Friday, April 28, 2006

Präsident im Survival Modus


Die Wahlen werfen ihre Schatten voraus. Zwar zunächst die midterm elections, aber eigentlich zielt Präsident Bush bereits auf sein Bild in der Geschichte ab. Noch nie wurde ein Präsident so schlecht bewertet wie Bush jun. und dies gilt es rasch zu revidieren. Zunächst hieß die Devise deshalb: Frühjahrsputz. Der Stabschef ging und nahm den Pressesprecher gleich mit. Der neue Stabschef Bolten bat dann auch weitere Mitarbeiter mit Wechselabsichten, dies möglichst schnell zu tun.

Was so aussieht wie ein normales Aufräumen und Auffrischen des Teams hat dann doch einen wesentlich wichtigeren Hintergrund: Bush möchte ab Herbst nicht als lame duck erscheinen. Nachdem nämlich nicht nur Bush persönlich bei rund 29 Prozent gesehen wird, sondern die gesamte republikanische Partei, könnte Bush seine letzten beiden Amtsjahre als Präsident einer devided government bevorstehen. Im Gegensatz zu seinen republikanischen Vorgängern wäre dies für Bush eine neue Erfahrung zu einer denkbar ungünstigen Zeit. In den Democrats scharen bereits die nächsten Präsidentschaftskandidaten mit den Hufen und so werden die Führungen in House und Senate nur wenig gewillt sein, das konservative Programm Bushs irgendwie zu unterstützen. Bush wäre eine lame duck, bevor der Präsidentschaftswahlkampf 2008 überhaupt begonnen hat.

Monday, April 17, 2006

Die unheilige Allianz

Es ist schon verwunderlich, wer sich so alles auf Gott beruft, der ja eigentlich religionsneutral ist.

Da vereinen sich zwei "gottlose" Gesellen zusammen, um sich gegenseitig zu stützen.
Der iranische Präsident Ahmadineschad hat die Nutzung der Atomenergie zur nationalen Sache erklärt. So weit so gut und es ist den Staatschefs des Gulf Cooperation Council durchaus zu zustimmen, dass die friedliche Nutzung der Kernenergie keinem Land streitig gemacht werden kann. Dies, so berichtet die Khaleej Times aus Dubai, sei nun einmal das natürliche Recht eines jeden Staates. Warnungen der westlichen Staaten an den Iran allein deshalb wären wohl deshalb nicht angebracht. Was den Westen - und nicht nur den - jedoch eher irritiert ist die Weigerung, das diese Nuclearanlagen durch die Internationale Atom Energy Agency überwacht werden - allerdings sollten die europäischen Staaten und die USA hier offensiv vorgehen und die Inspektionen in ihren Ländern offenlegen.
Wirklich unangebracht sind jedoch die Ausfälle des iranischen Präsidenten gegen den Westen und Israel, selbst für den GCC. Selbst Ajatolla Chomeini hatte ähnliche Forderungen mit mehr Fingerspitzengefühl vorgetragen und sein Nachfolger Chamenei lehnt sie zwischenzeitlich eher ab. Israel gehört also nicht mehr ins Meer gespült ... recht so.

Nun hat die EU und die USA der siegreichen Hamas in Palästina die Gelder gestrichen, ein Vorgang der nicht mal in der EU selbst auf ungeteilte Zustimmung stößt. Denn dem gemeinen Palästinenser - und nicht nur dem - dürfte sich die Frage stellen, was den eigentlich Wahlen wert sind, wenn sie dafür bestraft sind. Nun war es also an der Zeit, meinte Ahmedineschad in Teheran, den armen Brüdern zu helfen. So macht man quasi Politik in der EU und wundert sich über die Folgen.

