Sunday, April 13, 2008

Skandal bei DSDS: Der Frauenschwarm ist schwul


Wenn ein Land keine Probleme hat, macht es sich scheinbar welche und das Mitteilungsblatt des deutschen Proletariats hat nun Skandal des Jahres aufgedeckt. Es ist nicht das Beck-Bashing in der SPD, nicht die Haushalts-Disziplinlosigkeit deutscher Bundesminister, nicht das Hickhack um das bayerische Rauchverbot.
Es ist, dass DER Frauenschwarm der ausgerechnet mit einem Mann verheiratet ist. War Guido Westerwelle noch still und heimlich zu Angies Geburtstag mit seinem Lebensgefährten erschienen, muss die Heimstatt des organisierten Empörungswahns nun einige Akten gewälzt haben - dass dies ein Eingriff in dessen Privatsphäre ist, scheint die sonst so auf Diskretion bedachte Journalie wenig zu interessieren. Nicht weniger als vier Journalisten nahmen sich der Geschichte und wenn man da nicht von Sensationsheicherei und Verfolgsjagd, dann fragt man sich schon, was eine solche ist. Das der Sänger weder sein Privatleben verheimlicht noch abfällig über Schwule und Lesben geäußert hat, ist dabei durchaus erwähnenswert. Denn höchstens ein solches Verhalten hätte diesen Aufwand im Ansatz gerechtfertigt.
Das die ganze Sache durch die BILD in eine Kroteske gezogen wird, zeigt jedoch die Bild am Sonntag: Als hätte der eigene Verlag überhaupt nicht das mindeste damit zu tun, empört sie sich über die für den Künstler bedrohliche Situation. Maalouf dürfte nicht nur deshalb jeden Kommentar verweigert haben, sondern auch weil er der nicht ganz unberechtigten Ansicht ist, sein Privatleben ist auch sein solches. Denn dass er nun nicht zum Superstar werden will, weil er schwul ist, sondern singen kann, dürfte seine bisherige Zurückhaltung eindeutig belegen.

Wenig kann man dazu noch sagen, denn auch ein blindes Huhn findet einmal ein Korn. Denn wenn GayWest ansonsten recht darauf bedacht ist, es Bild gleichzutun, findet es diesmal die richtigen Worte. Bleibt nun zu hoffen, dass sich das Proletariat nun auch für die Rechte dieses (und anderer) "verheirateten" Mannes einsetzt. Bisher war davon wenig zu spüren.

Saturday, April 12, 2008

Nato's Familienprobleme


Wenn sich die Amtszeit eines U.S.-Präsidenten dem Ende nähert, gehen regelmässig zwei Entwicklung mit diesem Niedergang einher: Der Amtsinhaber wird zur lame duck, da sich bereits alle in Politik, Medien und Gesellschaft auf den kommenden Präsidenten (oder die kommende Präsidentin) konzentrieren. Und der Amtsinhaber ist darum bemüht, seinen Platz in den Geschichtsbüchern zu finden.
Bei George W. Bush ist die Situation wieder einmal eine besondere: er hat keinen natürlichen Nachfolger, da sich weder er selbst noch sein Vizepräsident zur Wiederwahl stellt. Der Nachfolger steht daher noch offen, Bush jun. ist jedoch bereits seit längerem zur lame duck geworden. Und Bush jun. ist besitzt sowohl im eigenen Land wie global Unbeliebtheitswerte, wie sie bisher einmalig sein dürften. Gerade deshalb ist er bemüht, sein Geschichtsbild so aufzupolieren, dass er nicht als Kriegspräsident eines verlorenen Krieges in die Geschichtsbücher eingeht.

