Tuesday, June 05, 2007

Diktatoren vor Gericht: Charles Taylor


Als Liberia noch unter der Herrschaft Charles Taylors stand, konnte man gewiss sein, dass nicht nur Korruption das Land beherrschte, sondern auch ein Ausmass an bisher unvorstellbarer Gewalt. Die Gesellschaft war verroht und die Zukunft durch die Rekrutierung von Kindersoldaten einigermaßen verbaut. Zwischenzeitlich sieht das Land einer besseren Zukunft entgegen, auch und vor allem Dank Mama Ellen.

Taylor ist nun einer der ersten Staatschefs, die wegen ihrer Untaten vor ein Gericht gestellt werden. Wenn er auch derzeit noch nicht wegen den Kriegsverbrechen in Liberia, sondern wegen jener unsäglichen Einmischung in das Nachbarland Sierra Leone angeklagt wurde, ist es dennoch ein Anfang. Dabei wurden frühere Absprachen über ein Exil Taylors in Nigeria aufgekündigt. Ein wirklicher Frieden war bei den Opfern so nicht zu finden, die heute mit abgehackten Armen oder eben dem Trauma eines Mörders aus Kindheitstagen leben müssen.
Der Rechtsstaat in den sich entwickelnden Demokratie der westafrikanischen Staaten hat dennoch versagt: es ist auch mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft nicht möglich gewesen, die Verfahren in Freetown oder Monrovia zu führen. Vielmehr musste man nach Den Haag ausweichen, um die Stabilität der Länder nicht zu gefährden. Taylors Name sorgt in der Region immer noch für eine Polarisierung der Gesellschaft und so findet der erste Prozess gegen Taylor unter Ausschluss der heimischen Bevölkerung statt. Und es ersetzt auch nicht die Heranziehung der Tausenden Helfer Taylors, Sankohs und der anderen Kriegsverbrecher in Sierra Leone und Liberia und rund um den Erdball. Ob dies in den Ländern selber mittels einer "Wahrheitskommission" oder von ähnlich den Gajaca-Gerichten geschieht, ist dabei erst einmal zweitrangig. Aber die Gesellschaften brauchen auch ihren inneren Frieden - und dafür ist die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft sinnvoll und notwendig.

Taylors Prozess sendet jedoch ein Signal aus, welches schon beim Prozess gegen Saddam Hussein sichtbar wurde: Diktatoren sind nicht mehr imun. So wird bereits seit einiger Zeit um den Prozess gegen den früheren zentralafrikanischen "Kaiser" Bokassa gestritten. Und auch Idi Amin und Mengistu Haile Mariam sitzen noch genügsam im Exil, wenn sie sich auch nicht aus ihren Häusern trauen. Es bleibt also viel zu tun ...


Man muss an dieser Stelle auch mal ein Lob an unsere Weltexpertin aussprechen. In ihrer neuesten Äußerung hat sie sich erstmals in ihrer Karriere ganz ohne Expertenwissen - aber dafür um so gehaltvoller geäußert.


Lesehinweis:
Torsten Matzak: Bürgerkrieg in Liberia . Dimensionen der Gewalt in Zeiten der Theorien der "neuen" Kriege

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