Wednesday, April 12, 2006

Der religiöse Staat

Der Spiegel veröffentlichte in seiner neuesten Ausgabe ein Interview mit der israelischen Außenministerin Zipi Livni. Auf den ersten Blick hat man den Eindruck, dass hier eine fortschrittlich denkende Frau mittleren Alters Israel im Ausland vertritt. Erst beim genaueren Hinsehen offenbart sich, dass hier eine Frau Israels Gesicht verkörpert, die relativ wenig von einem modernen Wertestaat hält und dagegen viel von Trennendem. Die Gründe für ein eine Zweitstaatenvariante mit Israel und Palästina sind für sie dabei klar: „Es gibt zwei Optionen: Entweder alle leben gleichberechtigt in einem Staat, der weder jüdisch noch palästinensisch sein könnte. Oder wir leben in zwei Staaten. Mein Ziel ist es, dem jüdischen Volk eine Heimat zu geben.“ Und an anderer Stelle: „Wer wir aber die jüdische Mehrheit erhalten ... wollen, ist die Aufgabe von Gebieten die einige Lösung.“ Gemeint sind die palästinensischen Gebiete.

Dies sind keine einmaligen (vielleicht unbedachten) Ausrutscher, sondern politische Grundlage. Hierzu ein Auszug aus einem Interview in der Washington Post vom 22. Januar 2006: „Ich muss eine Auswahl treffen, und meine Wahl fiel auf die Durchsetzung der Ideologie einer Heimstatt für das jüdische Volk, in der alle Minderheiten in Israel die gleichen Rechte haben, ...

Nun ist der Wandel, den Ariel Sharon in der Siedlungspolitik eingeleitet hat, durchaus begrüßenswert. Was aber nützt genau jener Wandel, wenn er so rein gar nix mit demokratischen Prinzipien zu tun hat, die den Staat nicht wertneutral, aber religionsneutral stellt. Genau jenes ist es, was von den westlichen Staaten in Richtung der arabischen Staaten - zu Recht - verlangt wird: Abschaffung der Scharia und gleichberechtigte Religionsausübung für alle, Meinungsfreiheit und Demokratie. Die israelische Außenministerin nimmt für sich jedoch ganz selbstverständlich in Anspruch, eine religiösen Staat basierend auf dem jüdischen Glauben formen zu dürfen. In diesem Staat haben Muslime - und wohl auch andere Religionen - dann jedoch bitte schön nichts verloren. Bei Frau Livni scheint offenbar noch nicht angekommen zu sein, dass die Zeit des religiösen Staates zwischenzeitlich vorbei sind.

Frau Livnis Bekenntnis zu fragwürdigen Werten ist jedoch damit nicht am Ende. Die Frage der Siedlungen beantwortet sie so: „Wir sind ja bereit, Siedlungen zu räumen.“ Alle Siedlungen werden jedoch nicht davon betroffen sein. Der Spiegel-Reporter fragt dann weiter „Wie wollen Sie es erreichen, dass die internationale Gemeinschaft eine Grenze akzeptiert, die von der bisher akzeptierten so stark abweicht?“ Die Antwort von Frau Livni lässt dann an Deutlichkeit nichts mehr zu wünschen übrig: „Die internationale Gemeinschaft soll wissen, dass Israel den Konflikt endgültig beenden will. Wenn es möglich ist, werden wir verhandeln. Wenn wir keinen Verhandlungspartner finden, wird Israel einseitige Schritte einleiten.

Übersetzt heißt das nichts anderes als das Motto Friss Vogel, oder stirb. Akzeptiert die internationale Gemeinschaft - und Palästina - die einseitig gezogenen Grenze, gibt es Verhandlungen. Wird jene völkerrechtswidrige Grenze nicht akzeptiert, wird es Israel auch nicht kümmern. Sie bleibt bestehen. Mit anderen Worten könnte man auch sagen, wir bleiben auf unserer Kriegsbeute sitzen.

Um hier nicht falsch verstanden zu werden: Israel hat ein Existenzrecht wie jeder andere Staat auch. An Israel sind jedoch auch die gleichen Maßstäbe anzusetzen wie an jeden anderen Staat auch. Diese heißen unter anderem Religionsfreiheit und die Achtung internationalen Rechts. Beides ist jedoch nach dem Verständnis von Frau Livni für Israel offenbar nicht relevant. Israel und Frau Livni müssen sich vergegenwärtigen, dass die Politik Israels der gezielten Mordanschläge, der Gebietsabriegelung und des Mauerbaus zum Wahlsieg der terroristischen Hamas beigetragen haben. Und dass dies keine Mittel sind, dessen sich ein moderner Staat bedienen kann.

