Monday, October 31, 2005

Eine Partei zerlegt sich ...

Am 18. September 2005 strotzte die SPD noch vor Kraft ... und bis heute hat sie ihren eigenen Vorsitzenden demontiert. Mustergültig zeigt die SPD, wie man jede Regierungsfähigkeit verliert.

Da kämpft der eigenen Vorsitzende um den Erhalt der Geshclossenheit der Partei und einigen wenigen geht ihr persönlich Gaul des Ehrgeizes durch. Andrea Nahles konnte offenbar nicht besonders schnell an die Fleischtöpfe der Macht gelangen und riskierte bar jeder Vernunft und des Ratschlags des eigenen Parteiflügels (auch Ludwig Stiegler hat manchmal Lichtblicke), dass Franz Müntefering nur noch eines bleibt: Rücktritt. Einem Parteivorsitzender, der seinen engsten Mitarbeiter nicht durchsetzen kann und in "seine" Generalsekretärin kein Vertrauen hat, bleibt nichts anderes übrig, als zu gehen. Oder eine lame duck zu sein.

Mal sehen, ob die Große Koalition jetzt noch zustande kommt ... oder gehen wir doch nach Jamaika oder werden wir doch bald wieder wählen. Nur eines ist sicher: die politische Karriere der Andrea Nahles dürfte sich dem Ende zuneigen. Denn: das Volk liebt den Verrat, nicht die Verräterin.

Sunday, October 30, 2005

Lebensziel Bundeskanzler

Der Andrang in den Buchläden wird in der kommenden Woche sicher nicht ganz so stark sein wie Anfang Oktober. Helmut Kohls "Erinnerungen" sind doch offenbar nicht ganz so spannend wie J.K. Rowlings "Harry Potter und der Halbblutprinz" - zumindest für eine breite Öffentlichkeit (nicht mehr).

Als vor eineinhalb Jahren der erste Teil seiner "Erinnerungen 1930-1982" herauskamen, war der Andrang da noch größer und auch die mediale Öffentlichkeit bereitete das Ereignis vor. Der Spannungsbogen war groß, denn auch Werner Weidenfeld schrieb in seiner Rezension: "Wenn ein Gigant der Zeitgeschichte zum Diktiergerät greift, dann ist ihm große Aufmerksamkeit gewiss. Man will wissen, wie es wirklich gewesen ist. Erst recht bei jemandem, der so markant in den Lauf der Geschichte eingegriffen hat wie Helmut Kohl." In diesem Teil schrieb Kohl noch zu der Frage, wie er die Macht als Bundeskanzler errungen hat, wie er sie verteidigt hat und wie mit den Großen der Union umgegangen ist. Liest man seine Biographie (Teil I), so fällt doch auf, dass er sowohl mit Ludwig Erhard wie auch mit Kurt-Georg Kiesinger ein Verhältnis hatte, bei dem er sich erlauben konnte, auch in der Stunde des Auszugs aus dem Bundeskanzleramt "bei ihnen zu sein" - moralisch und geistig. Kohl vergißt nicht, wer seine Förderer sind und Kohl hat sich bereits früh mit einer Machtaura umgeben, die von Taktik und Instinkt geprägt war. Sein Lebensziel war Bundeskanzler und dafür brauchte er nicht an den Toren jenes Amtes zu rütteln.

Und nun kommt der zweite Teil heraus: Erinnerungen 1982-1990. Es verblüft, dass Kohl genau dort endet, wo sein eigentlich historisches Lebenswerk erst anfängt - und sein Abstieg beginnt. Die Deutsche Einheit war das zentrale Projekt des Bundeskanzlers Kohls, sein Instinkt und sein Machtwille haben es entscheidend vorangebracht. Die Umsetzung - die Zusammenführung der beiden Teile in ein neues Deutschland - lässt Kohl (diesmal) ausgespart.
Es wird jedoch auch so spannend genug, den Kohl stand im Herbst 1989 eigentlich am Ende seiner Kanzlerschaft: das Programm von 1982 war abgearbeitet und seine innerparteilische Machtbasis war erodiert. Eine kleine verschwiegende Truppe um Kohls eigenen Generalsekretär Geißler herum suchte einen Nachfolger für den "Giganten der Zeitgeschichte". Kohl, der sich gegen alle Spötteleien der Presse über seinen Politikstil und seine Sprechweise ganz nach oben gekämpft hatte, sollte von seinen engsten Mitarbeitern gestürzt werden. Und hier wird es spannend werden: wie hat Kohl selbst diese Zeit empfunden und welche Gefühle hat er heute gegenüber seinen damaligen Widersachern. Einen kleinen Einblick hat er bereits in einem ARD-Porträt gegeben, nun schreibt er selber und es ist zu erwarten, dass Kohl Tacheles spricht.
Und es wird interessant, wie Kohl die Kontakte zu Michael Gorbatschow, zu Francois Mitterrand, zu Maggie Thatcher und zu Georg W. Bush sieht. Nur letzter hat von Anbeginn vorbehaltlos Kohls Kurs der Deutschen Einheit unterstützt. Gorbatschow mußte erst überzeugt werden und konnte auch dann nur damit für die Deutsche Einheit gewonnen werden, in dem Kohl half, seine Position innerhalb der Sowjet-Oligarchie abzustützen. Mitterrand wie Thatcher waren dann jedoch eher getriebene, die sich den Tatsachen fügte - und dennoch war das Verhältnis zwischen Kohl und Mitterrand in der Frage der europäischen Einigung immer der Motor dieses Prozesses.

