Tuesday, October 09, 2007

Ein Fussballspiel erregt die Politik


Wahrscheinlich wäre das Fussballspiel Israels gegen Deutschland der U21-Nationalmannschaft ziemlich unauffällig abgelaufen, hätte nicht ein Spieler seine Teilnahme abgesagt. Der Spieler Ashkan Dejagah ist wohl eher etwas unbedarft in eine politische Falle getapst, aus der ihm einige jetzt einen Strick drehen wollen und die genau in die etwas aufgeheizte Stimmung des Nahost-Konfliktes zu passen scheint.

Dejagah ist in Teheran geboren, besitzt die iranische und die deutsche Staatsbürgerschaft und ist Mitglied der U21-Nationalmannschaft. Für das Spiel gegen Israel hat er sich von der Teilnahme befreien lassen, aus persönlichen Gründen. Womit Dieter Graumann recht hat, ist dass der Eindruck entstehen könnte, mit Juden spiele man nicht - aber auch nur könnte. Betrachtet man die Hintergründe, so liegen die Ursachen für die Absage Dejagah bei einem Feld, welches er nicht beeinflussen kann.
Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad ist erklärtermaßen, um es vorsichtig auszudrücken, ein Gegner des Staates Israel (in dem nicht nur Menschen jüdischen Glaubens leben) und möchte dieses am liebsten von der Landkarte getilgt haben. Nun hat jenes Unikat diese Haltung erst dann angenommen, als er innenpolitische Probleme bekam mit der Umsetzung seines Wahlprogramms. Zu Recht stellen sich Politiker jeglicher Coleur vor Israel und betonen dessen Existenzrecht und die Unterstützung Ahmadinedschad ist selbst in der arabischen Welt nicht sonderlich gross, den spätestens seit dem Friedensplan des saudischen Königs ist der Weg frei zur Normalisierung der Beziehungen zwischen den einstigen Kriegsfeinden. Und dass Mahmud Ahmadinedschads Unterstützung selbst im Iran schwindet, zeigen die Studentenproteste der vergangenen Tage.
Ein Ausfluss der Haltung des sonderlichen iranischen Präsidenten ist jedoch, dass er iranischen Staatsbürgern Wettkämpfe mit israelischen Sportlern schlicht verbietet und ihnen andernfalls Konsequenzen androht. Iranische Sicherheitsbehörden sind nun nicht wirklich bekannt dafür, sonderlich zimperlich vorzugehen und so kann man sich ausdenken, dass dies für die Betroffenen kein sonderliches Vergnügen wird.

Was nun kann Dejagah dafür? Nichts.
Aber er hat noch Familie in Teheran und sein Bruder spielt unter anderem dort auch Fussball. Dejagah's Familie wäre nicht die erste, die dafür bluten muss, kann man dem eigentlichen "Übeltäter" nicht habhaft werden. Deshalb mag es zwar richtig sein, dass Israel wie auch Deutschland alles für den Schutz von Dejagah während seines Aufenthaltes in TelAviv und später auch in Deutschland tun wird. Dies kann dem Natinalspieler jedoch die Angst um seine Familie im Iran nicht nehmen. Wird also jetzt gefordert, der DFB müsse Konsequenzen aus Dejagah's Verhalten ziehen, bleiben zwei Möglichkeiten: man nimmt hin, dass seine Familie anstatt seiner Opfer des Regimes wird oder man bietet der gesamten Familie politisches Asyl an. Letzteres wurde bezeichnender Weise bislang von keinem Politiker propagiert.
Das Dejagah die Haltung des iranischen Präsidenten teilt oder auch nur in die Nähe des Antisemitismus zu rücken ist, ist bislang nicht bekannt. Lediglich die Boulevardzeitung für anerkannt schlechten Journalismus hatte den Spieler in ein solches Licht zu rücken versucht, ohne ihn auch mit entsprechenden Äußerungen zitiert zu haben. Dejagah und der DFB hatten von privaten Gründen gesprochen. Und Nationaltrainer Eilts, Sportdirektor Sammer oder DFB-Präsident Zwanzinger zu unterstellen, sie würden antisemitische Gründe dulden, ist schlicht an den Haaren herbei gezogen. Man kann dem DFB und Dejagah lediglich unterstellen, eine schlechte PR betrieben zu haben.

Man merkt aber, dass man mit Deutschlands Verhältnis zu Israel immer noch hohen politische Wellen verursachen kann. Friedbert Pflüger, ehemals Hoffnungsträger der Berliner Union und jetzt Fraktionsvorsitzender im Abgeordnetenhaus sieht scheinbar neue Möglichkeiten und äußert sich:
„Das ist unmöglich und völlig inakzeptabel. Sonst fängt jeder an, sich auszusuchen, gegen wen er nicht spielen will. Wir dürfen den Sport nicht politisieren.“
Was Pflüger jetzt dabei scheinbar nicht merkt ist, dass er genau zur Politisierung des Sports beiträgt. Und auch die Äußerungen der sonst hochgeschätzten, hier jedoch über das Ziel hinausgeschossenen Präsidentin des Zentralrates der Juden, Charlotte Knobloch, passen in dieses Schema:
"Wer wie der deutsch-iranische U21-Nationalspieler Ashkan Dejagah ein Länderspiel gegen Israel verweigert, handelt zutiefst unsportlich, denn gerade sportliche Wettkämpfe werden friedlich, respektvoll ausgetragen und überwinden politische Spannungen."
Beiden - und den anderen aufgeregten Rufern - wäre es besser angestanden, die Schuld für Dejagah's Verhalten bei dem eigentlich Schuldigen zu suchen, der auf den Namen "Mahmud Ahmadinedschad" hört. Dejagah ist der falsche Adressat, der sich um die Sicherheit seiner Familie Gedanken gemacht hat. Dass diese Befürchtungen berechtigt sind, zeigen nicht nur die Iran-Berichte von amnesty international und Human Rights Watch, sondern höchstamtlich auch der Menschenrechtsbericht des Auswärtigen Amtes.

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