Monday, January 08, 2007

Somalias Weg in die Zukunft


Somalia war vor rund 13 Jahren schon einmal in den Schlagzeilen. Damals versuchten unter Führung der USA und nach dem Fall von Siad Barré eine internationale Truppe Ruhe in das vom Bürgerkriegsland geschüttelte Land zu bringen. Die durch Mogadischu geschleiften Leichen von U.S.-GI´s waren nur das äußere Zeichen des Scheiterns.
Die Folge: ein wahrer failed state. Eine Zentralregierung existierte höchstens auf dem Papier und auch nur im Ausland. In Somaliland und Puntland haben sich zwei Clans durchgesetzt, die im Gegensatz zum Rest des Landes ein Maß an Ordnung durchsetzten, dass die Menschen Leben und die Wirtschaft sich entwickeln konnte. Somaliland wurde denoch ob der noch nicht geklärten Gesamtlösung die internationale Anerkennung verweigert. Mogadischu, die alte Hauptstadt des Lands am Horn von Afrika jedoch und mit ihr auch der Rest des Landes versanken im Chaos. Das dennoch beispielsweise Geldströme funktionierten verdankt das Land dem informellen Bankensystem, welches uralt und hocheffektiv ist.

Seit sich 2006 jedoch wieder islamische Gerichte in Mogadischu festgesetzt haben, geriet Somalia zunächst langsam und dann immer schneller wieder in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Zu groß war die Angst vor einem zweiten Afghanistan und schon deshalb war es geboten, dem Land wieder etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Eigentlich viel zu spät, da es nicht der Anspruch einer modernen Welt sein kann, Staaten und Ordnungen scheitern zu lassen.
Der Rest Somalias war bevorzugtes Rückzugs- und Ausbildungsgebiet eines Gutteils des internationalen Terrorismus. Spätestens seit dem 11. September 2001 wurde dies bewußt, mehr als Schiffskontrollen fanden jedoch nicht statt. Ein neues "Somalia-Abenteuer" wollte niemand eingehen, zumal die Truppen immer noch in Afghanistan und dem Iraq gebunden waren.
Eine Übergangsregierung war bereits seit 2000 gebildet, seit 2004 mit Dienstsitz in Baidoa. Arbeiten konnte sie deshalb noch lange nicht, den sie war eine Regierung ohne Volk und Land. Mogadischu war nicht nur physisch weit weg, die Regierungen von Somaliland und Puntland waren nicht gewillt ihre Macht abzugeben. Erst die Machtübernahme islamistischen Union islamischer Gerichte und das Anwachsen der Flüchtlingsströme in Kenia und Äthiopien rief das Umfeld auf den Plan. Äthiopien versuchte, die Übergangsregierung zu stützen - und rief damit ganz nebenbei Eritrea auf den Plan, welches weniger aus Überzeugung für die Islamisten als aus Gegnerschaft zur Äthiopien die Islamisten unterstützte. Ende Dezember 2006 war es schließlich soweit und die Übergangsregierung konnte die Regierungspaläste in Mogadischu in Besitz nehmen.

