Monday, April 30, 2007

JungLiberale Außenpolitik


Wenn (Spitzen-) Politiker zur Feder greifen, so ist dies in der Regel etwas durchaus bemerkenswertes. Man erfährt unmittelbar, was der Kurs ist. Wenn jungliberale Politiker einen Gastbeitrag in Welt, einem der grossen Blätter dieser Republik, schreiben dürfen, so ist dies schon etwas besonderes. Johannes Vogel, derzeit Oberhaupt der 9.000er Truppe, hatte nun eine solche und beteiligte sich an der aussenpolitischen Debatte:

Liberale ohne außenpolitisches Leitmotiv
Die Überschrift versprach einen spannenden Beitrag aus dem Ressort "Sex and Crime". Suggerierte er doch, dass da einer mit seiner Partei abrechnete.

Fast 30 Jahre stellte die FDP den Außenminister. Den sicherheitspolitischen Herausforderungen des 21. aber scheint sie nicht immer gewachsen. Sie täte gut daran, ihre Kritik am Abwehrsystem der USA zu überdenken.

Der einleitende Absatz jedoch zeigt, dass alte Reflexe immer noch greifen. Quasi der Kampf links gegen Rechts, ohne zu hinterfragen, ob ein Abwehrsystem in der diskutierten Form und der Art und Weise der Umsetzung sinnvoll und stabilitätsfördernd ist.
Aufgabe der Opposition ist es, die parlamentarische Mehrheit zu kontrollieren. Als Regierung im Wartestand muss man aber auch deutlich machen, wofür man streitet. Nur so lassen sich gute Umfragewerte ausbauen und Wahlen gewinnen. Eine Domäne der FDP ist - schon alleine aus der Parteigeschichte heraus - die Außenpolitik.
Man merkt, da hat jemand die Grundlagenvorlesung "Politische Systeme" im Fach Politische Wissenschaften gehört. Aber richtig verinnerlicht hat er sich scheinbar nur bedingt, denn eine "Regierung im Wartestand" gibt es nur in Großbritannien. Ein Schattenkabinett hat selbst die FDP nicht, wenn sie auch zwischenzeitlich nur mehr ein Schatten ihrer eigenen programmatischen Vergangenheit geworden ist.
Und ein Politikressort als Domäne einer Partei zu bezeichnen ist dann doch etwas verwegen. Niemand käme auf die Idee, die Friedenspolitik als Domäne der PDS oder die Umweltpolitik als eine solche der Grünen verstanden zu wissen (höchstens diese selber).

Die sicherheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Birgit Homburger, hat das von der Bundesregierung vorgelegte „Weißbuch der Sicherheitspolitik“ zu Recht mit den Worten „In diesem Weißbuch ist keine gesamtpolitische Konzeption erkennbar“ kritisiert. Doch auch für uns Liberale gilt: Nur mit einem Blick für die Gesamtsituation können Fehlentscheidungen vermieden und die Regierung in die richtige Richtung getrieben werden. Welche Antworten gibt die FDP aber auf die aktuellen Fragen der Außenpolitik? Was sollte gerade liberale Außenpolitik auszeichnen?

Nun. Liberale Politik sollte vor allem auszeichnen, dass sie Politik ist. Aber hier hat man seit Jahren schon nichts mehr vernommen. Das Zweite, was liberale Politik sein sollte, ist, dass sie sich an Werten orientiert und Interessen formuliert. Aber insbesondere an letzterem Scheitern die Entertainer der deutschen Politik genauso wie der Rest des Parlaments.

Einigkeit über außenpolitische Werte

Deutschland kann und darf den Problemen der Welt nicht den Rücken zukehren. Das heißt aber, neben ökonomischen und sicherheitspolitischen Interessen auch für eine Verbreitung der Freiheit in der Welt Verantwortung zu übernehmen. Wir müssen daher zunächst auf europäischer und dann auf transatlantischer Ebene wieder Einigkeit darüber gewinnen, welche Werte unserer Außenpolitik zugrunde liegen. Gemeinsam müssen wir uns dann humanitären Katastrophen entgegenstellen und die Verbreitung von Menschenrechten und Demokratie vorantreiben.

