Monday, August 04, 2008

Lufthansa bleibt am Boden


Als im vergangenen Jahr die Lokführer Deutschland lahm legten fühlte sich das Land schon ein wenig wie im Tollhaus. Niemand konnte wirklich ahnen, dass es ein Unternehmen noch schlimmer treffen kann. Aber der Beweis musste dann wohl doch angetreten werden und so möchte man derzeit irgendwie nicht dem Management der Lufthansa angehören.
Im Juni haben die Piloten bei den Töchtern CityLine und Eurowings gestreikt, diesmal das gesamte Boden- und Kabinenpersonal und die Cockpit-Besatzungen der Kranich-Linie haben schon angekündigt, dass sie ebenfalls ihren Anspruch auf Sonderurlaub nutzen wollen. Und für nächstes Jahr hat auch bereits das Kabinenperson angekündigt, die Airline flügellahm zu machen.
Eigentlich müsste Lufthansa-Boss Mayerhuber neidisch auf Bahn-Chef Mehdorfn schauen. Dieser hat es lediglich mit drei Gewerkschaften zu tun, während sich allein beim Kabinenpersonal drei Gewerkschaften um die Mitglieder streiten und sich jede einzelne mit immer höheren Tarifforderungen überbietet. Waren es bei verdi noch 9 Prozent, machen die ufo-ianer gleich mal 15 Prozent geltend. Woher das Geld kommen soll, scheint die Funktionäre recht wenig zu interessieren.
Und demnächst wird es noch komplexer: Da haben die Techniker bereits die Gründung einer eigenen Gewerkschaft angekündigt und weitere Berufsgruppen dürften folgen. Lufthansa hat nicht nur mit zahlreichen Tarifverträgen bei den einzelnen Gesellschaften, sondern auch mit den unterschiedlichen Berufsgruppen zu tun. Wenn dies so weiter geht, dürfte in den kommenden Jahren die Airline sich mehr am Boden bewegen als in den Lüften. Den bei den vielen Gewerkschaften und Berufsgruppen dürfte es immer irgendwo einen Streik geben. In einem komplexen Räderwerk wie einer Luftverkehrsgesellschaft sind die damit auftretenden Folgen des Ausfalls eines Rades dann nur schwer aufzufangen.
Ob damit die Arbeitsplätze jedoch gesichert sind, ist eine andere Frage. Man kann sich auch zu Tote streiken.


Der Toskana-Kollege oder sind alle Gleicher
Das auch Petitessen den Kampf um Tarife und Arbeitszeiten anheizen können hat am Freitag wieder einmal Bild bewiesen: Frank Bsirske macht derzeit Urlaub in der Südsee. Bild - das Amtsblatt des deutschen Prekariats - empörte sich nicht nur, dass der Gewerkschaftschef Urlaub machte. Anlass war Zeitpunkt und Ort des Urlaubs und nebenbei durfte jeder im Land lesen, dass der Chef der größten Einzelgewerkschaft der Welt rund 14.000 € im Monat erhält. Es müssen schon gute Geister gewesen sein, die Flugroute und Reiseklasse der Journalie mitgeteilt haben, denn so frei verfügbar sind die Daten regelmäßig nicht.
Aber eigentlich stellt sich die Frage, ob nach Bild ein Gewerkschaftschef wirklich Urlaub machen und welche Privilegien er darf beanspruchen darf. Zunächst sollte auch Bild sich fragen, ob ein Gewerkschaftschef mit einer Gewerkschaft, in deren Reihen ständig irgendwo Tarifverhandlungen stattfinden, überhaupt Urlaub machen dürfte. Wohl eher nicht, denn im Zweifel eskaliert jeder Tarifkonflikt irgendwann einmal. Das verdi nun extra einen Verhandlungsführer eingesetzt hat und eine ganze Tarifkommission besteht, scheint da wenig zu interessieren.
Die andere Frage ist der First-Class-Flug nach Los Angeles. Bsirske sitzt im Lufthansa-Aufsichtsrat und führt jedes Jahr seine Tandiemen aus der Tätigkeit an die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung ab. Nicht übertragbar sind jeodch die Freiflugrechte und für einen Mann, der nicht einen 8-Studen-Tag hat dürfte es durchaus zulässig sein, die gleichen Rechte aus seinem Vertrag wie seine Kapitalkollegen in Anspruch nehmen. Dies ist noch nicht einmal instinktlos, denn niemand regt sich auf, dass die Lufthansa-Bediensteten neben ihrem Gehalt noch einen vertraglich zugesicherten Anspruch auf vergünstigte Flüge haben.
Das Bsirske nun das „das Büro des Aufsichtsrats gebeten [hat, ihm] die Kosten des Flugs vollständig in Rechnung zu stellen.“ hat zu Recht nichts mit einem angeblichen Unrechtsempfinden zu tun. Eher mit einer Sensibilität für die öffentliche Wahrnehmung und die geringe Lust, als "Sau durchs Dorf" getrieben zu werden.

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