Friday, December 30, 2005

Die Liebe und das Vaterland

Susanne Osthoff ist entführt worden. Nach ihrer Befreiung hat sie sich nicht der deutschen Pressemeute gestellt, sondern ist an einen unbekannten Ort mit ihrer Tochter zusammengekommen.

Nun will sie zurück in den Irak, weil sie dort ihre zweite (oder auch erste) Heimat gefunden hat. Und prompt fällt die deutsche Presselandschaft über sie her. Warum: weil sie die Projekte fortsetzen will, die sie begonnen hat. Hier wird Undankbarkeit und das eingehen unkalkulierbarer Risiken vorgeworfen. Eigentlich müßte man ihre Arbeit begutachten - wie sonst nur wenige bemüht sie sich um die Erhaltung von Kulturgütern in einem Land, welches auch als eine der Wiegen der Zivilisation - Mesepotamien - gilt.
Aber wo liegt das eigentlich Problem. Alle hatten erwartet, dass sie sich nach ihrer Befreiung - die immerhin drei Wochen eine leicht befüllbare Zeitungsseite garantiert hat - allen in Deutschland erzählt, wie sie sich gefühlt hat. Verweigert sie sich, ist sie zum Abschuß freigegeben.

Nein. Susanne Osthoff ist nicht leichtsinnig. Aber sie hat einen Sinn dafür, begonnenes auch abzuschließen. Und im Gegensatz zu einigen leichtsinnigen und vergnügungssüchtigen Touristen, die vor einigen Jahren in Algerien entführt wurden, ist sie nicht zum vergnügen im Irak. Nach allem, was von ihr bekannt ist, hat sie im Irak eine Heimat gefunden - die niemand so schnell verlassen kann und will.
Der Vorwurf, sie verhalte sich unpatriotisch - Die Zeit - ist deshalb auch fehlgeleitet. Sie hat sich bislang nicht zu ihrer Heimat Deutschland geäußert und schon gar nicht in eine Reihe mit der 68er Generation gestellt. Sie hat nie auf den Staat in Deutschland gepfiffen und dieser Staat hat sich in seiner selbstverständlichen Fürsorgepflicht Frau Osthoff angenommen - sie hatte selbst gar nicht die Gelegenheit, darum zu bitten.

Und deshalb kann es nicht kritisiert werden, dass Frau Osthoff in den Irak zurückkehrt. Vielmehr sollte ihre Arbeit unterstützt werden - das Auswärtige Amt geht nunmehr den entgegengesetzten Weg.

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