Osteuropa und die Neumitglieder
Auf dem NATO-Gipfel in Bucarest hat er wohl auch deshalb noch einmal versucht, ein Zeichen zu setzen: Raktenpläne und Osterweiterung. War die Aufnahme von Albanien und Kroatien reine Formsache, zeichnete sich im Mazedonien-Konflikt Streit mit Griechenland ab. Die USA wollten - oder konnten - sich hier nicht wirklich eindeutig positionieren und wie andere Mitgliedsstaaten versuchten sie im Hintergrund in dem teils bizarren Namensstreit vermitteln.
Interessanter wurde die Sache jedoch bei den beiden Neuaspiranten Ukraine und Georgien. Beide Länder sind bis heute geprägt von tiefen inneren Konflikten, die sich massiv auf die Stabilität des politischen Systems insgesamt auswirken. Die Ukraine ist geprägt von einem - derzeit friedlichen - Gegensatz zwischen den ethnischen Russen im Osten und den ethnischen Ukrainern im Westen des Landes. Die fast namensgleichen Juschtschenko und Janukowitsch haben sich noch vor wenigen Jahren einen erbitterten Präsidentschaftswahlkampf geliefert, die gernau an diesen ethnischen Linien entlang lief. Und bis heute sind die Konflikte nicht gelöst, sondern eher übertünscht.
Während in der Ukraine die Auseinandersetzung noch mit friedlichen Mitteln stattfindet, sind die Verhältnisse im kaukasischen Georgien noch komplizierter. Abchasien und Süd-Ossetien haben sich faktisch von Georgien abgespalten und ein eigenes politisches System entwickelt. Tiflis will dies nicht akzeptieren und wird hier von der internationalen Gemeinschaft - mit Ausnahme Russlands - auch unterstützt. Zwar sind die Konflikte derzeit "erkaltet". Aber niemand kann und will eine Garantie dafür abgeben, dass diese Konflikte rasch wieder aufleben. Nicht umsonst galt bisher der eherne Grundsatz, Länder mit ungelösten Territorialkonflikten nicht aufzunehmen.
Bush jun. hat dies nur wenig interessiert, obwohl die Nichtaufnahme gar nicht auf einem Konflikt mit dem gegen die Aufnahme protestierenden Russland in Zusammenhang zu bringen ist. Russland hat auch gegen die Aufnahme der baltischen Staaten und Osteuropas insgesamt in die NATO-Strukturen immer wieder Protest angemeldet und sich schließlich doch damit abgefunden, dass das Bündnis vor seiner "Haustür" einzieht. Die Kreml-Herren Wladimir Putin und Dimitri Medwedew hätten auch diese Kröte geschluckt, da sie gemerkt haben, dass kein (militärischer) Gegner hier Platz nimmt, sondern ein Partner, mit dem man im NATO-Russland-Rat auf das engste verbunden ist - und bei dem Russland faktisch sogar Mitglied ist.
Es waren die Sachzusammenhänge, die Angela Merkel und die europäischen Partner davon abhielten, sich schnell ins warme umschlagenden Konflikt ins eigene Haus zu holen. Rasch könnte sich der Bündnisfall realisieren, wenn auch nur ein russischer Soldat im Kampf um Abchasien und Süd-Ossetien, aber eben auch um das Militärrecht auf der Krim den Fuss auf dann NATO-Boden setzen würde. Natürlich würde dann über UN- und OSZE-Prozesse eine Beistandsverpflichtung erwachsen, die Qualität wäre jedoch eine andere. Aber es stünden sich nicht automatisch NATO- und russische Truppen gegenüber, der Konflikt könnte auch anders ausgetragen werden.


Afghanistan im Bündnisfall
Anders als im Iraq ist der ISAF-Einsatz ein NATO-Einsatz und gleicht hier dem im Kosovo in vielen Punkten sehr stark. Bereits im Vorfeld wurde seitens der USA an die Deutschen die Erwartung gerichtet, dass sie sich stärker auch im Süden engagieren - quasi in der heißen Kampfzone des battlefield. Die Empörung von links bis rechts des Plenarsaals im Berliner Reichstag war ebenso zu erwarten wie sie falsch ist, geben sie doch dem alten Sprichwort - "Die Bundeswehr ist dazu da, den Feind an der Grenze so lange aufzuhalten, bis richtiges Militär kommt." - ein um das andere Mal Recht. Sicher, zwischenzeitlich ist auch die Nordzone keine Gegend für Rucksacktouristen mehr, haben doch auch hier die Taliban zwischenzeitlich ihr zwar erschwerlicheres, aber dennoch genügsames Auskommen.
Dennoch scheint die Zurückweisung eben gerade nicht vor dem Hintergrund, denkt man nur an die Debatte der Grünen in bester Pazifisten-Tradition, die sich weigerten, die Bilder der Luftaufklärung des USA und anderen Verbündeten zur Verfügung zu stellen. Es ist noch immer nicht in den Köpfen der deutschen Politik angekommen, dass man nicht einerseits einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat (was wiederum inhaltlich falsch ist) fordern und sich andererseits in die gemütliche Stube zurückziehen kann, während andere vor der Türe bei Schneesturm für ein einigermaßen geräumten Gehweg sorgen. Die Bundeswehr ist nur noch auf dem Papier eine Verteidigungsarmee, in der Realität jedoch eine Kampfgruppe, die weltweit im Einsatz ist. Nicht zu Eroberungszwecken, sondern im Auftrag der United Nations zum Schutz und Wiederherstellung von Frieden und Sicherheit. Dies bedeutet auch, dass man in Kämpfe verwickelt wird und dies bedeutet tragischer Weise auch, dass man die Bevölkerung auf Verluste vorbereiten muss.
Es bedeutet aber vor allem, dass die Bundeswehr besser ausgerüstet und ausgebildet werden muss. Dies ist keine pure Frage der Politik, sondern dient gerade auch dem Schutz der Soldaten, die das Vaterland in den Einsatz schickt - zur Verteidigung Deutschlands am Hindukusch. Erst wenn eine große Nation wie Deutschland sie sein will bereit ist, ihre Verantwortung in vollem Umfang zu übernehmen, wird es hier gestattet sein, auch in der Sicherheitspolitik in der ersten Reihe mitzudiskutieren. Zu Recht verbitten sich derzeit noch die USA, Grossbritannien und Frankreich die eine oder andere Belehrung der Berliner Oberlehrerschaft.

