Monday, January 01, 2007

Kofi Annan


Mit dem Ende des Jahres 2006 hat sich eine Veränderung ergeben, die sich bereits seit einigen Jahren abzeichnete: Kofi Annan verläßt die Brücke der Vereinten Nationen.

Annan ist der Prototyp des globalisierten Managers gewesen. In Kumasi, der "Kulturhauptstadt" Ghana, geboren besaß er das Vorrecht der Geburts in eine herausgehobene Familie der Fante. Dies ermöglichte ihm ein Studium am Kumasi College of Science and Technology, in St. Paul und Genf sowie am MIT in Boston. Auch seine Ehen waren global: zunächst einer Nigerianerin und später die Nicht des schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg.
Annan lernte die UN bereits 1962 als Mitarbeiter der WHO in Genf kennen und stieg, nach einem Abstecher als ghanaischer Tourismusdirektor, Zug um Zug in der UN-Hierarchie auf.
In den 1990er Jahren wurde er schließlich in die Schlüsselposition des UN Peace keeping-System als Under Secretary berufen - und musste hier teilweise herbe Niederlagen einstecken. In seine Amtszeit fielen so das Massaker in Ruanda, der verlorene Kampf in Somalia und die traumatischen Kriegserfahrungen im früheren Jugoslawien. Gerade der Völkermord in Ruanda prägte Annan nachhaltig, da es ihm nicht gelang, die UN-Truppe auszurüsten und so das Massaker zu stoppen. Frankreich schlug den Interahamwe und Impuzamugambi den Fluchtweg nach Zaire (DR Kongo), die UN selber und mit ihr Annan stand dem machtlos gegenüber. "Nie wieder" war dann auch einer der zentralen Formeln für Annans weitere Arbeit.

Seine Amtszeit als UN-Generalsekretär war von den USA zunächst angesetzt, um ein Reformprogramm durchsetzen. Die Clinton-Adminstration hielt Annans Vorgänger Bhutros-Ghali für zu schwach, um die UN nachhaltig zu reformieren und zu effektivieren und setzte mit aller Macht Annan durch. Und er hielt zunächst, was für Erwartungen in ihn gesetzt wurden: er legte eine Reformagenda auf, die die UN-Struktur nachhaltig verändern sollte. Die Generalversammlung sollte strategische Vorgaben machen, die Entscheidungsfähigkeit des Generalsekretariats gestärkt werden. Auch die Hauptorgane sollten neu austariert werden und die UN-Generalversammlung zum höchsten Entscheidungsorgan werden, was eine Abschwächung der Position des UN-Sicherheitsrates bedeutet hätte. Und es sollten neue (ständige) Mitglieder in den Sicherheitsrat aufgenommen werden.
Mit der Milleniums-Erklärung setzen Annan einen weiteren Meilenstein in der Armutsbekämpfung. Die Reduzierung der Armut auf die Hälfte war ein ehrgeiziges Ziel, welches Annans Vermächtnis bleiben wird.
Aber ihm stand auch die Stärkung der Regionalorganisationen nahe. Obwohl selbst Afrikaner redete er erstmals in der Geschichte den Vertretern seines Geburtskontinents ins Gewissen und unterstützte damit auch die Nepad-Initiative des südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki. Die Menschenrechte sind keine ureigene Erfindung des Westens, so sein Credo. Sie müssten auch in Afrika als ureigene Ziele anerkannt und umgesetzt werden. Nur so sei eine langfristige Entwicklungsstrategie möglich. Die Afrikaner nahmen sich dies zu Herzen: DR Kongo, Nigeria, Togo, Sudan sind nur einige Beispiele für die neuen Initiativen zur Konflikteindämmung, bei der Afrika erstmals in die maßgebliche Rolle hineinwuchs.

Zur Höchstform quasi lief Annan jedoch 2003 auf. Die USA, die ihn wenige Jahre noch inthronisiert hatten mussten nun erleben, dass Annan auch eigene Gedanken hatte und sich auch gegen die USA zur Wehr zu setzen wusste. Mit den Worten "Ich gehöre zu denjenigen, die glauben, daß es eine zweite Resolution hätte geben sollen" machte Annan nachhaltig deutlich, dass er den Irak-Krieg der USA für illegal hielt. Weitere Waffenkontrollen hätten zutage gefördert, dass der Krieg nicht gerechtfertigt wäre - mit ebenjener Begründung, die die USA lieferten.

Und was bleibt damit von Annan: Er hat die UN selbstbewußte gemacht und sie als eigenständigen Akteur in der internationalen Politik verankert. Während die UN früher vor allem als Handlanger der Supermächte USA und Sowjetunion galten, gilt sie heute als eine der höchsten moralischen Autoritäten, denen auch die USA nur bedingt sich entziehen kann. Es bleibt zu hoffen, dass Annan Nachfolger Ban Ki-moon aus Korea ein ebenso lautstarker Generalsekretär wird.

Kofi Annans Stellungnahme zur Illegalität des Irak-Krieges, FAZ.net, 16. September 2004
„Sankt Annan“, Weltwoche, 2004, Nr. 40 - Ausführlicher Artikel über Kofi Annan und seine Amtsführung

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