Monday, January 29, 2007

Die vierteljährliche Sau


Der frühere Innenminister Kanther sagte es einmal: Die Deutschen haben die Angewohnheit, alle Vierteljahre eine neue Sau durchs Dorf zu treiben. Diese Sau hat meist auch einen Namen. Im letzten Vierteljahr hieß diese Sau Klaus Kleinfeld und da Weihnachten war bekamen die Deutschen mit Heinrich von Pierer eine Zugabe.

In diesem Vierteljahr war eine neue Sau fällig und die Deutschen haben sich hierfür ihren Außenminister Frank-Walter Steinmeier ausgesucht. Mit was hat er nun eigentlich den Zorn des politischen Berlins und der Journalie auf sich gezogen: er war Kanzleramtsminister in einer nicht ganz einfachen Zeit und er war Geheimdienstkoordinator. Damit musste er sich auch mit Guantanamo beschäftigen, jener eher unappetitlichen Geschichte U.S.-amerikanische Menschenrechtspolitik.
Steinmeier kann für zweierlei Dinge nichts: dass es den 11. September gab und dass es Guantanamo gab. In jene zwei Ereignisse war wohl eher unbemerkt auch der gebürtige Bremer und mit türkischem Paß ausgestattet Murat Kurnaz hineingeraten. Jedenfalls spürten ihn die U.S.-Truppen irgendwo im Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan auf und verfrachteten ihn kurze Zeit später in die U.S.-Enklave auf der cubanischen Caribicinsel. Dies sindd die Fakten und sie sind unbestritten.

Unbestritten ist auch, dass Steinmeier keine besonderen Anstrengungen unternahm, um Kurnaz nach Deutschland zurückzuholen und vielleicht auch dies zu verhindern versuchte. Die Begründung ist recht simpel für ihn:
Man muss sich ja nur vorstellen, was geschehen würde, wenn es zu einem Anschlag gekommen wäre und nachher stellte sich heraus: Wir hätten ihn verhindern können.
(Spiegel Online 27. Januar 2007)
Und er sagte einen weiteren wichtigen Satz:
Ich würde mich heute nicht anders entscheiden.
(Spiegel Online 29. Januar 2007)
Die Bundeskanzlerin sendet nahezu tägliche Treueschwüre aus, was im alltäglichen Leben faktisch schon das Todesurteil bedeutet, man erinnere sich an Edmund Stoiber. Und am treuherzigsten verhält sich der grüne Ex-Koalitionspartner, der zwischenzeitlich, obwohl für die Zeit mitverantwortlich, Rücktrittsforderungen aussendet.
Was aber eine besondere Bewertung verdient ist, dass Kurnaz türkischer Staatsbürger ist und in der Türkei scheinbar auch Frau und Kind hat. Im internationalen Recht ist es eigentlich üblich, dass sich zunächst einmal der eigene Staat um seine Staatsbürger kümmert. Jener hat sich aber ganz bewußt nicht für seine Freilassung eingesetzt und Kurnaz quasi seinem Schicksal überlassen, die Gründe hierfür sind eher spekulativ. Nun wird faktisch einem deutschen Kanzleramts- und heutigen Außenminister ein Vorwurf daraus gemacht, dass er sich nicht für einen fremden Staatsbürger einsetzt. Es fällt auf, dass die Türkei hier überhaupt keine Rolle spielt.
Es verwundert einen doch sehr, was so neuerdings das politische Berlin aufregt. Zieht man die richtigen Schlüsse daraus müssten sich künftig deutsche Regierungsstellen fortlaufend mit rund 6 Milliarden Menschen beschäftigen, wollen sie nicht in die Kritik der deutschen Opposition geraten und dies ist dann doch bereits zu viel des Guten. Steinmeier hat somit richtig entscheiden, egal ob es um den Einsatz von Kurnaz als V-Mann in Bremen ging oder nicht (die diesbezüglichen Schlagzeilen wären dabei ebenso ausmalbar und es zeigt sich: eine Regierung kann machen was sie will, sie macht es immer falsch). Denn es kann udn soll nicht Aufgabe deutscher Regierungsstellen sein, sich um jeden Weltenbürger persönlich zu kümmern, deutsche Staatsbürger geraten selbst bereits in ausreichend Missgeschicke und diese sind schon teuer genug.

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