Deutschland kann der (ganzen) Welt schon gar nicht den Rücken zukehren, ist es doch umzingelt von der Welt. Und was die Interessen anbelangt ist es spannend von einem deutschen (Entertainment-) Politiker zu hören, dass es solche gibt, im Gegensatz zu anderen Staaten dieser Welt lässt es aber auch die FDP seit Jahrzehnten vermissen diese auch nur ansatzweise zu definieren. Die Welt wird quasi im unklaren gelassen, rhetorisch der Rücken zugekehrt, was dieses Land überhaupt beabsichtigt.
Und die Werte? Die Waren selbst zu ärgsten Zeiten der NeoCon´s immer die Selben: Achtung von Menschen- und Bürgerrechten, Demokratie und Freiheit. Die NeoCon´s wollten sie lediglich auf eine andere Art und Weise umsetzen als die Mehrzahl der Europäer. Das war´s aber dann auch schon mit den Differenzen in den Grundsatzfragen.

Macht der Westen aktuell aber im Rahmen der Vereinten Nationen genug Druck auf die sudanesische Regierung und deren Unterstützer in China, um das Morden in Darfur endlich zu beenden? Wird Russland genügend in die Pflicht genommen, sich dem UN-Plan für die wohl unumgängliche Unabhängigkeit des Kosovo nicht in den Weg zu stellen? Unternimmt der Westen genug diplomatische Anstrengungen für den Aufbau von funktionierenden Zivilgesellschaften im nahen und mittleren Osten? Wohl kaum.
Die Frage ist wohl eher mit einem geballten JAIN zu beantworten. Ein "Wohl kaum." greift da ziemlich kurz und geht an den Realitäten arg weit vorbei. Medias res:
(1) Darfur: Die Regierungen in Karthoum und Pekingen sind die eine Sache. Aber da gibt es immer noch eine im Tschad, die von Frankreichs Elyseé gestützt wird. Man muss also gar nicht den ausgestreckten Finger betrachten, sondern die drei, die auf einen selber gerichtet sind. Dies ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite wäre, dass man dann auch bereit sein muss, einen Willen ausserhalb des UN-Sicherheitsrates umzusetzen und die Bereitschaft, Deutschlands Truppen international einzusetzen ist gerade bei der oben bereits erwähnten Frau Homburger auf den Null-Punkt gesunken. Also auch hier wieder die drei auf einen selber gerichteten Finger betrachten! Es ist im übrigen noch gar nicht dazu gekommen, Peking´s Regierung vor die Qual der Wahl zu stellen ... und dass auch die Einheitsregierung in Karthoum zu Zugeständnissen bereit ist, hat der quälend lange Friedensprozess im Süden des Landes gezeigt.
(2) Kosovo: Wer sagt denn eigentlich, dass das natürliche Ende des Kosovo in seiner Unabhängigkeit liegen muss. Eigentlich nur Herr Athissari und dies auch vor allem aus der Überlegung heraus, dass die UN-Truppen nicht dauerhaft für Ruhe sorgen können. Rein logisch betrachtet schreibt er nämlich ebenso, dass das Unabhängige Kosovo ebenso wie das Protektorat Kosovo ein dauernder Kostgänger der Weltgemeinschaft sein wird. Das dies nicht sonderlich staatsbildend ist, liegt auf der Hand. Insofern könnte der Widerstand Russland´s durchaus berechtigt sein und über neue Lösungen nachzudenken angebracht wie beispielsweise eine Vereinigung mit Albanien - schließlich die Titularnation der Kosovaren - und im besten Fall Mazedoniens, wo eine nicht unbeträchtliche Zahl von Albanern lebt. Aber vielleicht auch ein Staatenverbund mit Serbien unter Einschluss Albaniens und Mazedoniens. Die notwendige Anstrengung hierzu könnte sich langfristig bezahlt machen.
(3) Naher und Mittlerer Osten: Eigentlich sollte sich im Iraq gezeigt haben, dass es in den wenigsten arabischen Staaten überhaupt eine Zivilgesellschaft, ein Wortungetüm westlicher Prägung gibt. Selbst in so freien Gesellschaften wie Jordanien und Ägypten sind diese westlichen Denkmuster wenig ausgeprägt, wie Volker Perthes in seinen Orientalien Promenaden mal wieder hervorragend beschrieben hat. Das Wort des Pharao´s (oder eben des Königs) hat seinen Wert, der Rest zählt nichts. Wesentlich wichtiger wäre daher daran zu gehen, ein stärkeres Bild von Meinungs- und persönlicher Freiheit zu etablieren als eine neue Spielwiese der politischen Stiftungen aufzubauen.

Positive Bewertung des Raketenabwehrsystems

Aber auch für unsere eigene Sicherheit stellen sich neue Herausforderungen. Die FDP reduziert ihre Position in der laufenden Debatte um das Raketenabwehrsystem leider auf die Forderung nach europäischer Einigkeit und die Verhinderung eines „neuen Rüstungswettlaufs“ durch die Einbindung Russlands. Beides ist natürlich wichtig, schließlich darf die Antwort auf neue Bedrohungen nicht zum Wiederaufflammen alter führen. Viel zu kurz kommt bei uns Liberalen bisher aber die positive Bewertung des Systems selbst.

Da stellt sich die grundsätzliche Frage, ob ein System überhaupt positiv bewertet werden kann. In einer Zeit, in der zwischenstaatliche Kriege und die Bedrohungsperzeption für Europa eher die Ausnahme sind und stattdessen Smartbombs und Terroristen eine ernst zu nehmende Gefahr darstellen darf die zu Recht gefragt werden, ob grossangelegte und teure Abwehrsysteme überhaupt noch in die Zeit passen. Selbst Nordkorea verfügt nicht über die Technologie (und auch nicht über einen wirklichen Willen), Europa mit Raketen zu beschiessen. Auch Russland kann dies nicht vorgeworfen werden und der so viel beschworene Iran besitzt weder die Waffen noch den Willen. Auch wenn die USA und einige Entertainmentliberale das Mullah-Regime gerne zu axis of evils rechnen, muss dies noch nicht der Weisheit letzter Schluss sein.
Insofern: Auch die Entertainmentliberalen finden mal ein Korn und in diesem haben sie richtige gefunden.

Die Bedrohung durch einen nuklearen Iran ist eine andere als die des Kalten Krieges. Sicherheit durch Abschreckung funktioniert nicht bei unberechenbaren Akteuren. Dass die aktuelle iranische Regierung nicht immer verantwortlich agiert, hat die Geiselnahme von britischen Soldaten in den letzten Wochen erneut bewiesen. Müssen wir also im eigenen Sicherheitsinteresse nicht auch Vorkehrungen für den Fall treffen, dass diplomatische Bemühungen zur Verhinderung unkalkulierbarer neuer Atommächte scheitern könnten? Eine adäquate Antwort kann hier auch für ganz Europa ein funktionierendes Raketenabwehrsystem sein.
Da werden wieder einmal Äpfel mit Birnen verglichen. Denn was die "Geiselnahme" betrifft, so ist bis heute nicht eindeutig geklärt, wo diese überhaupt festgenommen wurden und dass es sich bei besagter Grenze um eine strittige Grenze handelt. Es könnte also durchaus der Fall sein, dass die Soldaten - wenn auch ohne Absicht - die von Iran angenommene Grenze überschritten haben. Lediglich die PR-Schlacht - auf beiden Seiten - ist dann noch kritisch zu hinterfragen.
Mit den Atomwaffen dürfte es sich dann wohl eher wie mit den WMD im Iraq des Saddam Hussein handeln. Oder noch schlimmer: jeder weiss es diesmal von vornherein, dass dergleichen Behauptungen schlicht die Grundlage fehlt. Der Bau eines Raketenabwehrsystems auf jener Basis steht damit nicht nur auf tönernen Füssen, sondern eher auf spanenen Füssen und droht schon beim Aufbau einzubrechen. Auch Deutschland hat sich hier eine Hysterie hingegeben, die nur mehr an die Unkenntnis des Landes in deutschen Politikerstuben erinnert als dem Willen zu ernsthafter Auseinandersetzung über legitime energiepolitische Interesse eines Landes (die der Iran zumindest schon einmal definiert hat).

Mehr Engagement in Afghanistan

Doch die außenpolitische Diskussion in Deutschland hat noch einen weiten Weg vor sich: Ist uns zum Beispiel wirklich klar, welche Verantwortung wir in den Vereinten Nationen für den Mittleren Osten und im Kampf gegen den Terrorismus übernommen haben? Die Nato steht in Afghanistan ganz offensichtlich an einem Wendepunkt. Entweder zieht sie sich auf mittlere Sicht zurück und überlässt das Land sich selbst oder sie intensiviert ihre Bemühungen und überarbeitet ihre Strategie.