Eine Ideologie, die auf Ausgrenzung beruht, ist daher fehl am Platze. Insofern gewinnt die Idee eine Israel-Palästina durchaus wieder an Charme: ein Land mit den Heiligen Stätten dreier Weltreligionen, die gleichberechtigt miteinander existieren und in dessen politischem System die Leistung, nicht die Religionszugehörigkeit eine Rolle spielt. Dies würde natürlich von allen ein gewisses Maß an Umdenken erfordern, nicht nur von Frau Livni.

Sunday, April 09, 2006

Wozu ist die Bundeswehr da? oder: Einsatzgebiet Kongo


Früher gab es eine Frage, die das Ansehen der Bundeswehr verdeutlichte. "Wozu ist die Bundeswehr da?" Antwort: "Die Bundeswehr ist dazu da den Feind an der Grenze solange aufzuhalten, bis richtiges Militär kommt."
Zumindest heute dürfte dieser Satz nicht mehr zutreffen. Die Bundeswehr ist aufgrund ihrer Ausbildung und ihres Spezialeinsatzesgerätes gerne gesehen bei internationalen Einsätzen.

Der Kongo wird wurde bereits einmal als "Vorhof zur Hölle" bezeichnet, nachdem dort im afrikanischen Weltkrieg sich die Warlords im Präsidentenpalast die Klinke in die Hand gaben und Recht und Ordnung zu Fremdwörtern wurden. Nun haben sich die Konfliktparteien in einem langwierigen Prozess auf die Rückkehr zu eben jenen Prinzipien bekannt. Der Nachteil jedoch: alle wollen an die Macht und es droht, dass die Wahlen nur anerkannt werden, wenn die jeweilige Gruppe sie selbst gewinnt. Die EU - gemeinsam mit anderen Staaten - möchte das erneute Abgleiten in einen Bürgerkrieg verhindern und daher sich an der Wahlschutztruppe beteiligen. Deutschland soll ein Drittel dieser 3.000 Mann stellen und die Leadership übernehmen.

Was hat die obige Frage nun mit den Wahlen im Kongo zu tun, nachdem Deutschland zwischenzeitlich am Hindukusch (Peter Struck) verteidigt wird. Man möchte meinen, gar nichts. Betrachtet man jedoch Pressestimmen und politische Äußerungen fällt auf, dass sie nach mancher Ansicht offenbar doch noch einiges miteinander zu tun haben. Für die Angehörigen der Bundeswehr, gut ausgebildet und im Zweifel bewaffnet bis an die Zähne, ist dieser Einsatz demnach zu gefährlich. Dies trifft für die Menschen des Kongo offenbar nicht zu. Schließlich sind sie die Zustände schon gewohnt, könnte argwöhnisch angefügt werden.
Unverantwortlich handelt in diesem Sinne nicht die Bundesregierung, unverantwortlich handeln Politiker die eben jenem Einsatz das Gegenwort reden. Die Soldaten sollen so gut wie irgendmöglich ausgerüstet und auf ihren Einsatz vorbereitet werden. Wird jedoch die Bundesrepublik am Hindukusch verteidigt, so wird sie dies auch in Kisangani. Die "schwarzen Löcher der Ordnungslosigkeit" (Joseph Fischer) sind genau hier nämlich vorhanden und bedrohen die Sicherheit Europas. Sie sind Ausgangspunkt terroristischer Bedrohungen, von Schmuggel und Fluchtbewegungen. Alles dies destabilisiert nicht nur das Land selbst, sondern mittel- und langfristig auch weiter entfernt liegende Regionen. Eine zwischenzeitlich nachgewiesene Binsenweisheit.

Und: wer heute bei der Bundeswehr arbeitet und Soldat ist, dem ist klar dass sein Beruf nicht mehr darin besteht Dienstvorschriften zu rezipieren. Dem muss klar sein, dass sein Einsatzgebiet weltweit ist und dass dies auch durchaus gefährlich werden kann. Die Reform der Bundeswehr muss die berücksichtigen, die Bundeswehr vor solchen Einsätzen zu schützen, ist jedoch der falsche Weg - da könnte sie gleich abgeschafft werden und die Schuldenproblematik wäre (vorerst) auch gelöst.

Beschluss des FDP-Präsidiums vom 20. März 2006: hier