Tuesday, May 23, 2006

Problematisches Parlamentsverständnis


Es ist zwischenzeitlich vollkommen unerheblich, welche der Fraktionen im Bundestag herausgegriffen und welches Thema herangezogen wird. Alle scheint ein Verhältnis zu plagen wo früher Selbstbewußtsein gegenüber den Regierenden herrschte.

Wahllos sei daher der Antrag 16/1421 herausgegriffen. Dort heißt es nach viel inhaltlicher Darstellung im Antragsteil schließlich:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf ... einen Gesetzentwurf vorzulegen, ...

Nach dem allseitigen Parlamentsverständnis ist es quasi die Königsdisziplin der Parlamentarier, Gesetze zu beantragen und beschließen. Daneben kommt es noch zur Regierungskontrolle, die eigentlich auch im Gesetzgebungsverfahren eine Rolle mit spielt. Die Väter (davon kann in diesem Fall nur gesprochen werden) der U.S.-Verfassung haben deshalb der Regierung nicht einmal ein Antragsrecht im Senate und House of Representatives eingeräumt. In Deutschland ist dies anders und dies ist Tradition so und ansich auch nicht schlimm.
Allerdings stellt sich doch beim Lesen solcher Anträger auf gravierende Weise die Frage, wieso die Regierung den Abgeordneten ein Gesetz vorlegen soll, was diese auch selber formulieren können. An fachlicher Fundierung fehlt es schließlich nicht - sind sie sich ihrer eigenen Qualifikation vielleicht nicht wirklich ganz sicher, steht ein gut etablierter Wissenschaftlicher Dienst beratend zur Seite.

Es scheint daher wohl in den deutschen Parlamenten eine gewisse Obrigkeitskultur ausgebrochen zu sein. Das frühere Selbstbewußtsein, was vielleicht heute am ehesten noch Christian Ströbele von den Grünen vertritt, die Liste der früher so agierenden Vollblut-Parlamentarier jedoch wesentlich länger ist, scheint verschwunden zu sein.
Man kann nur hoffen, dass die Parlamentarier in Berlin und anderen Landen wieder dazu zurückfinden, Gesetze zu gestalten und nicht abzuwinken. Und das die Zeit farbloser und inhaltsleerer Politik vorübergeht.

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