Die Antwort dürfte einfach ausfallen: Nein, es ist der regierenden Klasse nicht bewusst. Und der Rest ist der Weisheit letzter Schluss.

Ersteres hieße, bei der Verbreitung der Freiheit in Afghanistans und der ganzen Region zu scheitern und dem Land zu erlauben, sich in einen Ausbildungsraum für Terroristen zurückzuverwandeln. Also muss man die zweite Alternative konsequent verfolgen. Das heißt zunächst aber, dass Deutschland zu zwei Einsichten kommen muss anstatt über abstruse Vorschläge zur Einbindung der Taliban zur diskutieren: Die zivilen Aufbaubemühungen und die Stärkung von staatlichen Strukturen zum Beispiel durch die Ausbildung und Ausstattung von Polizeikräften müssen erheblich erfolgreicher und effizienter werden als sie das bisher sind.
So schlecht ist Beck´s Vorschlag gar nicht. In dem man nämlich die Taliban an den Tisch des Dialogs holt, fehlt ihnen die Legitimation des Schiessens. Man nennt dies auch Re-Integration in die afghanischen Gesellschaftsstrukturen und nation building.

Aber auch um die militärische Komponente kommt man nicht herum. Der deutsche UN-Sonderbeauftragte Tom Koenigs tritt nicht ohne Grund für eine starke Nato-Präsenz und mehr Engagement der Europäer als bisher ein. Die Bundeswehr wird also bei der Unterstützung der Verbündeten im umkämpften Süden des Landes auch über die Tornados hinaus zunehmend dabei sein müssen. Hierüber offen zu reden, ist hierzulande mehr als überfällig. Es muss die Aufgabe liberaler Außenpolitik sein, in dieser Debatte klar für die deutsche Mitverantwortung in Afghanistan Partei zu ergreifen.
Das ist auch der erste wahre Satz in dem ganzen Beitrag ... aber ob der Vorsitzende der Spassjugendorganisation dafür den nötigen Rückhalt hat, ist doch fraglich. Beschäftigt sich seine Organisation doch bereits seit Jahren mehr damit, wie sie den richtigen Spassfaktor fabriziert als ordentliche Politik zu kreieren.

Umbau der Bundeswehr

Die Frage des Einsatzes der Bundeswehr führt unweigerlich auch zu einem letzten Thema: In der jüngeren Vergangenheit wurde viel über knappe Kapazitäten, mangelnde Ausrüstung und veraltete Strukturen der Bundeswehr diskutiert. Sicherheit gibt es nicht kostenlos; es ist inakzeptabel, das Leben von Soldaten leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Darf der Schluss daraus dann aber der Rückzug aus internationaler Verantwortung sein? Oder muss die Folgerung nicht viel mehr der konsequente Umbau der Bundeswehr zu einer schlanken, flexibel einsetzbaren und gut ausgebildeten Truppe ohne Wehrpflicht sein?

Allerdings müssten dazu mal die Konzeptionen wieder hervorholt werden. Schließlich gab es schon einmal einen Sonderparteitag und später auch das Votum für die Freiwilligenarmee. Daraus hat die Spassfraktion der deutschen Politik jedoch bislang nichts gemacht.

Deutschland steht in der Außenpolitik vor allem diplomatisch vor großen Herausforderungen. Die liberale Gesamtkonzeption hierfür sollte aber klar sein: Ein roter Faden der Freiheit ist das Leitmotiv, dass aller deutschen Außenpolitik zugrunde liegen muss. Es ist Aufgabe der FDP, für dieses Leitmotiv engagiert zu streiten.
Betrachtet man jetzt den SPD-Programmentwurf so könnte man meinen, da beschreibt einer die Leitgedanken der Sozi´s. Oder auch der anderen Parteien im Bundestag. Die nehmen allesamt für sich in Anspruch, dass die Freiheit ihr roter aussenpolitischer Faden ist. Was jedoch seit dem Abgang der letzten Aussenpolitiker eines Schlages Kinkel oder Irmer fehlt ist ein Gesamtkonzept anstatt ein Lavieren (übrigens auch der Jungen Liberalen, deren Antragsbücher im außenpolitischen Spektrum immer dünner geworden sind).

