Sunday, November 18, 2007

Von Löwen und Lämmern


Ein deutscher General sagte im Ersten Weltkrieg, er habe noch nie so viele Löwen gesehen, die von so erbärmlichen Lämmern befehligt wurden. Es dürfte kein Zufall sein, dass dieses Zitat die Grundlage für den Film mit einer Starbesetzung von Meryl Streep, Robert Redford und Tom Cruise geworden ist und ähnliche wie Full Metal Jacket den Anspruch erheben wird, ein Anti-Kriegsfilm zu sein.

Drei Handlungsstränge: in Washington D.C. erzählt Senator Irving der Journalistin Janine Roth eine neue Strategie zum Sieg in Afghanistan, "koste es, was es wolle". Der Krieg gegen den Terror scheint nahezu alles möglich zu machen: Geld und Material spielen Rolle mehr. Die Presse soll eingespannt werden, "die Lösung" im Kampf gegen den Terror zu verkaufen, die Roth von Anbeginn wie ein Revival des Vietnam-Krieges vorkommt. Irving ist ein aufstrebender republikanischer Senator, dem es vor allem um die Präsidentschaft geht. Die Umfragewerte seiner Partei sind im Keller gelandet und seine Präsidentschaftskandidatur damit bereits gefährdet, bevor sie überhaupt begonnen hat. Exclusive erhält Roth die Informationen über die Offensive am Hindukusch und die scheinbaren Informationen über den Durchmarsch von Aufständischen aus dem Irak durch den Iran nach Afghanistan. Während der Senator erzählt, bekommt Roth bereits Zweifel. Zu sehr erinnert es sie an die Erfolgsmeldungen und Vorbereitungspropaganda von 2003.
In Kalifornien staucht zur gleichen Zeit der Politikprofessor Malley seinen Studenten Todd zusammen, dass dieser - obwohl ein begnadetes Talent - den Vorlesungen fernbleibt. Todd ist frustiert und vertritt die Ansicht, dass jedes Engagement ob in Politik oder im sozialen Leben nutzlos ist und keine Veränderung herbeiführt.
In Afghanistan wieder zu gleichen Zeit startet die Offensive, von der Senator Irving bereits erzählt hat Die GI´s Arian und Ernest erhalten den Auftrag, ein Bergplateau einzunehmen und von dort die Rebellen aus zu beobachten und zu vernichten. Auf dem Weg dahin wird der Hubschrauber angegriffen, beide Fallen verletzt heraus und werden von den Taliban angegriffen. Immer näher kommend hilft ihnen auch er Entsatz nicht mehr und sie lassen sich schließlich wie Helden stehend von den Taliban erschießen.
Die drei Episoden haben scheinbar nichts miteinander zu tun und sind doch auf feine Art miteinander verwoben. Dabei sind Arian und Ernest frühere Studenten von Professor Malley, die sich zum Entsetzen des Professors freiwillig für Afghanistan gemeldet haben und nun ihm Todd gegenüber dafür dienen, dass man etwas erreichen kann - wenn sich Malley auch schuldig füllt für den Weg der beiden Studenten.

Redford thematisiert in seinem Film Fragen rund um die ethische Verantwortung jedes Einzelnen, sowie die Glaubwürdigkeit von Politik und Medien. Im Falle des Senators kommen der Journalistin berechtigte Zweifel an der enthusiastisch vorgetragenen Strategie, denn sie weiß, dass der Senator gerne Profit daraus schlägt. Zu Recht bezweifelt sie die moralischen Grundsätze des Einsatzes und den Zweck der humanitären Hilfe. Cruise und Streep geben sich dabei ein ansehnliches Duell. Cruise passt perfekt in die Rolle des überzeugenden, charismatischen Politikers, der ständig versucht, seine Gesprächspartnerin mit Charme um den Finger zu wickeln. Streep überzeugt eher durch ihre Gestik und Mimik, die mehr spricht als tausend Worte. Auf jede Äußerung des Senators weiß sie gekonnt zu reagieren, ihre Blicke sprechen Bände. Sie muss am Ende den Konflikt mit sich austragen, die Story sofort zu senden und gegen ihre Grundsätze zu verstoßen oder zu schweigen, da sie nicht an das Gute dahinter glaubt. Zu oft hat sie es erlebt, dass die Medien für die Politik missbraucht wurden, nur um Profit zu schlagen. Am Ende unterliegt sie jedoch der Macht von oben, denn sie würde sonst
ihren Job und ihr Ansehen verlieren.
Das Gespräch zwischen Professor und Student dagegen versucht, einen durch die Medien und durch negative Erfahrungen abgestumpften jungen Mann wieder auf den richtigen Weg zu bringen und in das eigene Handeln mehr Vertrauen zu haben. Dr. Malley selbst war es, der die Studenten Arian und Ernest ungewollt dazu gebracht hat, sich als Soldaten zu melden, dabei hatte er ihnen nur vermitteln wollen, sich ein Ziel im Leben zu setzen. Ihr Tod beantwortet im Grunde die berechtigten Zweifel der Journalistin an dem Kriegseinsatz und unterstützen auch Todds Ablehnung jeglichen Engagements. Malley gelingt es jedoch, mit der Geschichte der Soldaten große Bewunderung bei Todd auszulösen und ihn darüber nachdenken zu lassen, seine Fähigkeiten wieder mehr zum Einsatz zu bringen. So hat zumindest diese Geschichte einen positiven Ausgang.
Mit Hilfe der drei Episoden zeigt Redford auf, wie groß die Manipulation der Medien auf jeden Einzelnen ist, wie wenig Wahrheit hinter groß aufgemachten politischen Kampagnen steckt und wie wichtig die eigene Courage ist. Die Bildung und Durchsetzung eigener Ideale und der eigenen Meinung ist ihm wichtig, doch gleichzeitig zeigt das Scheitern der Journalistin auch, wie sehr jeder einzelne im System gefangen ist.
Von Löwen und Lämmern regt zum Nachdenken darüber an, wie man selbst täglich manipuliert wird und wie sich das eigene Handeln auf die Umgebung auswirkt. Ein Film, der durch seine großartig agierenden Darsteller lebt und dessen Wirkung noch lange anhält.

No comments: