Wednesday, December 19, 2007

South Africa: Zuma auf Mbeki


Die Regierungspartei Südafrikas, der Afrikanische Nationalkongress (ANC), befindet sich in einer schweren Krise. Ausgelöst wurde jene durch die Suspendierung von ANC-Vize Jacob Zuma Ende 2005, seither ist die Partei gespalten. Denn ein Großteil der Mitglieder bezweifelt, ob sich hinter den Korruptionsvorwürfen gegen Zuma nicht politisches Kalkül rund um das Lager des Präsidenten Thabo Mbeki versteckt.
(Der Standard, 13.1.2007)
Der Beitrag des österreichischen Standard machte noch einmal deutlich, dass es zwischen Staatspräsident Mbeki und seinem ANC-Vize Zuma seit Jahren nicht ganz koscher zugeht. Zuma ist der linke Populist, der eher für den alten, sozialistischen ANC steht. Mbeki, auch ein alter ANC-Kämpfer, hatte in den vergangenen sieben Jahren einen liberalen Kurs in der Wirtschaft propagiert und war damit in den Augen vieler ANCler gescheitert. Noch immer lebt gut die Hälfte der - schwarzen - Bevölkerung des Kap-Staates in bitterer Armut und obwohl in einigen Townships wie Soweto bei Johannesburg oder Kayelitsha in Cape Town in den vergangenen Jahren massiv in die Infrastruktur investiert wurde, fehlt der Bevölkerung Arbeit, um die Lebenshaltungskosten decken zu können.
Südafrikas Probleme sind insgesamt in den vergangenen Jahren gewachsen, als dass sie gelöst wurden. Die Arbeitslosigkeit unter der schwarzen Bevölkerung ist immer noch ein ebenso wenig gelöstes Problem wie die trotz der affirmation policy (Stichwort: A better life for all) die weiterhin bestehenden Auswirkungen der früheren Apartheid-Politik. Schwarze findet man in den Führungsebenen Südafrikas immer noch recht selten und die vom ANC favorisierte Landumverteilung ist noch nicht ansatzweise begonnen worden.

Aber wird Zuma die Probleme lösen können? Dies ist ist eher unwahrscheinlich, den Zuma setzt auf Rezepte, wie sie im Nachbarstaat Namibia unter dem dortigen ehemaligen Präsidenten Sam Nujoma gescheitert sind und Simbabwe ins internationale Aus gesetzt haben.
Südafrika wird die Landfrage beispielsweise endlich angehen müssen und dazu gehört auch, dass bisherige vor allem weisse Farmer enteignet werden. Anders als aber in Simbabwe bedarf es hierfür klarer Regelungen und Verfahren, eine Entschädigung der bisherigen Besitzer und eine Ausbildung der Neubesitzer.

  1. Die bisherigen Landbesitzer haben - unabhängig von den Verteilungsregelungen unter der Apartheid - ihr Land meist von ihren Familien übernommen, sind Verpflichtungen eingegangen und haben hier Leben einschließlich ihres Lebensabends auf die Farmen abgestellt. Eine Enteignung ohne angemessene Entschädigung würde nicht nur eine neue Klasse unzufriedener Bevölkerungsteile schaffen, sondern auch eine Schicht von verarmten Ex-Farmern, die auf Unterstützung des Staates angewiesen sind. Dies mag zunächst günstiger erscheinen, mit den generationsweiten Folgen, unter denen bis heute auch die schwarze Bevölkerung zu kämpfen hat, wird dies jedoch langfristig deutlich teurer.
    Die Erfahrung in den Nachbarstaaten hat gezeigt, dass die Farmbesitzer zwar des Druckes bedürfen, jedoch durchaus bereit sind, einen fairen Ausgleich zu zulassen. Zuma, sollte er Präsident werden, sollte hier die angebotene Hilfe der internationalen Gemeinschaft - vor allem zur Finanzierung dieses Programmes - annehmen und auf die Farmer entsprechend zugehen.
  2. Namibia hat gezeigt, dass die schwarze Bevölkerung derzeit nicht ausreichend qualifiziert ist, um effizient Landbau zu betreiben. Die Verödung ganzer Farmen im Osten Namibias macht deutlich, dass hierfür Hilfe und Ausbildung zwingend erforderlich ist. Zuma wird also nicht umhinkommen, dies auch seinen Anhängern deutlich zu machen und hier massiv in diese Programme zu investieren. Geschieht dies nicht, wird sich an der Verarmung der schwarzen Bevölkerung nichts ändern. Jedoch um den Preis, dass dann auch die enteigntene Farmen auch nicht mehr arbeiten werden und veröden.