Das Problem ist doch nicht ein nuklearer Iran, genauso wenig wie ein nukleares Isreal, ein nukleares Indien, ein nukleares Pakistan, ein nukleares Nordkorea, ein nukleares Südafrika. Das Problem ist die ungenügende Einhaltung von Nichtverbreitungsverträgen. Anstatt also an den Symptomen herumzudoktorn einen Raketenschirm zu bauen, würde ich lieber wissen wollen, wie die Nichtverbreitung in Zukunft sichergestellt werden soll?

Gute Frage. Einerseits müsste man dazu erstmal zwei Fehler in der Denke aufklären. Nach offizieller Lesart ist weder Israel noch Südafrika ein Nuclearstaat. Während dies für Südafrika zutrifft, ist dies bei Israel nicht der Fall und wer dies in diesem Land anspricht hat sich umgehend einigen Ärger eingebrockt (und darf noch nicht einmal in die Nähe einer ausländischen Botschaft seinen Fuss setzen).
Was einen jedoch mehr wundert ist, dass oben für jenen Raketenschirm so intensiv geworden wird und dieser selbige an dieser Stelle für irrelevant erklärt wird. Aber um die Frage zu beantworten: so schlecht war das Nichtverbreitungsregime gar nicht aus dem Mix an dem Verzicht auf den Besitz von A-Waffen und der Kontrolle. Es haben jedoch zwei Dinge gefehlt: die Teilnahme beispielsweise Israels oder Indiens an diesem Vertragsregime und die Kontrolle auch der westlichen Staaten. Während zu erstererem es nun die vornehmste deutsche Aufgabe sein kann, beide Länder von einer Vertragsunterzeichnung zu überzeugen, würde letzteres zu einer erhöhten Akzeptanz seitens viele Entwicklungs- und Schwellenländer führen.

Auch ansonsten fehlen mir klare Aussagen: Was soll die Bundeswehr denn machen, wenn sie endlich eine "schlanke, flexibel einsetzbare und gut ausgebildete Truppe ohne Wehrpflicht" ist? Wo sind die deutschen Interessen? In Afrika? In Asien? Im Nahen Osten? Wie stark soll die deutsche Außenpolitik in der EU integriert sein? Wie stark in der UN? Unterstützt die FDP einen permanenten Sitz der BRD im UN-Sicherheitsrat? Wie soll das Verhältnis zu den USA sein? Wie zu Russland und China? Soll Deutschland in Zukunft mehr auf hard power setzen oder auf soft power? Das Auswärige Amt stärken oder das Verteidigungsministerium? Die Goethe-Institute oder die Investitionen in die Entwicklung von Militärtechnologie?

Manchmal hilft ein Blick in das eigene Parteiarchiv: während beispielsweise der Gottvater liberaler Außenpolitik der 1990er Jahre, Klaus Kinkel, für einen ständigen deutschen UN-Sitz plädierte, waren die Jungen Liberalen immer dagegen. Vielmehr sprachen sie sich für eine "Egalisierung" des UN-Sicherheitsrates aus. Die Konzepte liegen also vor und müssen nur aus der Schublade gezogen werden.
Was die Interessenlage anbelangt wäre es in der Tat mal ein Donnerschlag, wenn sich eine Partei dazu aufraffen würde, diese auch zu definieren. Dazu gehört jedoch immer noch Mut, da aussenpolitische Interessen immer noch mit Revanchismus und Nationalismus gleichgesetzt werden. Also nur zu.
Und zuguter Letzt: wieso sollte das AA gegenüber dem Verteidigungsministerium gestärkt werden, oder eben umgekehrt. Beide Ressorts haben ihre spezifischen Aufgaben und sieht man einmal von einer Eingliederung des BMZ in das AA - eine altbekannte liberale Forderung - ab, so ist die Kräfteverteilung durchaus austariert. Und eine inhaltliche Auseinandersetzung hat noch nie geschadet. Es ist also ein Problem erkannt worden, welches überhaupt nicht existent ist.

Bevor die FDP wieder den Außenminister stellt, sollte sie sich also nicht nur über die aktuellen Fragen der Außenpolitik Gedanken machen, sondern auch über die grundsätzlichen.

Dies ist wohl war. Dazu müsste sie jedoch auch erst einmal wieder fähige Aussenpolitiker besitzen, die nicht nur vermeintliches Expertenwissen zum besten geben, sondern konzeptionell denken.


PS: Was für die Aussenpolitik der Entertainment-Opposition gilt kann getrost auch für den Rest des Programm- und Personaltableaus gesagt werden.

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