Soweit zur Geschichte eines langen Konfliktes.
Der eigentliche Kern des Problems ist jedoch, dass sich die führenden Nationen der UN - die USA, die EU und Rußland - bislang auf eine wirksame und kohärente Somalia-Strategie nicht einigen konnten. Seit dem Abzug der internationalen Truppen wurde das Land allein gelassen und die Menschen ihrem Schicksal. Zu groß war die Angst, wieder GI´s durch die Straße geschleift zu sehen. Diese Angst kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Sturm im Medienwind von 1991 zwar in der Form falsch, in der Sache richtig war.
Äthiopien hat dies als eines der ersten Länder erkannt. Sein Einmarsch ist dabei interessengeleitet: einerseits will es verhindern, dass die Ogaden, ethnisch wie politisch Somalia näher als Addis Abeba und schön mehrfach Konfliktherd zwischen beiden Ländern wie inneräthiopisch - erneut von Addis Abeba abfallen und andererseits hat es ein vitales Interesse, sich als regionale Ordnungsmacht zu etablieren. Hier geht es der Regierung Zenawi immer noch um einen gesicherten Seezugang, der derzeit nur über Djibouti besteht.
Zenawi war einmal angetreten, als Demokrat Äthiopien in eine neue Zeit zu führen. Er vertrieb Diktator Mengistu, er sicherte den Weg Eritreas in die Unabhängigkeit und baute eine leidlich funktionierende Demokratie auf. Die Ogaden blieben aber immer eine Konfliktpunkt Äthiopiens, ein uralter. Aber Zenawi schaffte es, Äthiopien als starke Regionalmacht auszubauen. Der Konflikt mit Eritrea stärkte ihn eher darin und ihm kam zugute, das sowohl Eritrea als auch der Sudan lange Zeit entwicklungspolitischer Kritikpunkt der Region waren. Zwar wurde im Sudan zwischenzeitlich eine Entwicklung eingeleitet, den den südlichen und den nördlichen Teil versöhnte, gleichzeitig wurde in Darfur jedoch ein neuer Konfliktherd aufgerissen und die Regierung in Khartoum kam denoch nicht aus der internationalen Isolation heraus. Äthiopien war quasi der ruhende Pol und hat sich nun des somalischen Problems angenommen.
Wo Äthiopien ist, ist jedoch auch Eritrea nicht weit. Dem kleinen Land geht es dabei weniger um ein muslimisches Somalia, den es ist selbst religiös geteilt und kein Land religiöser Extreme. Staatspräsident Isayas Afeworki geht es jedoch um die eigene Stellung, die nach dem quasi verlorenen Krieg mit Äthiopien innenpolitisch geschwächt und international aufgrund seiner Menschenrechtspolitik mehr als lädiert ist. Ziel ist in Somalia vor allem, sein innenpolitisches Ansehen aufzupolieren und deshalb in Gegnerschaft zu Äthiopien die Islamisten zu unterstützen. In Somalia selbst besitzt Eritrea faktisch keine Ziele.

Es ist zu hoffen, dass die nun beschlossene internationale Truppe möglichst rasch zum Einsatz kommt. Die Führung der Afrikanischen Union ist dabei richtig und wichtig, nimmt man Nepad ernst. Die internationale Unterstützung wird jedoch erforderlich sein.
Bedeutender als der militärische Teil der Operation Somalia ist jedoch die zivile Nachbereitung. Der Iraq - und auch Afghanistan - haben gezeigt, dass ein rein militärisches Abenteuer nur kurzfristig trägt und langfristig in einer Katastrophe endet. Die Vorbilder Somaliland und Puntland, auch wenn sie keine demokratischen Musterknaben sind, sind wichtige Vorarbeiten für ein neues Somalia.


Und man hätte fast schon Entzugserscheinungen bekommen, denn unsere Weltexpertin hat sich lange nicht mehr gemeldet. Sie ist aus Lateinamerika zurück und zur Afrika-Expertin mutiert. Nun durfte man sie gleich zwei Mal lesen, wie immer mit einem Schuss Amüsement und einem weniger einfallsreichen Schuss an Naivität. Wie schreibt sie so schön:
"Premierminister Meles Zenawi (Äthiopien) hat mir bei meinem Gespräch versichert, dass die äthiopischen Truppen aus Somalia abziehen, wenn das sog. IGASOM-Mandat wirksam wird."
Da lobt man sich eigentlich den Realitätssinn, der manchen von der Entertainmentopposition offenbar rasch verloren geht. Aber dies hatten wir schon bei der Cuba-Expertin erlebt, übrigens auch ein Kind der bayerischen FDP-Diaspora.

"Es handelt sich nur auf den ersten Blick um die Konfliktlinie zwischen der Übergangsregierung (TFG = Transitional Federal Government), die militärisch massiv von Äthiopien unterstützt wird, und der "Union der Islamischen Gerichte" (UIC)."
Es ist dabei tragisch, dass die Expertin den zweiten Blick dem Leser nicht offenbart. Irgendwann heißt es dann, es handelt sich um einen Stellvertreterkrieg. Bloss von wem? Eritrea, das arme Nachbarland Äthiopiens, das die islamischen Kämpfer vor allem in seiner Gegnerschaft zu Eritrea unterstützt? Wohl eher kaum, denn Eritrea geht es um eine ganz andere Frage: die Grenzfrage zu Äthiopien. Diese war für Eritrea nicht in der gewünschten Form verlaufen und nun sucht es einen neuen Weg, sein Ziel zu erreichen.
Eine andere Ansammlung von Vermutungen mutet dabei noch wesentlich abenteuerlicher an: ein Bündnis aus Syrien, Saudi-Arabien und dem Iran. Syrien und der Iran, diese Zusammenarbeit hat bereits funktioniert. Aber auch nur im Nahen Osten, wo Syrien ein Interesse an der Schwächung Israels wegen des Konflikts um den Golan an. Ansonsten ist Syrien recht isoliert in der islamischen Welt und eine Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien quasi verwegen zu behaupten. Beide Staaten, der eine sunnitisch-wahabitisch und der andere schiitisch, eint eine lange Feindschaft. Betrachtet man den von unserer Weltexpertin behaupteten Gegenspieler Äthiopien mit den USA im Rückgriff, einen der wichtigsten Partner der Saudis, so wird deutlich dass die Weltexpertin ähnlich wie in Lateinamerika vor allem heiße Luft produziert.

