Der internationale Luftverkehrsmarkt ist seit rund zwei Jahren in stetiger Bewegung und wird vor allem die drei Networks
Star Alliance,
One World und
Sky Team weiterhin auf Trapp halten. Bereits in den vergangenen Jahren hatte es hier eine Konzentration gegeben und mit dem Erwerb von
Swiss durch
Lufthansa einen vorläufigen, jedoch nicht endgültigen Höhepunkt gefunden.
Weitere Konzentrationen zeigen sich vor allem in Südeuropa mit der spanischen Linie
IBERIA und der italienischen Staatsairline
Al Italia ab. In beiden Fällen ist noch im ersten Halbjahr mit einer endgültigen Entscheidung zu rechnen und so lohnt es sich, die beiden Carrier etwas näher zu betrachten. Obwohl beides nationale Ikonen der Souveränität darstellen, stehen sie zum Verkauf und könnten in ihrer Entwicklung nicht unterschiedlicher sein:
Staatscarrier zum VerkaufWährend die
IBERIA ein Unternehmen ist, welches auf dem Linienverkehr zwischen Europa und Lateinamerika eine dominierende Marktstellung besitzt, kann
Al Italia eine ähnliche Position vielleicht nur noch im inneritalienischen Luftverkehr vorweisen. Auf keinem Sektor in der Luftfahrt besitzen die mailändische Linie eine wirklich starke Stellung. Neben den hohen wirtschaftlichen Lasten ist dies einer der Gründe, warum sich Italiens Regierung so schwer tut, den Staatscarrier zu plazieren.
Dies wirkt sich jedoch auch in der Bündnispolitik beider Airlines aus.
IBERIA ist bei
ONE WORLD ein wichtiger Player, während
Al Italia im
SkyTeam aufgrund der früheren Übernahmepläne von
Air France / KLM vor allem geduldeter Mitspieler ist.
Während der Verkauf von
Al Italia eher vor sich hindümpelt und noch am Widerstand der Gewerkschaften zu scheitern droht, ist der Run auf Iberia zwar nicht übermässig, aber dennoch vorhanden. Sowohl
British Airways wie
Lufthansa als auch ein Finanzkonsortium haben Interesse angemeldet. Während Spaniens Staatssymbol somit wohl erhalten bleibt und auch wirtschaftlich recht gesund ist, bleibt die Zukunft der Italienischen ungewiss. Einigen sich Regierung und Gewerkschaften nicht auf einen Verkauf und den Willen zur Sanierung, wird Italien wohl bald ohne einen nationalen Carrier dastehen. Bereits beim Konkurs von Swissair hat sich gezeigt, dass dies nicht nur ein unternehmerisches Problem, sondern auch für die Seele des Landes ein nur schwer verdaubarer Brocken ist.
Air One kann dies nicht ersetzen, wird es doch nicht wirklich mit Italien in Verbindung gebracht. Wie bei
Swiss International kann die Pleite daher zwar einen Neuanfang bedeuten, aber auch die schweizerische Nachfolgevariante konnte letztlich nur durch die Übernahme durch Lufthansa bestehen und sich wirtschaftlich erholen. Für Mitarbeiterschaft und Land stellt aber ein Konkurs einen der tiefsten Eingriffe dar, so dass die Gewerkschaften gut beraten wären, es nicht soweit kommen zu lassen - auch wenn eine nationale Lösung immer unwahrscheinlicher wird.
Für
Air France / KLM würde die Übernahme der Italiener den weiteren Ausbau ihrer
in house-Alliance Sky Team bedeuten. Bereits heute gehört mit
Air France,
KLM und
Northwest Airlines drei Mitglieder - mehr als ein Viertel - zu einem Konzern. Mit
Al Italia würde sich dieser Trend weiter verstetigen, zumal bei
Delta - dem grössten U.S.-Partner - immer wieder Gerüchte über einen Verkauf an
Star Alliance-Mitglied
United Airlines auftauchen. Air France / KLM setzt hier vor allem auf wirtschaftlich schwächere Partner, die es dominieren kann und so die Oberhand behält. Das Unternehmen ist damit jedoch auch anfälliger, bei Fehlentscheidungen die Lasten allein zu tragen und noch immer ist der Luftfahrtmarkt nicht soweit stabilisiert, dass sie neuerlichen Gefährdungen wie Terrorismus, Kriegen oder Krankheiten wirklich gewachsen wäre.