Aber es kann auf den dritten Teil der Biographie gewartet werden - und alle sollten hoffen, dass auch dieser Kohl noch kommt. Denn dies ist die Zeit der europäischen Einigung, der neuen internationalen Ausrichtung des nunmehr souveränen Deutschland und des inneren Einigungsprozesses. Und es ist auch die Zeit, in der sich Angela Merkel zur Kanzlerin aufmachte, in der Kohl sich innerlich abschottete und in der seine Macht bröckelte. Es ist auch die Zeit, in der Kohl die Grundlage für einen der größten Parteispendenskandale der Republik legte und in der Kohls für Deutschland historische Abwahl vom 27. September 1998 liegt.

Saturday, October 29, 2005

Airlines als Nationalsymbole

Fluggesellschaften gelten noch immer als nationale Symbole. Als der CEO von Quantas, Geoff Dixon über die Verlagerung des technischen Bereiches seiner Fluggesellschaft ins Ausland nachdachte, ging ein Sturm der Entrüstung durch die australische Gesellschaft. Oppositionsführer Kim Beazley sah Quantas als australische Flugesellschaft in Gefahr: "Wir wollen nicht, das Quantas das Kängeruh aufgibt." Die Gewerkschaften riefen: "Haltet das Kängeruh!"

Das auch die Regierungen Fluggesellschaften als nationale Symbole sehen, zeigt die immer noch vorhandene Slot-Praxis: so darf - nur beispielsweise - keine deutsche Fluggesellschaft wie die Lufthansa Flüge von Honolulu nach Manila anbieten.
Um das Nationalgefühl zu stärken, werden Fluggesellschaften seit Jahren mit nationalen Beihilfen künstlich am Leben gehalten. Legendär ist hier die italienische Nationallinie Al Italia: Wirtschaftlich am Boden wäre sie längst vom Himmel verschwunden, wenn die italienische Regierung an allen Wettbewerbsregeln vorbei sie nicht finanziell stützen würde. Und erinnert sei auch an den Kampf von Swiss Air im Jahre 2001, die durch Missmanagement Konkurs anmelden musste. Als im Frühjahr die Lufthansa als eine der derzeit profitabelsten Airline die Nachfolgerin Swiss International übernehmen wollte, wurde ernsthaft in der Schweiz die Frage gestellt, ob damit nicht ein Stück Schweiz aufgegeben würde.

Ein Stück aus dem Tollhaus. Denn eigentlich sind die grossen Airlines zwischenzeitlich alle Publikumsgesellschaften. Auch wenn noch der überwiegende Teil der Anteilseigener aus dem Heimatland kommen muss - dem Nationalgefühl sei dank -, so werben sie alle um internationale Investoren.

Monday, October 24, 2005

Kommunikation und der persönliche Kontakt

Das Internet ist eine wirklich tolle Sache: ich komme schnell an jegliche Information ran, Onlinelexika ersparen mir eine grosse private Bibliothek oder den Gang in die Bibliothek, ich kann Zeitungen online lesen und es ist ein rasche Austausch über die ganze Welt möglich. Das Internet hat noch einen wirklichen Vorteil, dass nämlich die Zahl der veröffentlichten Meinung sprunghaft gestiegen ist.

Zunehmend zeigt sich jedoch auch, dass das Internet einen entscheidenden Nachteil. Es lädt nämlich quasi dazu ein, sich hinter dem Internet zu verstecken. Die verschiedenen Chatforen, die zwischenzeitlich existieren, machen das kennenlernen leichter und ermöglichen auch einen leichteren Kontakt über grosse Strecken. Zunehmend scheint aber die Kommunikationsfähigkeit darunter zu leider - die ex und hopp-Gesellschaft scheint sich hier in anderer Form zu wiederholen. Was am Telephon oder von Angesicht zu Angesicht nur schwer möglich ist, im Chat stellt es kein Problem dar - man geht einfach. Die Reaktion des Gesprächspartners muss niemand ertragen - er bleibt anonym.
Es bleibt doch zu hoffen, dass sich dies wieder umkehrt und Chatforen den persönlichen Kontakt nicht ersetzen. Den zum Kennenlernen gehört ein gewisse Preisgabe seiner Persönlichkeit. Chatforen können dies zwar unterstützen, aber sie bleiben virtuell und ihnen fehlt die Ausdruckfähigkeit des menschlichen Gestikus.

Saturday, October 22, 2005

Don Testosteron

Gerhardt Schröder am 18. September zu einer Bundeskanzlerin Angela Merkel

"Glauben Sie im Ernst, dass meine Partei auf ein Gesprächsangebot von Frau Merkel bei dieser Sachlage einginge, in dem sagt, sie möchte Bundeskanzlerin werden? Also, ich meine, wir müssen die Kirche doch mal im Dorf lassen. (...)
Ich sage ihnen: Ich führe Gespräche. Und ich sage ihnen heute voraus: Die werden erfolgreich sein. Wenn Frau Merkel eine Koalition hinkriegt mit der FDP und den Grünen, dann kann ich dagegen nichts sagen. (...) Aber sie wird keine Koalition unter ihrer Führung mit meiner sozialdemokratischen Partei hinkriegen. Das ist eindeutig. Machen sie sich da gar nichts vor."


Und am 12. Oktober zu einer Großen Koalition unter Angela Merkel

"Ich will sie wirklich unterstützen, mit allen Kräften, die ich habe. Und das ist jetzt nicht als Drohung gemeint."