Friday, January 05, 2007

Angie und George


Die Kongresswahlen vom 5. November 2006 wie auch die Bundestagswahlen vom 18. September 2005 haben einige grundlegende Veränderung im transatlantischen Verhältnis gebracht. Die wichtigste dabei: man redet wieder miteinander. Angela Merkel war bereits im vergangenen Jahr zweimal in Washington D.C. bei Präsident Bush, Bush jun. besuchte Merkel im Sommer 2007 in ihrem Wahlkreis. Zwar bestehen inhaltliche Differenzen, aber man kommt nicht umhin das Verhältnis als "gut" zu bezeichnen.

Ein Jahr ist vergangen, seit dem Angela Merkel ihr Amt angetreten hat und die Verhältnisse nach Washington D.C. und Moskau neu austariert hat. War sie letztes Jahr vor allem in deutschem Auftrag unterwegs, kam mit der Übernahme der EU-Präsidentschaft ein neuer Aspekt hinzu: Merkel spricht für fast 400 Millionen Menschen. Der Anlaß war somit die Erläuterung der EU-Präsidentschaft und der gleichzeitigen G8-Präsidentschaft.
Der Zeitpunkt der Reise für eine mediale Aufmerksamkeit in den USA war dagegen schlecht gewählt. Just während Merkel bei Bush zum Kaffee saß, wurde wenige Meilen weiter der 110. Kongress eröffnet und die Democrats übernahmen auch offiziell die Macht. Regierungssprecher Wilhelm hatte wohl auch deshalb bereits einen Tag zuvor geäußert:
Es wird keine Übernachtung in Washington geben, sondern wir werden unmittelbar nach unserer Begegnung im Weißen Haus wieder abreisen, sodass es in einem so knappen Ablauf schwer möglich gewesen wäre, auch noch eine Pressedelegation einzufädeln.
(Regierungspressekonferenz 3. Januar 2007)
Aber der Besuch war für Deutschland und Europa denoch wichtig, die Welt ist zu bunt als dass sich die wichtigsten Akteure nicht regelmäßig treffen sollten.

Naher Osten: Die Administration Bush musste zwischenzeitlich eingestehen, dass ihre Politik gescheitert war. Die Architekten der NeoCons haben die Brücke verlassen, der frühere Außenminister Baker hat eine Neuausrichtung der Irak-Politik vorgeschlagen und auch Israel und Palästina nähern sich langsam wieder an. Das Quartett - USA, EU, Rußland und UN - soll nun wieder reaktiviert werden, um die individuellen Beziehungen zu nutzen und gleichzeitig ein geschlossenes Auftreten der zentralen Akteure der Weltpolitik zu sichern.

Europäische Entwicklung: Das Engagement der USA für einen EU-Beitritt der Türkei zeigt, dass die USA die EU als Integrations- und politischen Faktor wahrnehmen. Zwar stehen die USA ambivalent zum europäischen Einigungsprozess, droht er doch einen starken Partner auf der anderen Seite des Atlantiks zu etablieren und quasi eine zweite super power neben den USA zu etablieren. Gerade deshalb sind die USA jedoch auch an dem Prozess interessiert und nachdem Merkel eine Weiterentwicklung des Verfassungsprozesses angekündigt hat ist Bush jun. umso mehr an dem Thema interessiert. Hinzu kommt die zum 1. Januar erfolgte Aufnahme Rumäniens und Bulgariens sowie die Gespräche mit den Balkanstaaten. Dies würde mittelfristig eine Abrundung der EU bedeuten und den Einfluss der USA deutlich schmälern.
Fakt ist aber auch, dass der Balkan-Prozess weiterentwickelt werden muss. Nicht nur die Frage Bosnien-Herzegowina, sondern wesentlich virulenter die Zukunft des Kosovo steht auf der Tagesordnung. Europa als einer der wichtigsten Geber und Akteure in dieser Region haben hier ein gehöriges Wort mitzureden und jede Entwicklung birgt die Gefahr einer neuen Eskalation. Bush ist daher interessiert, da eine Eskalation auch für die USA wieder einen neuen zusätzlichen Konfliktherd bedeuten würden.

Weltwirtschaft: Beide Seiten des Atlantiks haben ein fundamentales Interesse an einer Weiterentwicklung der Weltwirtschaftsordnung. Das Stocken des Doha-Prozesses ist für den Aufschwung jedoch nur ein Hindernis, wenn auch ein erhebliches. Es geht aber auch um die Fortentwicklung der Afrika-Initiative der G8, Asien und auch Lateinamerika, die Sicherung der Energieversorgung und der Schutz von Patentrechten. Europa und die USA haben hier virulente gemeinsame Interessen, die es aufeinander abzustimmen gilt.

Deutschland und die USA: Mit dem Amtsantritt Merkel´s sicherte sich der wichtigste europäische Partner der USA wieder einen unmittelbaren Zugang zum U.S.-Präsidenten. Während Großbritannien immer das quasi Schosshündchen Washingtons war und Frankreich seinem selbstgewählten Status der Grand Nation entsprechend seit deGaulle auf Distanzkurs steht, steht Deutschland dazwischen. Die Positionen von Schröder und Merkel - Umwelt, Menschenrechte, Irak, Guantanamo, Entwicklung und Globalisierung - unterscheiden sich nur graduell. Was sich jedoch wesentlich unterscheidet, ist der Ton. Merkel hat ihn gefunden, weil ihr bewußt ist, dass Deutschland zwar selbstbewußt agieren muss, aber nicht gegen die USA. Sie hat gegensätzliche Punkte angesprochen. sowohl im Kamingespräch wie in der Öffentlichkeit. Sie hat jedoch darauf geachtet, dass Bush sein Gesicht wahren konnte.


Quellen:
President Bush welcomes Chancellor Merkel, White House 4th Jan. 2007
Reisebericht des Presse- und Informationsamtes, 5.1.2007
Georg Mascolo: Hand in Hand zu den Krisengebieten, SPON 5.1.2007
Kanzlerin und Bush wollen Nahost-Quartett wiederbeleben, faz.net 5.1.2007

Webpages zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft
- der Bundesregierung
- Dossier der Stiftung Wissenschaft und Politik Berlin

Webpages zum deutschen G8-Vorsitz
- der Bundesregierung


Shake Hands: Angela Merkel und George W. Bush

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