Zuma hat auf Populismus gesetzt, am ANC-Präsident zu werden und die Präsidentschaft Südafrikas zu erlangen.
Öffentlich gibt sich Zuma gerne volksnah, tanzt in Leopardenfellen und singt Kriegslieder. Über Simbabwes Tyrannen Robert Mugabe äußerte in er in einem SPIEGEL-Interview nachsichtig: "Die Menschen lieben ihn, wie können wir ihn da verdammen?"
(SPIEGEL online
, 19.12.2007)
Er wird jedoch nicht umhin kommen, Mbekis Kurs inhaltlich fortzusetzen:
Nun scheint Zumas Ära gekommen - doch die Frage bleibt, ob es demnächst noch viel zu verteilen gibt zwischen Kapstadt und Durban. Die weiße Intelligenz verlässt in Massen die selbsternannte "Regenbogennation", weil sie nach den herrschenden Gesetzen kaum noch Chancen auf attraktive Arbeitsplätze hat.
(SPIEGEL online, 19.12.2007)
Südafrikas Entwicklung ist jedoch nur gemeinsam mit allen Bevölkerungsteilen möglich. Der bisherige Kurs Jacob Zumas hat nicht nur die eigene weisse Bevölkerung, sondern auch internationale Investoren vorsichtig werden lassen.

Dabei spielt auch Südafrikas Verantwortung für Afrika insgesamt eine zentrale Rolle, der Zumas Populismus bislang nicht wirklich gerecht geworden ist. Mbeki war einer der Triebkräfte von NePAD, die gerade von abging, auf die Folgen des Kolonialismus hinzuweisen und die african ownership propagierte. Obwohl Defizite in Afrikas Interessenvertretung deutlich wurden, hat Mbeki auf internationaler Bühne Gehör gefunden. Seine regelmässigen Einladungen auf die G8-Gipfel sind hier beredetes Beispiel.

Zuma hat zunächst die Schlacht zwischen der elitären, gebildeten und eleganten Klasse innerhalb des ANC, die von dem kühl und technokratisch wirkenden Mbeki repräsentiert wurde, und den Armen in den Wellblechsiedlungen und Fabriken lebenden Mitgliedern vorerst gewonnen. Und darin steckt auch eine Chance für Südafrika, trotz der wirtschaftlichen Risiken. Das Land kennt seit 15 Jahren faktisch keine Opposition und mit der Zweidrittelmehrheit im Parlament und der Mehrheit in allen neun Provinzen kann er schalten und walten, wie es ihm beliebt.
Nun geht die Befürchtung um, dass der ausgetragene Kampf den ANC spalten könnte. Die Folge wäre die Chance einer neuen multipolaren Gesellschaft, die aus ANC-Land ein politisches South Africa macht, welches demokratischen Strukturen eher angemessen ist. Der Kampf zwischen den Meinungen ist nichts schlechtes und die Dominanz des ANC hat dies bisher verhindert. Bricht der ANC nunmehr auseinander und entwickelt sich daraus neben Zuma's ANC auch ein ANC Mbekis ist der erste Schritt zu einer pluralen Demokratie gelegt. Meinungen werden offen und nicht mehr in den Hinterzimmern ausgetragen. Das Parlament in Cape Town würde die eigentliche Bühne der Nation.

Eine Präsidentschaft Zumas wird daher ein ganzes Bündel von Aufgaben beinhalten. Denn neben Demokratisierung und dem Landanbau wird sich das Land am Kap der Guten Hoffnung weiter diservifizieren müssen: Tourismus, Weinanbau und Rohstoffe sind für zu wenig und bislang ist Zuma ein Programm schuldig geblieben, wie er Südafrikas Probleme lösen will. Nachdem er nun die Macht im ANC gewonnen hat, muss er die zwei verbleibenden Jahre dafür nutzen.


Weiterlesen: Zuma kommt, die Probleme wachsen, SPIEGEL Online 19.12.2007

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