Wednesday, October 25, 2006

Deutschland hat Interessen

Als Bundesverteidigungsminister Jung heute das Weissbuch der Bundeswehr im Bundestag vorstellte, brach er erstmals in der deutschen Nachkriegsgeschichte ein Tabu. Schriftlich wurden die Interessen deutscher Außenpolitik dargelegt, wenn auch verklausuliert. Bislang wurde dies tunlichst vermieden, obwohl jedem bewußt war: sie gibt es. Sie zu nennen war aber nicht oportun, sie streng verdaulich zu behandeln schon.
In Deutschland wurde vergessen, dass nur wer seine Interessen und Ziele klar definiert und verdeutlicht, auch ein berechenbarer Akteur ist. Dies war zwar auch das Nachkriegsdeutschland, schon weil es zwischen den Alliierten eingeklemmt war. Aber man musste auf die Suche gehen, um die definierten Interessen zu finden.

Und was sind die deutschen Interessen?
Deutschland, dessen wirtschaftlicher Wohlstand vom Zugang zu Rohstoffen, Waren und Ideen abhängt, hat ein elementares Interesse an einem friedlichen Wettbewerb der Gedanken, an einem offenen Welthandelssystem und freien Transportwegen.
Was für den normalen Bürger etwas kryptisch daher kommt, ist in der politischen Sprache eine glasklare Definition. Es ist die Wohlstandssicherung im Inland, die über ein freies und effektives Handelssystem gewährleistet wird. Dazu, dies wird an anderer Stelle deutlich, sind im Zweifel auch militärische Mittel einzusetzen, Staaten zu befrieden und zu stabilisieren, Demokratie und Rechtsstaat zu entwickeln.

Nur eines ist bedauerlich. Das Auswärtige Amt, eigentlich für die Definition der deutschen Außenpolitik und der deutschen Interessen federführend zuständig, hat sich bislang nicht dazu durchringen können, in seinen Strategiepapieren diese auch zu nennen.

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