussenpolitische Kompetenz, die sie noch zu Zeiten der Bundeskanzler Brandt und Schmidt zweifelslos hatte, am Gaderobenhaken der Regierungsbeteiligung 1998 abgelegt hat.