Tuesday, November 28, 2006

In Südafrika ist eine Ära zu Ende gegangen


Manchmal meinte man, die Parteienlandschaft ist wie aus Stein gemeiselt in Südafrika und personelle Veränderung wie der Wechsel von Nelson Mandela zu Thabo Mbeki sind nur dem verfassungsrechtlichen Gebot der Amtszeitbegrenzung geschuldet. Und dann kommt sie doch, doch Meldung die Veränderung bedeutet:
Der südafrikanische Oppositionsführer Tony Léon hat überraschend seinen Rückzug aus der Politik angekündigt und damit Spekulationen Auftrieb gegeben, seine Partei "Democratic Alliance" (DA) suche nach einem neuen, "schwarzen" Profil. Er stehe für die Wiederwahl des Parteivorsitzenden im kommenden Jahr nicht mehr zur Verfügung, sagte Léon am Sonntag in Johannesburg.
(Frankfurter Allgemeine Zeitung 28. November 2006)
Tony Léon war es, der die einzigste weiße Oppositionspartei Democratic Party, die in der Apartheid die Apartheid kritisierte und sie abschaffen wollte, in die neue Zeit Südafrikas überführte. Während im Nachbarland Namibia die Democratic Turnhallen Alliance, nicht ganz so auf Anti-Apartheid-Kurs wie die DP, sich immer stärker in ihre Bestandteile auflöste, gelang es der DP sich zur wichtigsten Oppositionspartei auch im neuen Südafrika zu etablieren. 15 Prozent klingen dabei auf Anhieb nicht viel, die Übermacht des ANC mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament von Cape Town jedoch zeigt, welch wichtige Funktion die DA in Südafrika besitzt.
Als die Democratic Party 2000 mit der New National Party (DP), der Partei von Johannes Vorster und Marais Viljoen, von Pieter Botha und Frederik de Klerk, zur Democratic Alliance fusionierte, blieb dies nicht ohne Reibungsverluste. Nicht nur die Apartheid-Geschichte trennte die eigentlich ungleichen Partner. Während die ehemalige Apartheidparte NNP immer noch die Partei der Ewiggestrigen war, hatte sich die DP neue Wählerschichten unter den Schwarzen und Mischlingen erschlossen und war die Partei der aufstrebenden Mittelschicht in Südafrika. Und sie trennte auch ein fundamentales Gesellschaftsverständnis, wie sich an der in der südafrikanischen Verfassung festgeschriebenen Gleichstellungspolitik exemplarisch beweisen lassen würde. Tony Léon hat diese Fusion gegen die Widerstände in seiner eigenen Partei durchgesetzt, um der Übermacht des ANC zunächst unter Nelson Mandela und jetzt unter Thabo Mbeki eine wirksame und handlu
ngsfähige Opposition entgegensetzen zu können. Für ihn war Regierung und Opposition gleichermaßen elementar für ein politisches System. Von der NNP wurde er bitter enttäuscht, die die Fusion quasi wieder rückgängig macht und - nicht ohne Ironie in der Geschichte - sich dem ANC zuwandte.

Und nun geht also auch Tony Léon. Er geht nicht als Geschlagener, sondern aufrechten Hauptes, dessen Rückzug einer strategischen Aussage gleichkommt. Immer noch zählt in Südafrika die Hautfarbe viel und so haben "weiße Parteien" wie die DA nur schwer eine Chance gegen "schwarze Parteien" wie den ANC, dem zudem noch die Aura der Befreiungsbewegung umhaftet. Dabei sind die Folgen der unumschränkten Macht des ANC, eine Folge der Zweidrittelmehrheit, nicht zu übersehen. Helen Zille, die im März gewählte Bürgermeisterin von Cape Town, hat alle Hände voll zu tun, um die Folgen von Korruption und Vetternwirtschaft zu beseitigen, die sich unangreifbar fühlende ANC-Politiker hinterlassen haben. Auch in Südafrika ist das Spiel des Machtwechsel eine wichtige Kontrollinstanz, die derzeit zu verloren gehen droht. Die Öffnung der DA ist daher notwendiger den je und die Focusierung auf die Probleme de
r meist immer noch weißen Oberschicht aufzulösen.
South Africa's main opposition party must transform its reputation as the voice of the white minority before it can ever hope to challenge the African National Congress's (ANC) stranglehold on power, analysts said on Monday.
(Mail & Guardian, 27. November 2006)
Die Probleme überwältigen dabei Südafrika fast: Armut unter der mehrheitlich schwarzen Bevölkerung, die immer noch an den Rändern der Großstädte Johannesburg, Pretoria und Cape Town in riesigen Slums lebt. Die Ausbreitung von HIV in einem Land, in dem ein Unternehmen zwischenzeitlich drei Menschen ausbildet um am Ende einen Mitarbeiter zu haben. Korruption und Vetternwirtschaft, Umweltprobleme. Und eine hohe Erwartungshaltung der afrikanischen und internationalen Politik, die das Land nur schwer erfüllen kann. Thabo Mbeki hat mit NEPAD seiner Reputation international Rechnung getragen und ist auch persönlich integer. Sein ANC hat jedoch bereits seit längerem mit den Folgen einer überragenden Machtstellung, die weltweit - in Deutschland in Bayern und in Japan mit den Liberal´s - zu beobachten ist, zu kämpfen.
Egal wer somit Léon´s Nachfolger wird, wird ein schweres Erbe antreten. Die Bürgermeisterin von Cape Town, Helen Zille, wird wohl eher nicht für diese Position zur Verfügung stehen, hat sie doch in ihrer Stadt bereits alle Hände voll zu tun. Und wenn ein "Schwarzer" den Vorsitz übernimmt, ist Südafrika ein Stück weiter in der Normalität angekommen. Man kann jedoch nur hoffen, das Tony Léon seiner Partei als Ideengeber erhalten bleibt.

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