Monday, December 12, 2005

Eine Sau wird durchs Dorf getrieben

Der frühere Innenminister Kanther (heute nicht mehr ganz wohl beleumundet) meinte einmal, die Deutschen hätten die Angewohnheit, alle viertel Jahre eine neue Sau durchs Dorf zu treiben. Im übertragenen Sinne hat die Sau diesmal einen Namen: Gerhard Schröder.

Man kann mir eigentlich nicht vorwerfen, dass ich ein besonderer Anhänger unseres Alt-Kanzlers bin. Aber die Aussagen des Vorsitzenden einer kleinen Berliner Oppositionspartei - gestern noch habe ich von ihm an dieser Stelle gesprochen - gehen dann doch wirklich etwas an der Realität vorbei. Denn wenn man Gerhard Schröder vorwerfen wöllte, er wöllte sich "sein politisches Amt versilbern" lassen, so müsste man ihm doch eine gehörige strategische Meisterleistung unterstellen, die ungefähr so aussehen würde: Gerhard Schröder heckt gemeinsam mit Franz Müntefering im Mai den Plan aus, die NRW-Wahlen zu verlieren und stellt dann die Vertrauensfrage. Da das gesamte Pipelineprojekt noch nicht unter Dach und Fach ist, muss er so tun, als will er in den Wahlen Regierungschef bleiben, verliert aber - natürlich gewollt - ganz knapp die Wahlen. Quasi als Schauspiel für seine eigene Partei gibt er den Don Testosteron ...
Nun ist Gerhard Schröder sicher ein Meister seiner Darstellung, aber so viel strategische Meisterleistung ihm zu unterstellen, ist wohl dann doch etwas zu viel des Guten.

Aber die Debatte lenkt insgesamt auf die Frage, was dürfen (ehemalige) Politiker: sind sie auf Dauer mit ihrem früheren Job verhaftet oder dürfen sie wie jeder sonstige Bürger dieses Landes ihre Berufswahl (ihm Rahmen der Gesetze) danach frei wählen. Ich denke eher letzteres und diejenigen, die sich gerade so furchtbar aufregen, vergessen darüber nachzudenken, dass sie irgendwann mal in eine ähnliche Situation gelangen könnten. Es gibt genügend Gesetze in diesem Land auch gegen unlauteren Wettbewerb, gegen Insidergeschäfte und sonstige unschöne Dinge. Lassen wir es dabei ...

Zurück zum Vorsitzenden dieser kleinen Berliner Oppositionspartei: ob jener Herr jemals in die Situation eines Gerhard Schröder gelangen wird?

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