Monday, January 08, 2007

Highlife at Bavarias


"so beliebt wie Vater Goppel, so weitsichtig wie Strauß, so gutaussehend wie Streibl und so fleissig wie Stoiber"
Das Qualifikationsprofil für den zukünftigen Hausherrn der Münchner Staatskanzlei ist damit klar beschrieben. Die Veröffentlichung des Qualifikationsprofils wird zunehmend virulent, nachdem die CSU auf der Suche nach einem neuen Hausherrn ist. Der Mietvertrag des bisherigen Haushaltsvorstandes, Edmund Stoiber, scheint gekündigt zu sein. Die Kündigung ausgesprochen hat eine sonst nur wenig landesweite Bedeutung erheischende Landrätin in Fürth. Die Kündigung provoziert hat der Hausherr selbst.

Edmund Stoiber kehrte nach seiner Kandidatur als Bundeskanzler 2002 im Siegeszug nach Bayern zurück und wurde nicht nur mit einem weit überdurchschnittlichen Ergebnis in seinem bayerischen Stammland belohnt, sondern ein Jahr später bei den Landtagswahlen auch mit einer historisch nie dagewesenen Zweidrittelmehrheit der Wählerstimmen. Stoiber hätte weiter erfolgreich amtieren können, von allen geachtet und von vielen gefürchtet.
Aber der bayerische Landesvater überschätzte seine eigene Stärke. Lange zögerte er 2005, ob er überhaupt in die Bundespolitik wechselte und verspielte viele Sympathiepunkte, als er Angela Merkel letztlich hängen ließ. Eine klare Ankündigung seiner bundespolitischen Vorstellungen - Minister, Fraktionsvorsitzender oder eben weiter bayerischer Ministerpräsident -wäre notwendig gewesen, um seine Machtstellung zu erhalten. Lange war das Zögern auch nach den Wahlen und erst als die Große Koalition feststand, das fest das Stoiber Superminister für Wirtschaft werden würde. Eigentlich.
Aber eigentlich suchte er nur ein Sprungbrett und geriet damit auf die Rutschbahn, die ihn nun aus dem Amt befördern soll. Niemand hat verstanden, weshalb kurz vor Torschluss sich Stoiber aus dem von ihm zurechtgezimmerten Ministeramt wieder zurückziehen wollte. In Bayern liefen bereits die Diadochenkämpfe zwischen seinem treuen Sancho Pansa ErwinHuber und dem Innenminister Günther Beckstein und mussten dann abrupt gebremst werden. Nicht nur in der Partei hat Stoiber niemand verstanden, auch zwei bisher treue Vasallen hat er mit seinem Verhalten verprellt.
Stoiber war im Gegensatz zu Strauss und Streibl nie beliebt in der Partei, sondern geachtet und respektiert. Die Spitznamen - "Blondes Fallbeil" oder "Aktenfresser" - sprechen hier eine mehr als deutliche Sprache. Nur auf eine lange Karriere, sein daraus gewonnenes Wissen über die Fallstricke der Politik und die Intrigen seiner Partei ließen ihn lange unangreifbar erscheinen. Nun kursieren jedoch im Internet allerlei Files von seinen rhetorischen Unzulänglichkeiten, die zunehmend auch in der CSU gerne rumgereicht. Dies war schon immer, nur werden sie nun genüsslich herumgereicht. Stoiber hat deutliche Verschleisserscheinungen, die großen Vorhaben seiner Zeit sind gelaufen und Stoiber ist nur noch Verwahrer, kein Realisierer. Dies macht ihn angreifbar und dies macht ihn auch schwach.
Die Kraft der CSU in Bayern bestand nun immer darin, sich rechtzeitig zu erneuern. Stoiber hat den Wechsel von Streibl zu ihm nur deshalb geschafft. Zwar wird der Weg dahin schmerzlich für die Partei, aber auch dies ist nur eine Wiederholung der Geschichte. Aber: das wahre Problem ist, dass kein geborener Kandidat wie 1993 zur Verfügung steht. Joachim Herrmann, Horst Seehofer, Erwin Huber und Günther Beckstein stehen gleichermaßen in den Startlöchern. Sie werden es sein, unter denen sich die Macht verteilen wird. Mindestens einer wird dabei verlieren, den mehr als drei Ämter - Parteivorsitzender, Fraktionsvorsitzender und Ministerpräsident - sind nicht zu verteilen. Und so ist neben dem Zeitpunkt der Wachablösung auch die personelle Frage noch offen.

Und Stoiber? In Bayern ist man nie tief gefallen. Trotz seiner jetzigen Verhederung wird Stoiber nach einem grandios zelebrierten Abgang einen unruhigen Altersruhesitz haben. Nochmal in den Landtag gewählt, Aufsichtsratsmandate wahrgenommen und ähnlich wie Theo Waigel oder Max Streibl Ideengeber aus alten Tagen sein. Vielleicht kann er nach 1990 auch erneut als grand senior der Grundsatzdebatte die entscheidende Richtung geben. Als Alt-Ministerpräsident hätte er ausreichend Zeit dazu als seine sich positionierenden Nachfolger.


Und Gabriele Pauli? Für sie dürfte das alte Sprichwort gelten, dass man den Verrat aber nicht den Verräter liebt. Sie wird weiter Landrätin in Fürth bleiben, ob sie jedoch nach den nächsten Wahlen auch noch dem CSU-Vorstand angehört ist eher fraglich. Sie mag viele Stimmen in der Partei wiederspiegeln. Parteien mögen jedoch die Selbstinszenierung einzelner ihrer Mitglieder nicht. Zu stark sieht es danach aus, als suche Pauli die bundesweite Aufmerksamkeit, um als Davidine den Goliath Stoiber herauszufordern.


Literaturhinweis
Andreas Kießling: Die CSU . Machterhalt und Machterneuerung, Wiesbaden 2004
Andreas Kießling: Die CSU . Eine Einführung, Wiesbaden 2007 (i.E.)
Kay Müller: Schwierige Machtverhältnisse . Die CSU nach Strauß, Wiesbaden 2004

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