Netzwerkstrategie auf dem VormarschIn 2007 konnte sich auch das grösste Netzwerk
Star Alliance stärken und hat seinen Wett
bewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenten weiter ausgebaut. Obwohl die brasilianische
Varig nach den Turbulenzen im vergangenen Jahr im Januar 2007 aus dem Netzwerk ausgeschieden ist und damit die Anbindung an den südamerikanischen Markt stark gelitten hat, konnte die Star Alliance in einem anderen Sektor weiter Boden gutmachen: mit dem Beitritt von
Air China und
Shanghai Airlines sind zwei Linien aufgenommen worden, die die Hubs Peking und Shanghai kontrollieren und eine dominante Stellung in China selbst besitzen. Mit 19 globalen und drei regional-europäischen Mitgliedern, davon sechs in Asien, hat es zwischenzeitlich eine Stellung erreicht, bei der von nahezu jeden Ort der Welt erreicht.
Mit der avisierten Aufnahme von
Turkish, Egypt Air und
Air India sowie weiteren Verhandlungen mit
Ethiopian und dem russischen Netzwerk
AIR Union sind auch in den kommenden Jahren die Zeichen auf Wachstum gestellt. Während mit
Air India in den immer wichtigeren Markt des indischen Subkontinents gegangen wird, besitzt auch die Partnerschaft mit
Egypt Air und
Ethiopian eine strategische Komponente, um im afrikanischen Markt einen Hub oberhalb Johannesburg (
South African Airways) zu haben. Dieser hat bislang gefehlt und damit auch der Zugang nach West- und Ostafrika.
Star Alliance hat zudem Kontakte zu den Gulf Airlines -
Lufthansa unter bereits ein Codeshare-Abkommen mit
Gulf Air und einige Star Alliance-Mitglieder mit
Etihad und
Emirates - sowie zu australischen Virgin Blue konnte das Streckennetz auch in diesem Sektoren bald das globale Netz noch weiter stärken. Kann die
Lufthansa bei der spanischen
IBERIA einsteigen und kommen Bündnisse mit der (neuen)
Varig und
Taca zustande, wäre Star Alliance nicht nur das größte Netzwerk weltweit, sondern hätte auch ein unschlagbar dichtes Streckennetz geknüpft.
Gerade Lufthansa ist hier bestrebt, neben der reinen Luftfahrt den Netzwerkgedanken auch auf andere Bereiche auszudehnen. Im Cargo-Bereich war sie eine der Intiatoren von
WOW und auch die technischen Bereiche werden fit für eine Zusammenarbeit unter Führung des Lufthansa-Konzerns gemacht.
Erstaunlich an dieser Entwicklung ist, dass vor allem der
Star Alliance ein solcher Ausbau gelingt, während
One World und
Sky Team - nach der Aufbauphase 2000-2003 - weitgehend auf der Stelle treten. In beiden Allianzen sind nur wenige Global Player vertreten und mit elf Mitgliedern auch regional sehr beschränkt. Es ist auch keine Strategie erkennbar, diese Partnerschaften weiter auszubauen und die Integrationstiefe der Star Alliance auch nur annähernd zu erreichen.
Es wird daher spannend zu sehen, welche Strategie die erfolgversprechenste ist:
Star Alliance globale Strecken- und Integrationspolitik, die Strategie von
KLM / Air France zur Bildung einer quasi in house-Alliance im Rahmen des
Sky Team oder die nur bedingte Kooperation unter dem Dach von
One World.