Die Widersprüchlichkeit wird jedoch noch deutlicher:
"Dass das Waffenembargo für die TFG in der aktuellen Resolution gelockert wurde, übersieht die Tatsache, dass längst unterschiedlichste Waffen vor Ort sind - denn das Waffenembargo wurde nie eingehalten."
Dies würde dann etwa so viel bedeuten, dass die Entertainmentopposition auch zukünftig ohne Programmatik und Sachkenntnis arbeitet - hat sie beides doch schon bislang über Bord geworden.
"Nichts ist dringlicher als Afrika endlich konzertiert und differenziert auf die Agenda zu setzen, wie es die Bundesregierung bisher versäumt hat. Sicherheit und Stabilität am ganzen Horn von Afrika stehen auf dem Spiel."
Da scheint die Expertin dann gefliessentlich mal wieder übersehen zu haben, dass es die Bundesregierungen Schröder und Merkel waren, die einerseits sowohl für die aussenpolitische wie die entwicklungspolitische Zusammenarbeit Konzeptionen vorgelegt haben und gleichzeitig Afrika zu einem zentralen Beratungsgegenstand der G8 etabliert haben. Auch die maßgeblich von der Regierung Schröder 1999 initiierte Schuldeninitiative kommt Afrika in erheblichem Maße zu gute.
Man kann hier gute Gründe anfügen, warum dies nicht genug oder konzeptionell falsch ist. Man kann der Bundesregierung jedoch nicht vorwerfen, dass sie nicht aktiv geworden wäre. Dies kann man jedoch der Entertainmentopposition: dieser fehlt seit 2002 ein Konzept, wie sie Entwicklungs- und Afrikapolitik gestalten will. Seit dem Fortgang des Abgeordneten Ulrich Irmer und des außenpolitischen Beraters Otto Lampe liegt dieses Feld brach und wird nicht beackert. Es wäre daher an der Zeit, dass die Expertin ihr Wissen auffrischt und sich an die Arbeit macht.

Aber es fehlt der vermeintlichen Weltexpertin auch an der Sachkenntnis, denn in ihrem Pressepamphlet vom 8. Januar 2007 schreibt sie doch tatsächlich:
"Die IGAD (Inter-Governmental Authority on Development) alleine ist nicht der richtige Ansprechpartner, denn ihre Mitglieder, die Nachbarländer Somalia, verfolgen entweder eigene Interessen oder sind durch die Folgen des Krieges selbst betroffen. Hier muss die Afrikanische Union (AU) die Führung übernehmen."
Dabei waren es die afrikanischen Staaten, die sich maßgeblich in dem Konflikt engagiert haben und mit Uganda das erste Land repräsentieren, welches Truppen zu stellen bereit ist. Es ist nicht nur die Aufgabe der "EU-Präsidentschaft" darzulegen, wie sie einen Prozess unterstützen will. Es ist auch die orginäre Aufgabe eines jeden Parlamentariers und erst recht einer selbsternannten Expertin, ihre Vorschläge zu machen. Daran fehlt es der Weltexpertin jedoch in jeder Hinsicht.
Dabei droht der Konflikt nicht erst seit jetzt auf Kenia überzugreifen. Bereits im letzten halben Jahr sind ohne jegliches Interesse der Weltexpertin die Flüchtlingsströme nach Kenia unübersehbar gewesen. Sie destabilisieren nicht Kenia, daran haben die Flüchtlinge nur ein geringes Interesse und die Autorität des Rebellen ist viel zu gering hierfür. Aber sie haben das Problem virulent gemacht, ohne das es außer einigen Wenigen wirklichen Afrika-Kennern zur Kenntnis genommen wird.

Es zeigt sich wieder einmal, dass die FDP zwischenzeitlich vor allem Show veranstaltet, ohne Substanz und ohne Nachhaltigkeit.

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