Wednesday, July 05, 2006

Weltmeister sind wir nicht, aber ...


Er kam, sah und siegte. Als Jürgen Klinsmann vor zwei Jahren sein Amt als Bundestrainer antrat, verkündete er im schönsten schwäbisch: "Wir wollen Weltmeister werden." Damals wurde er als größenwahnsinnig belächelt.

Weltmeister ist Klinsmann und seine Truppe (und wir alle) nicht geworden. Aber die Weltmeisterschaft im eigenen Land hat etwas viel wichtigeres bewirkt. Die Deutschen haben wieder gelernt, sich über sich selbst zu freuen und ein gesundes Verhältnis zu sich und ihrem Nationalgefühl zu finden. Der britische Guardian konnte es treffender nicht ausdrücken: "Die Party ist aus für Deutschland, aber Klinsmann verbreitet landesweit Stolz." Und auch The Times macht es deutlich, was die Weltmeisterschaft den Deutschen zurückgegeben hat: "Die (deutsche) Nationalmannschaft ist als Team mit Angriffslust neu aufgestellt worden und das Land ist ein fröhliches geworden, das seine Flagge wiedergewonnen hat."
Und diese Flagge steht für die ehrenwertesten bürgerlichen Ziele: Einigkeit und Recht und Freiheit. Der Nationalsozialismus hat gerade deshalb bewußt nicht die schwarz-rot-goldene Flagge als sein Symbol gewählt, da sie mit den dadurch vermittelten Werten in elementarem Widerspruch standen. Es grenzt daher fasst schon an Geschichtsklitterung, wenn einzelne Gewerkschaftsfunktionäre und linksverirrten Abgeordneten suggerieren, ein gesundes Nationalgefühl würde alte (hoffentlich nie mehr hochkommende) Zeiten heraufbeschwören.

Nein. Nation ist wichtig, nur darf sie nicht überhöht werden. Deutschland steht nicht über allem, sondern steht gleichberechtigt neben allen anderen Nationen. Nicht die Herkunft macht sie zu etwas besonderem, sondern allein die durch sie und in ihr erbrachten Leistungen. Sie ist zu einzigartig wie die französische, die thailändische und die ghanaische Nation. Sie hat ihre zugeschriebenen Stereotype wie die russische, die jamaikanische und die brasilianische Nation.
Zwar ist Deutschland nicht Weltmeister geworden. Aber ein Land hat wieder zu sich selbst gefunden und trägt selbstbewußt die Symbole seine (meist glanzvollen) Geschichte wie Flagge und Nationalhymne. Die Weltmeisterschaft hat gezeigt, dass diese Nation einen fröhlichen Internationalismus pflegt, in der Spieler wie Lukas Podolski, Miroslav Klose, David Odonkor und Gerald Asamoah als nationale Helden gefeiert werden - obwohl sie einen anderen kulturellen Hintergrund haben. Die "Welt zu Gast bei Freunden" lautete das Motto der WM. Und die Welt hat sich zu Gast bei Freunden gefühlt in der es keine "no go"-Areas gegeben hat. Und die Freunde hießen nicht nur Heinz, Monika und Franz, sondern sie hatten auch türkische, afrikanische, brasilianische und sonstige Namen, die sich in Deutschland als Teil jener Nation fühlen.
Es ist eine andere Nation, die sich wie selbst verständlich unter der Flagge die Nationalhymne sinkend vereint. Die hässliche Fratze der Nation, in der Nation an der Herkunft festgemacht wurde, ist endgültig Vergangenheit und den Wenigen ewig gestrigen wird gezeigt, dass sie es sind die nicht willkommen sind.

Und dies ist das Hauptverdienst von Klinsi und seiner bunten Truppe. Sie hat den Zauber bewirkt, dass man wieder stolz auf sich ist und dennoch Internationalität lebt. Dies war sicher so nicht beabsichtigt (und hätte wohl auch nicht nach einem Masterplan gewirkt). Aber es wird nicht mehr zu negieren sein.

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