Monday, August 06, 2007

Sommerzeit ist Reisezeit ...

... dachten sich rechtzeitig zu Beginn der Sommerzeit einige Abgeordnete und dachte, was das Volk tut, dass können wir schon lange. Betrachtet man die Homepage der Pressestelle des Deutschen Bundestages, so stellt man schnell fest dass nach dem Motto gebucht wurde: je weiter Weg vom Berliner Alltag, je besser wird der Urlaub äh Sommer. Neuseeland, Australien, Brasilien und Argentinien aber auch Klassiker wie die USA und Canada stehen auf dem Programm (Die vollständige Reisedokumentation -->). Das bürgerkriegsgeplagte Columbien ist da schon eher die Ausnahme, wenn man sich auch fragt, ob zum festival de poesia unbedingt deutsche Abgeordnete auf Staatskosten und in offiziellem Auftrag auftauchen müssen.

Nun ist es durchaus legitim und richtig, dass sich Abgeordnete auch mal mit den Lösungen ausserhalb heimatlicher Gefilde beschäftigten. Allerdings fällt auf, dass die Themen der Reisen recht willkürlich gewählt sind. Der Haushaltsausschuss scheint dabei irgendwie allzuständig zu sein.
Im Mittelpunkt stehen Gespräche über die jeweiligen bilateralen Beziehungen im Bereich Wissenschaft und Forschung. Schwerpunkte dabei sind die Instrumente der Forschungsförderung sowie die Möglichkeiten der Hochschulfinanzierung.
Man muss sich die Augen schon zweimal reiben, wenn man dies wirklich verstehen will. Die Eigenbeschreibung des Ausschusses lässt weniger etwas über die Gestaltung der Hochschulpolitik vermuten:
Insofern ist der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages der "parlamentarischste" aller Ausschüsse: er kontrolliert die Ausgabenpolitik der Bundesregierung und berät federführend den alljährlichen Bundeshaushalt.
Aber auch das Programm des Abstechers auf die Chinesische Mauer macht eher Dein Eindruck einer netten Begleiterscheinung als eines Dienstbesuches:
Bei Gesprächen mit deutschen Nicht-Regierungsorganisationen, die auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe tätig sind, informiert sich die Delegation bei den chinesischen Partnerbehörden über die geförderten Projekte. Darüber hinaus sind Treffen mit dem Haushaltsausschuss des Nationalen Volkskongresses sowie Gespräche auf Ministerebene im chinesischen Handelsministerium und Außenministerium vorgesehen.
Unabhängig davon, dass man den ersten Satz schon einmal nicht versteht - bei deutschen NGO´s über die Arbeit chinesischer Partnerbehörden informieren, und dies in Peking - stellt sich die tatsächliche Frage, was die Jungs und Mädels wirklich wollen. Die Gespräche mit deutschen NGO´s wären in Berlin billiger zu haben.


Auch das Brasilien- und Argentinienprogramm des Finanzausschusses hört sich interessant an:
Sowohl mit Brasilien als auch mit Argentinien stehen Neuverhandlungen der Doppelbesteuerungsabkommen an, deren Ergebnis erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für deutsche Unternehmen hat.
Dies ist quasi der offiziöse Teil. Ob man für diese Feststellung aber unbedingt rund 10.000 Kilometer zurücklegen muss, dürfte hier eine mehr als berechtigte Frage sein. Aber die Abgeordneten sind fleissig:
Eine weitere Fragestellung steht in Zusammenhang mit dem zum 1. Januar 2007 in Deutschland in Kraft getretenen Biokraftstoffquotengesetz: Wie wirken sich Nachfrage und Besteuerung alternativer Kraftstoffe auf Produktionsstandorte aus? ... Die Delegation will sich hierzu auch vor Ort bei Bioethanol-Herstellern einen direkten Eindruck verschaffen.
Eigentlich sollte man doch meinen, man informiert sich vorher über die Folgen seines Handelns. Man könnte noch sagen: besser spät als nie. Aber es fällt doch auf, dass durch Betriebsbesichtigung eher weniger an den Tag tritt als durch gezielte Analyse der Situation. Davon steht jedoch weniger etwas auf dem Programm und dies wäre auch durch die Einschaltung entsprechender Fachexpertisen möglich gewesen.


Es fällt auf, dass gerade die Sommermonate genutzt werden, um touristische Ziele mit mehr oder weniger Rahmenprogramm garniert auszuwählen. Dabei will niemand bestreiten, dass Reisen bildet und dass auch für die Arbeit von Abgeordneten die eine oder andere Besichtigung im Ausland arbeitswichtig ist. Zahlreiche sind auch notwendig, will man die zahlreichen internationalen Verbindungen des Bundestages wie im Europarat, in der Nordatlantischen Versammlung oder der Interparlamentarischen Union nachkommen.
Ob es aber im "ausschließlichen Interesse des Deutschen Bundestages", wie es im Bericht des Präsidenten heisst, wirklich liegt, dass sich der Haushaltsausschuss mit Grundsatzfragen der Bildungsfinanzierung beschäftigt, ist eher fraglich. Auch die Reise einer siebenköpfigen Delegation zu einem lateinamerikanischen Kulturfestival - ohne Bezug zu Europa - ist eher dem persönlichen Interesse der Abgeordneten zuzurechnen als im Bundestags- und Wählervolkinteresse.
Das Problem jedoch: es besteht ein parteiübergreifendes Interesse an eben jenen touristisch attraktiven Reisen. Jeder will einmal und betrachtet man den Bericht des Bundestagspräsidenten genauer fällt auf: jeder kann auch mal. Am beliebtesten an den aussereuropäischen Zielen ist dabei die USA, Afrika selbst bei Entwicklungspolitikern eher auf den hinteren Plätzen. Und: je touristischer, je beliebter

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