Deutsche Reflexe
Bände spricht der Kommentar von Rolf-Dieter Kraus in den tagesthemen vom 2. April 2008 zum NATO-Gipfel, wie die deutschen Befindlichkeiten und reflexartigen Verhalten.
Ein Staatenbündnis wie die NATO braucht Gemeinsamkeiten. Gemeinsame Überzeugungen, eine mindestens ähnliche Art mit Problemen umzugehen, auch Rücksicht und Verständnis für einander. Erst das schafft den Zusammenhalt, ohne den kein Bündnis funktionieren kann.
So gesehen sind jetzt in Bukarest einige Leute dabei, die sich in den vergangenen Jahren nach Kräften bemüht haben, die NATO zu schädigen. Wie etwa, befeuert von Washington, die NATO-Truppen in Afghanistan in deutsche Kuchenesser und tapfere angelsächsische Kämpfer unterteilt wurden, das war in der Sache falsch, in der Form unanständig. Es war aber vor allem dumm, weil dieses öffentliche Vorführen von Partnern am Zusammenhalt der Partner nagt.
Ähnliches hätte auch die Ausdehnung der NATO nach Osten bewirkt. Nehmen wir einmal Georgien. Wenn dessen Gebietskonflikte wieder aufflammen, dann stehen auf der anderen Seite sehr schnell russische Truppen. Würde irgendjemand in der NATO-Soldaten gegen russische Truppen stellen, um Südossetien oder Abchasien zu retten? Wohl nicht. Aber das Vertrauen in den beistand der Partner wäre ein für alle Mal zerstört.
Muss man die NATO in eine solche Lage bringen?
George Bush hat all das betrieben. Aber er hat mit der ihm eigenen strategischen Brillanz genug Katastrophen angerichtet. Weil einige Europäer, leider nicht alle, dagegen halten, wird es in Bukarest gelingen, die NATO nicht weiter zu schwächen. Um ihre Stärkung geht es erst im nächsten Jahr. Um eine neue Strategie, einen neuen Zusammenhalt und mit einem neuen Präsidenten. Schwer genug wird auch das.

Der Kommentar trieft nur so von Reflexen, die das Thema zwar ansprechen, an der Sache aber meilenweit vorbeigehen. Es ist letztlich ein Ammenmärchen, dass die Regierung Bush jun. nur auf die Geschichtsbücher schaut, sondern einen Masterplan im Rücken hat, wie dies nur selten der Fall war.
In der Tat und zu Recht trifft es auf nur wenig Verständnis, wenn Deutschland im immer noch recht sicheren Norden Afghanistans verbleibt und die Schmutzarbeit anderen überlässt. Und sich dann noch dazu beschwert über die Art, wie diese Arbeit erledigt wird. Sicher sind hier Seitens der USA und Grossbritanniens Fehler gemacht worden, Deutschland hat sich jedoch immer geweigert, seine Soldaten in den Kampf gegen die Taliban einzusetzen - obwohl das Ziel der Bekämpfung als richtig erachtet wurde.
Die deutsche Regierung hat zwar zu Recht sich gegen den Beitritt der beiden Staaten des früheren sowjetischen Machtbereiches gewannt. Aber eben nicht als Cotou vor Moskau, sondern aus sachpolitischen Erwägungen. Andererseits haben die USA ebenso mit einiger Berechtigung die Sicherheitsinteressen Georgiens und der Ukraine auf den Tisch gebracht, die viel zu sehr in der Diskussion der vergangenen Jahre untergegangen sind. Die "lupenreine Demokratie" á la Moskauer Geschmackswelt ist längst wieder zur autokratischen Großmachtgehabe übergegangen und genau dieses gilt zurück zu weisen. Merkel wie Bush jun. haben hier Schröders Geschwätz geerbt und auch das Augenschließen der Europäer (und der USA) vor den Versuchen der Einmischung Russlands in die inneren Angelegenheiten beider Länder. Russland hat damit auch seinen entscheidenden Beitrag zur Destabilisierung geleistet, der die nun verdeutlichte Beitrittsperspektive zumindest im Ansatz entgegen tritt. Moskau mag brüllen, Moskau wird sich wieder beruhigen. Bukarest hat jedoch das Bündnis mehr geeint und gelenkt, als es der ARD-Kommentator wahrhaben will.

