Friday, July 21, 2006

Mexikanische Wahlen


Über 70 Jahre war Mexico so etwas wie der Privatbesitz der PRI, die vollständig sinnigerweise Partei der institutionalisierten Revolution hieß. In Bayern kennt man so etwas - da heißt es CSU = Christlich-Soziale Union in Bayern; aber dass wäre ein anderer Schauplatz.
Alle fünf Jahre kam der "große Fingerzeig" des Präsidenten, in dem der amtierende Präsident seinen Nachfolger festlegte, der quasi nur noch akklamatorisch gewählt werden mußte. Als 2000 Vincente Fox mexicanischer Präsident wurde, war die instituionalisierte Revolution beendet, die PRI verlor ihre Machtstellung und besitzt heute nur noch die Position der dritten Partei.

Vincente Fox´s Partei heißt nun nicht weniger martialisch Partei der demokratischen Revolution (RRD) und nachdem die mexicanische Verfassung immer noch nur eine fünfjährige Amtszeit erlaubt, war es Zeit für einen Amtsnachfolger. Für die PRD trat Andrés Manuel López Obrador, kurz AMLO, an. Die dritte mexicanische Partei PAN schickte Felipe Calderón ins Rennen und es der Zufall des Wählerwillens so will, liegen AMLO und Calderón nur rund 0,6 Prozent der Stimmen auseinander.

Und nun: AMLO erkennt den Sieg von Calderon nicht an. Und will neu auszählen lassen. Da kann man von Glück sprechen, dass Mexico eine gefestigte Demokratie ist. Während beispielsweise in Kongo-Kinshasa exakt jenem Fall angstvoll entgegengesehen wird, macht in Mexico niemand Anstalten einer gewaltsamen Revolte. Die Wahl wird angefochten, irgendwann wird jemand entscheiden, ob das Ergebnis stimmig ist oder neu ausgezählt wird und am Ende wird es einen Sieger geben. Knappe Wahlsiege müssen also nicht immer zum Zusammenbruch des politischen Systems führen, sondern stören höchstens kurze Zeit den politischen Betrieb des Landes.
Das erstaunliche ist dabei, dass auch die Wirtschaft ziemlich gelassen reagiert. Kein Kurzsturz, keine Abwanderungsgedanken. Schlicht nix.

PS: Unsere Lateinamerika-Expertin hat natürlich auch etwas dazu zu sagen - wäre sonst auch schade gewesen: Calderon wird es schwer haben, vom "linksgerichteten" AMLO anerkannt zu werden. Wie hätte es auch anders sein können, dass hier ausnahmsweise mal keine mittelalterlichen Reflexe hervorkommen.
Vielleicht sollten auch unsere "Experten" mal wieder klare Sicht bekommen.

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