Tuesday, April 08, 2008

Satz der Woche: Was richtig ist, ist die Mehrheit


Der Satz der Woche kommt diese Woche von der hessischen grünen hochschulpolitischen Sprecherin, Sarah Sorge. In der Debatte um die Abschaffung der durch die CDU-Regierung eingeführten Studiengebühren an Hessens Hochschulen machte die FDP den Vorschlag, dass die Hochschulen selbst über die Erhebung von Studiengebühren entscheiden können. Alternativ solle das (neue) Hamburger Modell nachgelagerter Studiengebühren zur Geltung gebracht werden.
Grüne, SPD und Linkspartei proben an dieser Stelle schon einmal die Koalition, die in der Realität gescheitert ist und bringen alte linke Träume der Umsonst-Bildung aufs Tablett.

Man will schon einmal die Koalitionsträume leben und deshalb wurde über den Vorschlag der FDP inhaltlich gar nicht debattiert. Die Logik ist dabei einleuchtend:

„Die FDP hat keine Mehrheit für ihre Position, wir schon.“

So stellt man sich sachorientierte Politik vor.

Thursday, April 03, 2008

Deal collapses - Airlines collapses


Nach der Pleite der U.S.-Fluggesellschaft PanAm 1991 dürfte die italienische Staatslinie AlItalia der nächste Konkurs einer großen Fluggesellschaft mit langer Unternehmensgeschichte werden. Seit mehr als einem Jahr suchte die italienische Regierung einen Investor. Sowohl eine italienische Lösung war gescheitert wie auch die meisten ausländischen Partner waren abgesprungen. Nach die Deutsche Lufthansa abgewunken hatte, war Air France / KLM der letzte Investor gewesen, der übrigen geblieben war.

Aber auch Air France / KLM machte immer deutlich, dass AlItalia nicht in der bisherigen Form erhalten bleiben würde können. Arbeitsplatzabbau und Streckenprüfungen waren unvermeidlich, ebenso wie die Auflösung eines der beiden AlItalia-Drehkreuze Rom und Mailand. Die in dem Unternehmen innewohnenden Ineffizienzen bereiten dem Unternehmen tägliche Verluste von rund einer Million Euro und machen damit deutlich, dass ein rentabler Betrieb in der gegenwärtigen Form nicht möglich ist.
Nicht nur die Gewerkschaften machten gegen die Sparpläne Front und forderten zuletzte, die Flotte schneller zu modernisieren und die Bodenverkehrsdienste AZ Servizi vollständig zu übernehmen. Auch die italienische Opposition um Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi sperrten sich gegen den Verkauf des Nationalsymbols einer eigenen Fluglinie. Zwar waren italienische Rettungsversuche - wie über die kleine Fluggesellschaft Air One - gescheitert. Wirklich interessiert hatte dies jedoch nicht und Berlusconis eigener Konzern musste eine Auffanglösung zimmern.
Dabei wurde vollkommen vergessen, dass AlItalia das wichtigste fehlte: Partner im internationalen Bereich. Keine Fluggesellschaft kommt heute mehr ohne starken Partner - oder wie bei den Golf-Airlines den Staat als Garanten - mehr aus. Die Schweizer SWISS ist unter das Dach der StarAlliance geschlüpft, Spaniens Iberia ebenso wie die chilensische LAN bei One World und auch die aufstrebenden asiatischen Airlines sind zwischenzeitlich feste Partner einer der drei großen Networks. Selbst die großen Player British Airways, Lufthansa, Singapore Airlines und eben Air France / KLM kommen ohne nicht mehr aus.
AlItalia ist zwar formal Mitglied des SkyTeam. Eine wirkliche Integration hat jedoch nicht stattgefunden, was vor allem den wirtschaftlichen Verhältnissen geschuldet war. Die Linie versank zunehmend mehr im Chaos im Streit zwischen Politik, Gewerkschaften und Finanziers. Und konnte deshalb eine Sanierung, die andere (europäische) Airlines bereits vor Jahren vorgenommen hatten, nicht wirklich angehen. Nun wird dieser Streit wohl dafür sorgen, dass AlItalia endgültig vom Himmel verschwindet - das Drama um das Ende einer nationalen Fluglinie war bereits 2001 in der Schweiz zu beobachten.

Air France / KLM-Chef Spinetta kommentierte das Ende von AlItalia mit den Worten:
"Ich nehme mit Bedauern das Scheitern der Verhandlungen zur Kenntnis, das nicht von uns abhängt. Es ist ein Projekt, an das ich fest geglaubt habe und an das ich weiterhin glaube, weil es Alitalia erlaubt hätte, schnell den Weg zu einem gewinnbringenden Wachstum wieder zu finden."
(Handelsblatt 3.3.2008)
Es ist erstaunlich, woher dabei die Hoffnungen des italienischen Gewerkschaftsbosses
Luigi Angletti kommen, dass sich Air France / KLM nicht von ihren Übernahmeplänen verabschiedet hätten. Der französisch-niederländische Luftfahrtkonzern wurde von Gewerkschaften, Mailänder Flughafen und der Opposition vor den Kopf gestoßen, obwohl er für seine eigene Entwicklung die marode Staatslinie nicht wirklich benötigt. Spinetta hat über Monate verhandelt und auch andere Investoren sind vor dem Chaos der Italiener rasch davon gelaufen. Es gibt schlicht keinen vernünftigen Grund, noch einmal an den Verhandlungstisch zurückzukehren - für Spinetta wohlgemerkt.
Nun ist es an Italien zu entscheiden: die staatliche Notverwaltung ohne Aussicht auf ein langfristiges Überleben oder man zaubert die bisher unbekannten Italiener aus dem Hut, die Berlusconi neben seinen Kindern angekündigt hat. Letzteres ist jedoch nicht in Sicht und Berlusconi ist in der Frage auf Tauchstation gegangen.
Wer also noch Meilen hat, wird gezwungen sein, diese so schnell wie möglich einzulösen, vielleicht ein letzter Run auf die weiss-grünen Maschinen. Nach dem Grounding sind sie Teil der Konkursmasse.

Tuesday, April 01, 2008

Open Sky and lost fund


Wer in diesen Tagen das Wort Heathrow hört, denkt eher an fehlende Koffer, Chaos bei der Abfertigung und gestrichene Flüge von British Airways. Seit gestern verbindet sich jedoch auch ein anderes Wort mit dem größten europäischen Flughafen, der weltweit die meisten internationalen Flüge abfertigt: open sky. Als sich im vergangenen Jahr USA und EU auf darauf einigten, den Himmel zu öffnen, waren damit ursprünglich grosse Pläne verbunden: europäische und U.S.-amerikanische Fluggesellschaften können von jedem Punkt in Europa zu jedem Punkt in den USA starten. Damit sollte der transatlantische Flugverkehr aufgebrochen werden - am stärksten eben in Heathrow, welches bislang nur Slots an vier Airlines vergeben durfte.
Mit dem Abkommen verbinden beiden Seiten die Hoffnung, dass diesseits und jenseits des Atlantiks in den kommenden Jahren insgesamt 80.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Die Zahl der Transatlantikpassagiere könnte um 34 Prozent oder 26 Millionen Menschen steigen, rechnete die Kommission vor. Durch den Wegfall der zwischenstaatlichen Abkommen und ihrer Beschränkung der Verkehrsrechte könnten bis zu zwölf Milliarden Euro Kosten in den kommenden fünf Jahren eingespart werden.

Air France / KLM war die erste Fluggesellschaft, die die neuen Möglichkeiten genutzt hat und ab Heathrow in die USA abhebt. Air France / KLM nutzt diese Möglichkeit jedoch mit ihren U.S.-Partnern Delta und Northwest. Was jedoch den Airlines fehlt an dieser Stelle ist ein europäischer Zubringerdienst, den beide Gesellschaften bisher nur für Paris und Amsterdam anbieten konnten. Auch fehlt ihnen ein britischer Partner - BritishAirways wird diesen nicht anbieten und BMI ist mit Lufthansa verbunden -, der eine solche Funktion wahrnehmen könnte. Passagiere können daher nur aus dem Großraum London in die USA starten, wollen sie ihre Anreise nicht selbst über Drittgesellschaften mit einem notwendigen längeren Umsteige-Zeitfenster planen.
Lufthansa hat daher bereits früh verdeutlicht, dass es nach München, Frankfurt/Main und Zürich kein weiteres Drehkreuz geben wird. Weder werde es LH-Flüge von London noch von Mailand in die USA geben. Die Skepsis ist durchaus berechtigt, da ein Flieger nicht nur entsprechende Start- und Landesrechte benötigt, sondern auch die Infrastruktur. Lufthansa wäre gezwungen, Flugzeuge direkt in Heathrow zu stationieren, Crew- und Technikpersonal vor Ort zu recrutieren und Servicebereiche zu etablieren. Die ersten beiden Erforderlichkeiten könnten nur entfallen, wenn Multi-Stopp-Umläufe geschaffen würden und damit die bisherige Regelung, ein Langstreckenflieger startet in München, fliegt nach Los Angeles und kehrt unmittelbar nach München zurück entflechtet würde. Aber auch dann wären entsprechende Zubringer erforderlich, die bisher nur eben für die jetzigen Drehkreuze bestehen und auch dort nicht nur Langstreckenmaschinen in die USA bedienen, sondern fest in das Hub-System integriert sind.

Das ein fehlendes Zubrin
gersystem ein grosses Mango darstellt, zeigen die Überlegungen von Virgin Atlantic. Lange Zeit waren sie selbstständig und eine von vier Fluggesellschaften mit dem Privileg des Bermuda-II-Abkommens ausgestattet, Flüge zwischen Heathrow und den USA anzubieten. Nun will man sich mit dem StarAlliance-Mitglied bmi zusammentun und das eigene Netz stärken. Eine Partnerschaft zum Nutzen der StarAlliance insgesamt, würde doch mit der VirginGroup neben Virgin Atlantik auch die Gesellschaften Virgin Blue in Australien und Virgin Nigeria in Westafrika zustossen und das Streckennetz ausdehen. Die Folgewirkungen des OpenSky-Abkommens würden damit weit über den transatlantischen Verkehr hinausreichen.

Derzeit stehen aber noch die Befürchtungen europäischer Airlines im Raum, Open Sky würde vor allem den U.S.-Airlines nutzen. Diese Befürchtungen sind jedoch ebenso falsch wie richtig. Richtig ist, dass mit Ausnahme von Air France / KLM keine andere europäische Gesellschaft angekündigt hat, Transatlantik-Verbindungen von anderen Standorten anzubieten als den bisherigen und vor allem das Bermuda-II-Abkommen für London-Heathrow mit dem Monopol für American, United, British Airways und VirginAtlantic aufgebrochen wurde. Heathrow wird in Zukunft von mehr U.S.-Airlines und von mehr Orten angeflogen werden. Und: U.S.-Gesellschaften können innereuropäische Flüge anbieten, was europäischen Airlines in den USA bislang nicht möglich ist.
Falsch ist jedoch das Argument, da U.S.-Gesellschaften bereits in der Vergangenheit Flüge nicht nur nach Heathrow, sondern auch nach Paris, Frankfurt/Main, Rom und München angeboten haben und sich hieran auch nichts ändern wird. Und dass nunmehr in großer Zahl Zubringerflüge von U.S.-Gesellschaften von Heathrow in alle anderen europäischen Städte angeboten werden, dürfte aus dem gleichen Grund unwahrscheinlich sein wie dem, warum Lufthansa keine Transatlantikflüge ab London anbieten will.
Und auch das Domestic-Monopol für Flüge innerhalb der USA wussten europäische Airlines bislang bestens zu umgehen: Air France / KLM beteiligte sich an Northwest und Lufthansa ist erst im vergangenen Jahr bei der U.S.-Fluggesellschaft Blue eingestiegen.
Chancen bestehen daher vor allem für den Verbraucher mit der Auswahl an neuen Verbindungen, einem größeren Angebot und damit auch niedrigeren Flugpreisen.

Hintergrund: