Tuesday, September 01, 2009

Neustart und Standortwechsel


Längere Abstinz, geschuldet einigen anderen privaten Projekten, hat dazu geführt, dass hier seit April etwas Ebbe herrschte. Nicht, dass es nicht interessante Themen gab. Aber der Tag hat nun einmal nur 24 Stunden.

PolitikDialog nutzt den Neustart, um auch umzuziehen. Wer also zukünftig wieder "Ungefiltertes zum Tagesgeschehen und den allgemeinen Befindlichkeiten" lesen möchte, ist eingeladen mitzuziehen - zu Wordpress. Dort kann ich einige neue Tools verwenden, die eine bessere Gestaltung und mehr Hintergrund ermöglichen.

Tuesday, March 24, 2009

Spiel und Spass mit ARCOR


Der Slogan der Deutschen Telekom lautete lange: "We connected people". Wird man bei ARCOR Kunde, so scheint es, hat es sich damit mit dem Kontakt zum Kunden getan und die Kommunikation funktioniert nur noch in eine Richtung: dem Rechnungswege. ARCOR ist nicht mehr erreichbar, selbst bei gravierenden Problemen.
Wer schon einmal eine Rechnung bei einem Telekommunikationsunternehmen versucht hat zu reklamieren, kennt die Problem. Irgendwann bekommt man aber selbst im besten Unternehmen jemand an die Strippe, nicht so bei ARCOR, the disconnected company. Hier wird man auf die BlackBox, ARCOR nennt dies auch "Kundenservice" mit der Rufnummer 0181070010 zum stolzen Preis von 14 ct pro Minute verwiesen (nur als Neukunde kommt man in den Genuss einer kostenlosen Hotline - ein Schelm, wer Schlimmes dabei denkt). Die Mitarbeiter dort sind bemüht, aber regelmässig ahnungslos und das man den selben zweimal an die Strippe bekommt gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Aber mit wem soll man dann wirklich ernste Probleme besprechen? Also nimmt man info@arcor.de (die übrigens nicht mehr offiziell angegeben wird) und versucht dort sein Glück. Eine Rückmail kommt, aber auf den eigenen Sachvortrag wirklich eingegangen? Fehlanzeige! Allgemeines BlaBla und unterzeichnet mit "Mit freundlichen Grüssen Ihr Arcorteam". Und damit man ja auch nicht antwortet lautet die Absenderadresse "noreply@accor.de". Kunde stumm, Problem gelöst? Mit nichten.
Irgendwann ruft dann sogar jemand von Arcor an, aber Vorsicht: ist man nicht erreichbar, steht als Absender 0181070010 - und wer hat jetzt einen sprechen wollen? Kommt die Dame dann doch einmal durch, wollte sie mit mir doch glatt die Sache besprechen. Aber aber, die Hoffnung, dass sie zuvor den zwischenzeitlich doch recht umfänglichen Schriftverkehr über info@arcor.de und noreply@accor.de gelesen hätte - die Hoffnung war dann doch etwas zu viel. Man wolle schliesslich erst einmal mit dem Kunden sprechen, bevor man das Problem löst. Das Gespräch war dann rasch beendet wegen Zeitverschwendung.

Nächster Versuch: Meist hilft ein Schreiben an den obersten Boss von solchen etwas aberwitzigen Firmen. Herr Joussen hat sogar eine Adresse, eine richtige mit Briefkasten. Und jetzt ruft doch glatt eine Dame - Nicole Holzstamm - an und weist mich zunächst einmal darauf hin, dass sie in einer ganz speziellen Abteilung für ganz spezielle Kunden arbeitet. Ihr Boss, Frank Pätzold, ist schliesslich Leiter "Complaint Fixed Net" - übersetzt man dies wörtlich so was wie "Festes Beschwerdenetz". Man kommt sich hoch geehrt vor, nur sollte man wohl eher sagen: Kundenabwimmelabteilung.
Erreichbar - naja fast - unter 0201 5077938. Aber nicht für jeden, sondern man sollte vorher freigeschalten werden. Und bitte die Kundennummer bereithalten, auch wenn die Leute hinter der Leitung damit nix anfangen können.

Aber was war denn nun das eigentlich Problem dieses eigentlich einmal für seinen guten Kundenservice gelobten Anbieters: Zunächst hatte man für die Geld dafür verlangt, dass man überhaupt eine Rechnung zugesandt bekommt. Na gut, egal - Email reicht auch.
Aber dann beschneidet man das Recht des freien Zahlungsverkehrs noch und verlangt für Überweisungen zusätzlich Kohle. Begründung von Nicole Holzstamm und Frank Pätzold: durch "einen Überweisungsvorgang zusätzliche Kosten entstehen". Ja welche Bitte ...
Also ARCOR verlangt quasi für Selbstverständlichkeiten eine gesonderte Gebühr. Na Prost Mahlzeit. Aber nicht etwa, dass dem Kunden dies auch ordentlich mitgeteilt wird ... nö, mit nichten. Man geht einfach davon aus, der Kunde wirds schon irgendwie mitbekommen.

Arcor hat einen neuen Leitspruch: "We disconnected people". Klasse Telefonfirma, its time to change.

Friday, March 20, 2009

Kavellerie und Indianer

Man kann dem deutschen Finanzminister Peer Steinbrück viel vorwerfen. Dass er um eine gute Metapher jemals verlegen wäre, wäre jedoch mehr als ungerecht. Gerade in der Schweiz und Liechtenstein hat er mit seinem Kampf gegen die Steueroasen immer wieder für Unmutsäusserungen gesorgt und er kann sich auch die Ehre zurechnen, dass nur wegen ihm zweimal der deutsche Botschafter in Bern in das dortige Aussenministerium einbestellt wurde. Vor Jahresfrist meinte er bereits hinsichtlich der "Schwarzen Liste" der EU zu den sogenannten Steueroasen: "Wir müssen nicht nur das Zuckerbrot benutzen, sondern auch die Peitsche." Was damals klang wie die Erziehung eines ungezogenen Kleinkindes (die Peitsche natürlich nur im übertragenen Sinne), wurde nun etwas militärischer:
"Es hat nie eine schwarze Liste gegeben. Es ist nur ein Instrument gewesen, um die Indianer in Angst und Schrecken zu versetzen."
Und obwohl er quasi zur persona non grata in der Schweiz erklärt wurde, kann man ihn nicht als ganz erfolglos bezeichnen. Schliesslich hat der Stamm der Indianer - Helveter - prompt reagiert und die Kavallerie blieb daheim.

Thursday, March 19, 2009

Mission Weltverbesserung


Wenn ein Regierungsmitglied zur Feder greift, dann sollte man immer genau hinhören. Ganz besonders in Zeiten von Grossen Koalitionen und Wahlkämpfen. Diesmal war es Gernot Erler, bis 2005 aussenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und zwischenzeitlich Staatsminister im Auswärtigen Amt. Diese haben nicht immer so viel zu tun und deshalb auch immer wieder die Zeit, ein Buch zu schreiben.

Erler befasste sich mit nichts anderem als der "Mission Weltfrieden", der deutschen Rolle in der Weltpolitik. An einer solchen Mission sind bereits andere gescheitert und selbst in egrenzten Konflikten wie dem Nahen Osten war es zuletzt Josef Fischer, der zwar eine angestrengte Pendeldiplomatie vollführte, aber in letzter Konsequenz gescheitert ist.
Zumindest hätte man jedoch erwarten können, dass Erler ein paar Konzepte beiträgt, welche Rolle Deutschland in der Welt spielen sollte. An einer konzeptionellen Aussenpolitik fehlte es im Auswärtigen Amt nämlich bereits seit längerem - exakt 2005. Aber auch hier wird der Leser enttäuscht, sondern ihm wird eine Rechtfertigungslitanei rot-schröderschen Aktionismus präsentiert. Da wird die Rede von Goslar immer noch als ultima ratio verkauft, obwohl sich der damalige Bundeskanzler viele Monate vor der eigentlichen Entscheidungen und ohne Konsultation selbst mit seinem Aussenminister als ernsthafter Gesprächspartner auskickte. Ein Wahlkampfgag, der die deutsch-amerikanischen Beziehungen nachhaltig beschädigte. Da wird ernsthaft versucht zu behaupten, dass der russische Präsident vom Kaukasus-Abenteuer im August 2008 vom georgischen Präsidenten Sakaschwili überrascht wurde und vollkommen unschuldig in diesen Konflikt geschlittert ist. Da wird nicht im Ansatz versucht, die Theorie des "lupenreinen Demokraten" zu korrigerieren.

Und auch sonst gerät der Ritt durch die Weltpolitik eher dürftig als gelungen. Erler bleibt schuldig, wofür er und wofür seine Partei steht. Das Buch zeigt sehr eindrucksvoll, dass die sozialdemokratische Partei ihre aussenpolitische Kompetenz, die sie noch zu Zeiten der Bundeskanzler Brandt und Schmidt zweifelslos hatte, am Gaderobenhaken der Regierungsbeteiligung 1998 abgelegt hat.

Saturday, February 28, 2009

Gewerkschaft der Königinnengatten


Derzeit redet alles von der Wirtschaftskrise. Das es auch anders gehen kann, haben die schwedischen Royals um Carl Gustav und Sonja gezeigt: kaum war die Nachricht der Saab-Pleite verkündet, verkündete das Stockholmer Hofamt die Hochzeit der Kronprinzession an und schlug damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Schweden wurden vom Saab-Schmerz durch das royale Hochzeitshochgefühl befreit und die europäische Yellow Press bekommt eine auflagenfördernde Geschichte. Man könnte in Deutschland fast schon neidisch werden, dass wir keinen Kaiser oder wenigstens einen König mehr haben. Bei einer Föderalisierung des Königswesens kam es quasi regelmässig zu Hochzeitsnachrichten und das Konjunkturpaket würde sich von ganz allein schnüren lassen.

Die Süddeutsche hat das Hochamt des europäischen Adels zum Anlass genommen, einmal über die neuen Aufgaben des Daniel Westling nachzudenken: "Meine Aufgabe ist es, die Kronprinzessin bei ihrer wichtigen Arbeit für Schweden zu unterstützen." Ob Prinz Daniel dem Vorschlag seinen dänischen Amtsbruders beitritt, ene Gewerkschaft zu gründen ... man wird es wohl erst nach einige Zeit sehen.

Thursday, February 26, 2009

Testbild ZDF


Wer derzeit in die Medienseiten der deutschen Presse schaut könnte annehmen, dass hier der Weltuntergang bevorsteht. Beim ZDF steht eine Personalentscheidung an und derzeit gibt es exakt einen Bewerber für den Posten des Chefredakteurs: der Amtsinhaber Nikolaus Brender. Dem geneigten Publikum ist der noch bekannt, wie er sich mit dem gewesenen Bundeskanzler Gerhard "Don Testosteron" Schröder am Tag seiner Niederlage rumärgern musste. Er hat das gut gemeistert, hat ihm Konter gegeben und von Parteipolitik keine Spur.
Nunmehr steht die Verlängerung des Vertrages an und hierzu muss der Intendant einen Vorschlag machen und das Einvernehmen mit dem Verwaltungsrat des ZDF herstellen. Hier scheint die eigentliche Krux zu liegen, denn der Stellvertretende Vorsitzende Roland Koch, im Nebenberuf hessischer Ministerpräsident, hat angekündigt, sich gegen diese Personalie zu stellen. Soweit die Fakten, sie sind unwidersprochen und dürfen wohl deshalb als Tatsachen angenommen werden.

In der vergangenen Woche haben sich nun einige leitende Mitarbeiter des ZDF der Chefredaktion für den Verbleib ihres Chefs im Amt ausgesprochen. Dieser Vorgang ist zwar eher ungewöhnlich, aber es wäre auch nicht der Erste seiner Art. Der Wortlaut ist es aber dennoch, denn sie werfen dem Verwaltungsrat Koch nichts anderes vor, als diese Funktion mit der des Ministerpräsidenten Koch zu vermischen - unzulässigerweise wohlgemerkt:
Gerade im Jahr der Bundestagswahl ist Distanz zu den Parteien unverzichtbar, um die Glaubwürdigkeit der journalistischen Leistungen im ZDF nicht in Verruf zu bringen und unsere Unabhängigkeit zu bewahren. Es wäre ein schwerwiegender Eingriff in die Rundfunkfreiheit, wenn Ihr Vorschlag abgelehnt würde. Der ZDF-Verwaltungsrat ist dem Ansehen des ZDF als unabhängigem Medienhaus und nicht den Interessen einzelner politischer Gruppen verpflichtet. Für die Berufung des ZDF-Chefredakteurs dürfen einzig und allein die Kriterien der persönlichen Integrität, professionellen Qualität und journalistischen Unabhängigkeit gelten.
Mag der Vorgang zwar ungewöhnlich, aber nicht aussergewöhnlich sein, so ist es der Inhalt jedoch schon und auch eher an der Sache vorbei. Er zeigt jedoch, wie sehr sich zwischenzeitlich Journalisten ein Sonderrecht in dieser Republik herauszunehmen glauben können. Denn Koch begründet seine Ansicht in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mehr unternehmerisch als parteipolitisch begründet:
Wenn die Verträge von leitenden Direktoren auslaufen, hat der Verwaltungsrat die Aufgabe, die Entwicklung in den Arbeitsbereichen zu prüfen. Und da haben eine Reihe von Verwaltungsratsmitglieder – auch ich – Fragen gestellt. Diese Fragen betreffen nicht, wie öffentlich kolportiert wird, parteipolitische Zusammenhänge, sondern die betreffen ganz handfest: Wie hat sich die Informationssparte des ZDF in den letzten sieben, acht Jahren entwickelt? Können wir im Wettbewerb mit anderen damit zufrieden sein? Und die Frage ist auch, wie ist das innere Klima in den Redaktionen beim ZDF? Ist da genug Freiheit und Kreativität vorhanden? Oder besteht die Möglichkeit, durch eine andere Leitung neue Impulse zu setzen? Das ist wahrlich keine illegitime Diskussion, sondern Aufgabe des Verwaltungsrates.
Man muss diese Diskussion mit ein paar Fakten beginnen, und die sind sehr bitter. „Heute“ hat seit 2002 26 Prozent seiner Zuschauer verloren. 2008 wurden wir erstmals von „RTL aktuell“ überholt, liegen also hinter „Tagesschau“ und der RTL-Sendung nur noch auf Platz 3. Das hätte sich vor fünf Jahren sicher kein Mitarbeiter des ZDF vorstellen können. Das „Auslandsjournal“ hat heute 56 Prozent weniger Zuschauer, der „Länderspiegel“ 16 Prozent. Das „Heute Journal“ hat 10 Prozent weniger Zuschauer - im Gegensatz dazu haben die „Tagesthemen“, die ja keinen privilegierten Sendeplatz haben, ihre Zuschauerzahl halten können. Es ist die Pflicht des Verwaltungsrates, solche Negativentwicklungen zu erörtern. Und es ist unsere Aufgabe, nicht jede Debatte über diese Fragen als eine politische oder gar parteipolitische diskreditieren zu lassen. Denn um eine solche Debatte geht es bei der Vertragsverlängerung des Chefredakteurs auf gar keinen Fall.
Natürlich wäre es blauäugig anzunehmen, Koch würde seine parteipolitische Zunge in einer so heiklen Frage offen tragen. Was er jedoch vorbringt, sind durchaus Gesichtpunkte, die bei einer Vertragsverlängerung in jedem Unternehmen eine zentrale Rolle spielen. Man mag nun über ein Zehntelprozent hin oder her streiten, in der Sache hat Koch jedoch die Fakten auf seiner Seite. Insbesondere das Auslandsjournal ist zwischenzeitlich so oft von einem zum nächsten Sendeplatz verschoben worden, dass es mit einem Zuschauerverlust von 59 Prozent noch recht gut bedient ist. Neben dem Intendanten ist hier vor allem der Chefredakteur verantwortlich, im Zweifel besitzt er hausintern nicht genügend Gewicht, um eine solche Fehlentwicklung zu verhindern.
Nimmt man die Kommentare ernst, so sind die Gremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nach Ansicht der Journalie nur noch Abnickgremien: der Intendant schlägt vor und der ZDF-Verwaltungsrat darf "JA" sagen, ein "NEIN" ist nicht zulässig - da generell in dem Verdacht stehen, parteipolitisch motiviert zu sein. Dann sollte man dies jedoch auch gleich abschaffen und nur noch dem Intendanten das Entscheidungsrecht überlassen. Denn eine Entscheidung ohne die "NEIN"-Möglichkeit ist keine Entscheidung und geriert damit auch keine Verantwortung.

Es ist deshalb absurd, Koch vorzuwerfen, er stelle die Staatsferne des ZDF in Frage, wie der hessische SPD-Vorsitzende (und selbsternannte deutscher Barack Obama) Thorsten Schäfer-Gümbel schwafelt. Koch hat sogar die Pflicht genau die Qualifikationsfrage zu stellen und jeder, der sich mit der Frage der Personalauswahl einmal näher beschäftigt hat, kennt dabei die Schwierigkeiten und die unterschiedlichen Ansicht. Man kann Brender die Schuld dafür geben, man kann es den allgemeinen Umständen anlasten. Dies ist Ansichtssache jedes einzelnen Verwaltungsrates. Dieser in seiner Gesamtheit hat jedoch eine Verantwortungsentscheidung - keine Abnickentscheidung - zu treffen. Brender ist wieder andere ZDF-Journalist Unternehmensmitarbeiter und muss sich im Zweifel den Entscheidungen der Unternehmensgremien beugen. Die Journalie ist hier keine Ausnahme, auch wenn sie sich gerne als vierte Gewalt sieht.

Wednesday, February 25, 2009

Die SPD und der Irrtum


Der Satz der Woche kommt diesmal von dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Treffend äusserte er sich auf der Aschermittwochsveranstaltung der CSU:

"Irren ist menschlich. Immer irren ist sozialdemokratisch."

Wednesday, February 04, 2009

Deutscher Carrier auf Expansionskurs


Lufthansa müsste man sein, denken sich derzeit so manche Unternehmer land auf und land ab. Für 2008 erwartet der Konzernvorstand ein operatives Ergebnis von rund 1,3 Milliarden €. Von diesem Ergebnis schwärmen derzeit nicht nur die arg gebeutelten Vorstände der Finanzbranche, sondern auch zahlreicher anderer Branchen dieser Welt.
Der Vorstand könnte sich quasi wie auf einem Ufo fühlen, hat er doch in den vergangenen Jahren fast alles richtig gemacht und wächst dabei kräftig. Selbst angeschlagene Luftfahrtkonzerne wie die skandinavische SAS hoffen zwischenzeitlich darauf, dass Lufthansa bei ihnen einsteigt.
Der halbstaatlich in Dänemark, Norwegen und Schweden betriebene Konzern gilt seit längerem als Kandidat für eine Übernahme durch die Deutsche Lufthansa (handelsblatt.de, 3.2.2009)
Aber nicht nur übernahmereife Kandidaten - nach Swiss zwischenzeitlich auch BritishMidland und BrusselsAirline - kommen in das Blickfeld der Premiumairline. Obwohl sie für Alitalia zumindest zeitweise ein Interesse zeigte, baut Lufthansa auch das eigene Streckennetz in Italien aus und gründet mit LufthansaItalia eine Tochter, die in einem grossen Luftfahrtmärkte Europas das dortige Duopol aus Alitalia und AirOne aufbrechen soll. Das dieser Dienst - unter originärer Lufthansa-Flugnummer - kein reiner Zubringerdienst ist, zeigt das Streckennetz, welches neben München, Frankfurt/Main und Zürich auch Barcelona, Heathrow oder Paris umfasst.
Malpensa wird damit zwar kein viertes Drehkreuz, aber den Italienern wird nicht das Gefühl gegeben, ein reines Anhängsel im grossen Lufthansa- und StarAlliance-Verbund zu sein. Klaus-Ulrich Garnardt daher auch:
„Zum ersten mal in der Geschichte der Lufthansa starten wir mit einer neue Airline außerhalb Deutschlands. Das unterstreicht unser Vertrauen in die Stärke des italienischen Marktes und zeigt, wie groß unser Rückhalt und unsere Kundenbasis in diesem wichtigen Markt sind. Zugleich ist es ein Beweis dafür, dass Lufthansa auch unter schwierigen Rahmenbedingungen ihren erfolgreichen Kurs beibehält und die Präsenz im ‚Heimatmarkt Europa’ weiter festigt.“
Aber auch die Lutfhansa-Welt ist nicht ganz frei von Sorgen. Eine der wichtigsten ist die derzeitige wirtschaftliche Situation. Sie schränkt Geschäftsreisen eher ein, wer Angst um seinen Job hat, spart zunächst an den variablen Kosten und hierzu zählen vor allem Geschäftsreisen.
Die zweite wichtige Baustelle bleibt die österreichische Fluglinie Austrian. Wie bereits bei SWISS International stehen auch bei dem StarAlliance Partner aus Wien die Zeichen auf Sparkurs und - mittelfristig - auf Einstellung des Geschäftsbetriebes, wenn nicht dringend etwas passiert. Lange haben sich die Österreicher nicht mit dem Gedanken anfreunden können, dass sie von dem grossen Bruder im Norden geschluckt werden. Die AUA ist ein Nationalsymbol und dieses in deutscher Hand - auch wenn kurrioserweise von dem Österreicher Mayerhofer geführt - zu wissen, treibt jedem in Österreich quasi die Nackenharre in die Berge.
Zwischenzeitlich hat man sich in Österreich dazu durchgerungen, wird der Einstieg dennoch erschwert: durch die Europäische Kommission und durch zahlreiche Kleinaktionäre. Das sie damit die Existenz des österreichischen Carriers auf Spiel setzen und damit auch das gut ausgebaute Streckennetz nach Osteuropa, scheint einigermassen egal zu sein. Die nächsten Wochen werden daher entscheiden, ob Österreich weiter am internationalen Luftverkehr teilnehmen kann oder nicht.
Eine dritte Baustelle bleibt der amerikanische Markt. Zwar ist mit JetBlue nunmehr Lufthansa dort direkt präsent, aber das ausgebaute Netz von United und US Airways bleibt unverzichtbar, um den Gesamtmarkt bedienen zu können. Nachdem bei beiden Airlines die Fusionsgespräche mit unterschiedlichen Partnern gescheitert sind und traditionell die U.S.-Airlines eher am Defizitmaximum fliegen, bleibt es dort bei einem unsicheren Kantonisten, der erst saniert und gegebenenfalls ebenfalls in den deutschen Konzern teilintegriert werden muss. Und auch in Südamerika ist nach dem Wegfall von Varig die Suche nach einem Partner innerhalb der StarAlliance schwierig geblieben.

Mayerhuber bleibt trotz der Probleme scheinbar auch in diesem Jahr auf Erfolgskurs. Die Gewinne werden vielleicht ein wenig zurück gehen, aber weiterhin stabil bleiben. Nur ein Problem hat er: sein Personal. Zwischenzeitlich auf immer mehr Interessenvertreter verteilt, befindet sich der Konzern in nahezu ununterbrochenen Tarifverhandlungen und jede einzelne Gruppe kann das Kerngeschäft - Fliegen - verhindern. Derzeit sind es die CabinenCrews, die 15 Prozent mehr Gehalt verlangen - vertreten von UFO. In einigen Monaten kommt verdi wieder und dann fehlen auch die weiteren Berufsgruppen.
Es stellt sich daher die Frage, ob den Erfolgskurs der Lufthansa nur noch die eigenen Mitarbeiter stoppen können. Dies aber dann auch nachhaltig.

Auf den Mund geschaut


Andrea Nahles ist eine intelligente Frau und als sie 1995 bei den Jusos das Rude übernahm ahnte noch niemand, dass sie einmal eine grosse SPD-Karriere vor sich hatte. Als sie mit Oskar Lafontaine zwei Jahre später rockte, schon eher: sie hatte die bösen Jungs bei den Jusos zum Schweigen gebracht.
2005 schliesslich hatte sie Franz Münteferings Amtszeit als Parteivorsitzender rasch beendet - und ihre ebenfalls. Zumindest vorerst, den heute schreiten beide Seit an Seit. Und als stellvertretende Parteivorsitzende hat sie dem Spiegel 6/2009 ein Interview gegeben, dessen wichtigste Zitate hier nicht unkommentiert gelassen werden sollen:

SPIEGEL: Die größte Show liefert meist die SPD mit ihrer Zerstrittenheit untereinander. Nahles: Wir haben zurzeit eine Geschlossenheit in der SPD, wie wir sie lange nicht erlebt haben. ...
Manche Sozialdemokraten scheinen dann doch schon froh zu sein, wenn die Mäkelei am Vorsitzenden nicht sofort nach zwei Monaten einsetzt. Ob dies nun jedoch auch der Wähler so sieht, dass dies schon Geschlossenheit ist ...
Nahles: ... Was ist denn mit Frau Merkel? Ist das die deutsche Antwort auf Obama? Kann die reden? O Gott, o Gott. Ich werde ganz grantig, wenn ich ihren Regierungserklärungen zuhören muss.
Eigentlich zwingt Frau Nahles niemand, Frau Merkel zu zu hören. Sie kann gerne gehen und manche würden wohl vieles dafür geben, dass die SPD-Nervensäge dies dann doch endlich tut. Ihre Äusserung zeigt jedoch viel, mit welchem freien Mandat sie vor drei Jahren die Kanzlerin wählte ...
Nahles: ... Nebenbei zeigt sich im aktuellen Politbarometer ja schon, dass die Stimmung nicht in Richtung Union läuft und auch nicht in Richtung Linspartei.
Also das aktuelle Politbarometer zeigt vor allem, dass die SPD seit Dezember letzten Jahres bei 26 Prozent verharrt und die Verluste der CDU zugunsten der FDP gegangen sind. Und der Verlustprozentpunkt der PDS ist bei den Grünen gelandet. Daraus einen Aufwärtstrend zu konstruieren, gelingt lediglich Frau Nahles.
Nahles: Die Linke ist auf dem absteigenden Ast. In der Krise sehen wir, dass die Leute denen nicht vertrauen. Ich sage immer: Die Menschen geben ihr Sparbuch lieber Peer Steinbrück als Oskar Lafontaine.
Was den Abstieg der PDS betrifft, siehe oben. Was das Sparbuch betrifft, würde ich dies eigentlich beiden nicht anvertrauen, ohne Unterscheidung.

Tuesday, February 03, 2009

Simbabwe, auf ein neues


Simbabwe hat in den letzten wenigen Jahren so ziemlich alles durchgemacht, was den Absturz von der Musterdemokratie im südlichen Afrika zu einem bettelarmen Staat ausmacht: einen despotischen Diktator, Hyperinflation, Wirtschaftsniedergang und Nahrungsmittelrationierungen und zum Schluss auch noch eine Choleraepidemie.
Im letzten Jahr schien es, als hätte die Bevölkerung das Ende erreicht. Unter dem damaligen südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki, dem lange Zeit ein untätiges Zuschauen in seinem Nachbarland vorgeworfen wurde, wurde ein Abkommen zur Machtteilung zwischen dem Wahlsieger Morgan Tsvangirai und dem Langzeitpräsidenten und eigentlichen Verlierer der Präsidentschaftswahlen Robert Mugabe unterzeichnet. Eigentlich ein Angronismus, aber doch ein Hoffnungsschimmer. Die wirkliche Macht hätte bei Ministerpräsident Tsangirai gelegen und dies war wohl auch der Grund, warum Mugabe letztlich mit kleinen Nadelstichen wie dem Bestehen auf die wichtigen Ressorts für Sicherheits- und Aussenpolitikfragen in seiner Hand dieses Abkommen unterminierte. Zurück auf Null, den Tsangirai wurde gleichwohl nicht nur die Ausübung des Ministerpräsidentenamtes verwehrt, sondern ihm wurden erneut Reisebeschränkungen auferlegt und seiner Partei MDC Steine in den Weg der Meinungsäusserung gelegt.
Mbeki hatte zwischenzeitlich selbst alle Hände voll zu tun, um seine Macht in Südafrika zu erhalten und war daher auch nicht in der Lage, sich um Mugabe zu kümmern. Als er im September 2008 durch einen Richter im Verfahren gegen seinen Rivalen Zuma das Präsidentenamt schliesslich verlor, war der letzte Politiker, der gewillt und befähigt war, auf Mugabe Einfluss zu nehmen, nicht mehr existent.

Mugabe erfreute sich ungedrossen seiner Macht, den sah es nach dem Frühjahrsabkommen noch so aus, dass er diese Stück für Stück verliert und seinen Alterssitz bezieht, hat er sich zwischenzeitlich vollständig restauriert. Die frühere Kolonialmacht Grossbritanien hatte zwar unter dem früheren Premier Blair einmal einen Ansatz unternommen, um Mugabe zu entmachten. Mit dem Machtwechsel sind diese Bemühungen jedoch erloschen.
In der Weltgemeinschaft gibt es derzeit zuviele "frühere" als gegenwärtige, die sich für den weiterhin-Diktator wirklich interessieren. Als Mugabe auf dem diesjährigen ZANU-PF-Parteikongress meinte sagen zu müssen ""Ich werde niemals nachgeben, Simbabwe gehört mir" waren die Protest-Depechen zwar schnell schrieben, aber wirklich etwas geschehen ist letztlich nicht. Morgan Tsvangirai, Wahlgewinner und eigentlich-Präsident, steht seit Monaten auf recht verlassenem Posten da, ein König ohne Land.
Zwischenzeitlich ist das Land nahezu am Ende: Nicht nur, dass die meisten Farmer das Land Richtung Zambia, Südafrika oder auch Mocambique verlassen haben und die mangelnde Erfahrung schwarzer Farmer zu katastrophalen Ernteausfällen geführt hat. Zwischenzeitlich wurde die Bevölkerung auch von eine Cholera-Epedimie befallen, von der der Präsident trotz Tausender Kranker und Hunderter Toter behauptet, sie sei Vergangenheit in seinem Reich der Finsternis. Nur mühsam gelang es Hilfsorganisationen, überhaupt in das Land zu kommen und eine Mindestversorgung zu garantieren. Der Zusammenbruch der Infrastruktur macht dies jedoch nur zu einer vorübergehenden Notmassnahme, deren Nachhaltigkeit nur durch ein Abtreten Mugabes und die Rückkehr zu einem geordneten Staatswesen möglich wäre. Die Hoffnung schwindet, dass dies geschieht, bevor nicht auch der letzte Simbabwer entweder gestorben oder ausgewandert ist.

In all dem Chaos fällt es eigentlich schon gar nicht mehr auf, dass in dem Land ein neuer Rekord fröhlich Urständ feiert: eine Inflation von 231 Millionen Prozent im Jahr hatte selbst Deutschland 1923 nicht erlebt; und dies sind nur die offiziellen Zahlen. Bereits im vergangenen Jahr wurden 10 Nullen gestrichen und gestern noch einmal 12. Man kann darauf warten, dass über kurz oder lang Zimbabwe auch im Nullenstreichen reif für das Guiness-Buch ist (wenn noch jemand überhaupt dann streichen kann).

Es wird langsam Zeit, dass den internationalen Appellen auch Taten folgen. Wirtschaftskrise hin, Naher Osten her. Die African Union ist sich zwischenzeitlich weitgehend einig, dass der Diktator am Ende seiner Tage ist - nur die Tage hat noch niemand gezählt. Es wäre daher auch an der Zeit, dass auch die Europäische Union, der neue U.S.-Präsident Obama und das in Afrika nicht wirklich nachhaltige China zusammen arbeiten und die AU beim Auskehr in Harare helfen. Und wenn es einer Luftlandedivision bedarf, die den Diktator abholt und nach Den Haag überstellt - zu Widerstand wäre seine Leibgarde nicht mehr wirklich in der Lage -, so wäre diese Tat nirgends angebrachter derzeit als in Zimbabwe.

Monday, January 19, 2009

Hessenwahl: Mitregieren der FDP?


In den letzten Tagen und ganz besonders nach dem gestrigen Wahlabend wurde wieder viel über die Mit-Regierung der FDP im Besonderen und den Bundesrat im Allgemeinen diskutiert. Damit rücken auch zwei Themen in das Blickfeld der Öffentlichkeit, die bislang einigermassen verborgen geblieben sind: Worin ist der Wahlerfolgt der FDP begründet und wie schaut es nach der Föderalismusreform mit den Ländern im Gesetzgebungsverfahren des Bundes aus.

FDP: Wahlerfolge nicht aus eigener Kraft
Mit den 16,1 Prozent, die die FDP in Hessen errang, sichert sie das Weiterregieren von Roland Koch. Sie hat damit ihr bestes Wahlergebnis in Hessen errungen - und auch eines der allerbesten in allen Bundesländern überhaupt. Wie bereits in Bayern stellt sich jedoch nunmehr auch in Hessen ganz besonders die Frage, wie dieses Ergebnis erklärbar ist und ob es nachhaltig ist. Vergleiche zu Bayern lassen sich wesentlich mehr ziehen als zu anderen Bundesländern, in denen den FDP Erfolge feierte. Wie in Bayern war auch in Hessen der Ministerpräsident ungeliebt (in Hessen zumindest jedoch geachtet) und wie in Bayern ist die hessische Parteienlandschaft in den letzten Jahren derart ins Wanken geraten, dass sie mit anderen Bundesländern nicht mehr vergleichbar ist.
Sowohl das Ergebnis in Bayern wie in Hessen ist deshalb auch kein Ergebnis aus eigener Stärke, sondern quasi den Umständen geschultet. Zwar ist der hessische Landesverband im Gegensatz zu seinem bayerischen Pendant kampagnen- und politikfähig. Eine Wählerbasis in dieser Grössenordnung besitzt er jedoch in dem traditionell zwischen extrem linker SPD und weit rechts stehender Union schwankenden Bevölkerung nicht. Der Taunus sowie die Gebiete von Frankfurt/Main und Wiesbaden sichern der FDP jedoch eine gesicherte Basis an Wählern, die traditionell eher liberal denken.
Als in Bayern vor vier Monaten die Basis der CSU erodierte, war dies vor allem dem Verlust an Bodenständigkeit der ewigen Regierungspartei geschuldet. Nicht nur Rauchverbot und Schulstreit hatten deren Basis wegbrechen lassen, sondern der über ein Jahr dauernde Prozess des Übergang von Edmund Stoiber zu Günther Beckstein und Erwin Huber. Stoiber hatte mit seinem schmählichen Rückzug aus Berlin 2005 den Stolz seiner Landeskinder verletzt und damit sich selbst enthront - aber den Platz trotzdem nicht freigemacht. Beckstein und Huber hatten noch das Rauchverbot geerbt und konnten in der kurzen Zeit kein Profil gewinnen. Die - temporäre - Stärke der FDP war daher auch der Schwäche der CSU geschuldet. Die bayerische FDP ist bereits seit Jahren nicht mehr politik- und kampagnenfähig und hängt am Tropf der Bundespartei.
Zwar war die Ausgangsbasis in Hessen eine andere, die Wirkungen jedoch wirkten ähnlich. Koch, dies ist selten für einen amtierenden Ministerpräsidenten, erreichte Popularitätswerte, die weit hinter denen seiner Partei lagen. Die rechtspopultische Kampagne gegen den Doppelpass hatte ihm zwar 1999 zur Macht geholfen, 2008 hatte er jedoch über die Strenge geschlagen und sein Land damit auch ein Stück weit in die rechte Ecke gedrückt. Die Landeskinder fühlten sich gedemütigt und straften Koch für eben jenes Verhalten ab. Zwar verkörperte er nun das Bild des treusorgenden Landesvaters, aber der alte Spruch "wer einmal lügt dem glaubt man nicht" gilt hier in abgewandelter Form. Eine Kampagne des Linksblocks aus SPD, Grünen und Linkspartei tat ihr übriges - Koch gewann die Wahl, aber ohne Fortüne. Die Wähler hatten hier auch eine klare Alternative, bei der sie den geachteten Koch behalten und gleichzeitig die Ypsilantis der SPD in die Schranken stellen konnten: Jörg-Uwe Hahn und die FDP. Sie war dem Versuch widerstanden, im Frühjahr 2008 dem werben zu erlegen - und hatte damit erst die Basis für Ypsilantis fatalen Kurs der Selbstzerstörung frei gemacht. Die klare Koalitionsaussage verbot nach dem vergangenen Jahr der FDP auch nur einen Hauch hiervon abzuweichen und war so auch eine Möglichkeit der Wähler, bürgerlich zu wollen ohne CDU zu wählen.
Die FDP ist daher auch in Hessen gut beraten, dass Wahlergebnis in Demut zwar hinzunehmen, jedoch einen dramatischen Verlust bei kommenden Wahlen einzukalkulieren. Koch hat zwar erklärt, der Versuchung Berlin im Herbst widerstehen zu wollen. Eine vierte Amtszeit wird ihm jedoch nicht vergönnt sein und den besten Dienst für seine Partei leistet er durch den Aufbau eines Nachfolgers. Die Karten werden damit neu gemischt und die FDP wird die erste Kraft sein, die Federn lassen muss (und damit wieder wohl gemeinsam mit den Grünen stehen!).

Bundesrat
Mit der Hessenwahl ging auch die Mehrheit der Grossen Koalition in der zweiten Gesetzgebungskammer endgültig über den Jordan. Alle Blicke richteten sich auf die FDP, nur ist sie nicht der einzigste Partner, der für eine zukünftige Mehrheitsbeschaffung in Frage kommt und ganz sicher wird sie nicht der willfährigste sein. Dies unterscheidet sie von ihrem bayerischen Fortsatz. Zu stark legt Guido Westerwelle Wert auf Programmtreue, auch im den Willens des Scheiterns der Regierungsverantwortung. Mit Bremen und Hamburg - immerhin zusammen eine Stimme mehr als das schwarz-gelbe Hessen - besitzen auch die Grünen ein neues Gewicht in der Länderkammer. Stimmen, die eine Koalition in Berlin schon allein deshalb nicht aus den Augen verlieren wird, weil die ewige Ökopartei dort sowohl mit Rot (Bremen) wie mit Schwarz (Hamburg) regiert.
Auch wenn Angela Merkel ihren Freund Guido Westerwelle als präferierten Partner nach den Bundestagswahlen im Herbst ins Auge gefasst hat, hat sie auch tatkräftig Ole von Beusts Bemühungen um die erste schwarz-grüne Regierung gefördert. In der Union steht sie für eine neue Linie im Verhältnis zu den Grünen und ist gewillt, die alten Koalitionsmuster aufzubrechen. Auch wenn es nach den derzeitigen Umfragen noch nicht für eine schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene ausreicht - abgesehen von den persönlichen Protagonisten der Akteure -, so steht Hamburg für eine strategische Öffnung mit langfristigen Folgen auch für die Bundesebene. Merkel - die SPD sowieso - könnte daher gewillt sein, anstatt mit der FDP einen Pakt mit den Grünen für das nächste halbe Jahr zu schmieden und so ihre Regierungsfähigkeit zu sichern.
Dabei spielen auch zwei andere Gesichtspunkte eine entscheidende Rolle
  1. Die Grünen haben sich für die Bundespräsidentenwahl noch nicht definitiv festgelegt und die bürgerliche Mehrheit in der Bundesversammlung ist derzeit noch nicht voll gesichert. Zwar steht ihnen Gesine Schwan etwas näher als Horst Köhler, der als früherer Finanzstaatssekretär immer noch ein Feindbild für die Fundamentalisten bei den Grünen abgibt. Die Realos, einschliesslich Jürgen Trittin, bestimmen jedoch die Politik auf Bundesebene und könnten bei entsprechenden Zusagen gewillt sein, den Unions-/FDP-Kandidaten zu einer Mehrheit zu verhelfen.
  2. Die Umfragen für Union und FDP sehen zwar derzeit eine bürgerliche Koalition vorne. Diese osszilliert jedoch noch zwischen 49 und 51 Prozent. So scheint eine Mehrheit - zumindest der Mandate - sicher, die Zeiten können sich jedoch schnell ändern und die politische Grosswetterlage ist mit Nahost-Konflikt und Wirtschaftsflaute eher unsicher. Eine Zusammenarbeit mit den Grünen und der FDP im Bundesrat - themenabhängig und im Interesse der Kanzlerin - würde so die Option für die "Reise nach Jamaika" offenhalten.
Der erste Blick auf die Mehrheitsverhältnisse in der Länderkammer täuschen eine neue Stärke der FDP vor, die es so nicht gibt.

Friday, January 16, 2009

Der Untergang des Abu Mazen


In letzter Zeit ist es ziemlich ruhig geworden um Abu Mazen, Kampfname des Palästina-Präsidenten Mahmut Abas. Dies dürfte nicht nur damit zusammen hängen, dass es momentan ziemlich laut ist im Nahen Osten. Sondern vor allem seiner immer schwächer werdenden Stellung innerhalb der palästinensichen Staatsorganisation. Als er im Januar 2005 gewählt wurde, konnte sich kaum jemand vorstellen, dass er aus dem Schatten seines Vorgängers und palästinensischen Übervaters Arafat heraustreten könnte. Und in seiner Antrittsrede machte er dies auch selber deutlich:
„Ich schenke diesen Sieg der Seele von Jassir Arafat und ich schenke ihn unserem Volk, unseren Märtyrern und den 11.000 Gefangenen in Israel“
Obwohl Abu Mazen international mit hohen Vorschusslorbeeren bedacht wurde, ist es ihm bereits im ersten Jahr seiner Präsidentschaft nie gelungen, wirklich eine stabile Regierung mit durchsetzungsfähigem Programm zu etablieren. Sein Ziel, einen Endfrieden mit Israel und die Anerkennung Palästinas als eigenen Staat, ist zwar ambitionär gewesen. Die Zweite Intifada verhinderte jedoch, dass dies auch wirklich umgesetzt wurde. Ariel Scharon führte ihn eher vor und die radikalislamistische Hamas konnte im Januar 2006 bei den verschobenen Parlamentswahlen in Palästina die Stimmung gegen Abbas gegen sich auszunutzen.
Neben der fehlenden Akkzeptanz bei den Israelis trug jedoch auch die mangelnde Korruptionsfreiheit der Autonomiebehörde zu seinem Ansehensverlust innerhalb Palästinas bei. Liess man dies Arafat noch durchgehen, so wurde seinem Nachfolger dies angekreidet. Er hatte nicht Arafats Nimbus und damit auch nicht mehr die Kraft darüber hinweg zu schauen.

Im Januar 2006 erhielt Abbas die Quittung in Form einer herben Wahlniederlage und des Aufstiegs der Hamas zur Mehrheitsfraktion im Autonomierat. Was folgte war eine lange und zähflüssige Regierungsbildung. Abbas hatte zwar die Ablehnung des hamaschen Wahlsiegs international auf seiner Seite. Seiner eigenen Bevölkerung konnte aber auch er nicht erklären, warum sie einerseits wählen sollte, bei Nichtgefallen des Ergebnisses dieses aber dann nicht anerkannt würde.
In allen künftigen Konflikten schwieg Abbas und auch seine Elan für den Palästinenser-Staat war nahezu erloschen. Zu sehr war der alte PLO-Kämpfer damit beschäftigt, sich dem internen Kampf der Hamas zu widmen, die schon einmal in blutige Auseinandersetzungen zwischen PLO und Hamas endeten. Und obwohl schliesslich im Februar 2007 auf Vermittlung der Saudis eine Konfliktlösung nahe schien, traf er sich trotz Ablehnung der palästinensischen durch die israelischen Regierung mit deren Premier Olmert. Die Hamas wie die Bevölkerung Palästinas konnten dies nur als Afront verstehen. Abbas hatte schon damals nahezu alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann.

Die Hamas nutzte die Schwäche, rief den Bürgerkrieg aus, besetzte den Gaza und entzog damit der PLO / Fatah hier sämtliche Kompetenzen. Abbas behielt die internationale Unterstützung, die Unterstützung im eigenen Land hatte er verloren. Abbas wurde als Handlanger Israels und der westlichen Staatengemeinschaft angesehen. Als nun Israel den Krieg gegen Gaza aufnahm, trat Abbas nur einmal in die Öffentlichkeit - mit einem Unterstützungsappel für Israel. Zu weit waren die Feindseeligkeiten mit Haniya und der Hamas gegangen, dass er jegliches politische Fingerspitzengefühl vermissen liess. Es wäre eigentlich seine Aufgabe gewesen, mässigend auf Israel einzuwirken. Hierfür fehlt ihm jedoch die Kraft, denn seine eigene Behörde ist hoch korrupt und in Israel hat er keine wirklichen Freunde.

Abbas Amtszeit ist nicht nur formal abgelaufen. Da mag sich Steinmeier, Ban Ki Moon und auch die künftge Aussenministerin der USA, Hillary Clinton, noch häufiger mit ihm treffen und ihn verbal unterstützen. Als "internationaler Palästina-Präsident", der die Korruption im eigenen Bereich nicht bekämpft und auch die Lebensverhältnisse nicht wirklich zum positiven gewandelt hat, hat er keine Chance auf eine neue Mehrheit.
Das am Scheitern von Abu Mazen auch die westliche Staatengemeinschaft schuld ist, ist damit auch festzustellen. Zu stark hat sie Abbas auf den Schild gehoben und dabei seine Versäumnisse unter den Tisch gekehrt. Zu stark war sie damit beschäftigt, die ungeliebte Hamas zu isolieren, anstatt sie mit ihrem eigenen politischen Handeln zu konfrontieren und damit zu entzaubern. Auch die Mauer an der palästinensisch-israelischen Grenze hat zur Schwächung der PLO Abbas und zur Radikalisierung der Massen beigetragen.
Palästina ist in den letzten Jahren so wieder zurück gefallen. Dem gewaltfreien Zusammenleben ist die Region damit weiter entfernt, als noch beim Tod Arafats vermutet.

Tuesday, January 13, 2009

Bush´s Letzte


Eigentlich wird er mir schon fehlen, George W.. Seine Aussenpolitik ist zwar einigermassen - um es vorsichtig auszudrücken - in die Hose gegangen. Aber Witz hat er, wie das ZDF von seiner letzten Pressekonferenz berichtet.
Dass nach dem Einmarsch, anders als erwartet, keine Massenvernichtungswaffen gefunden wurden, sei "eine große Enttäuschung" gewesen, sagte Bush.
Für jeden anderen war dies wohl eher beruhigend.
"Ich habe damals eine Rezession geerbt, nun hinterlasse ich eine Rezession"
Nun, jeder andere hätte sich zum Ziel gesetzt, die Rezession nicht kommen zu lassen - wobei Bush jun. selber wohl in der Tat recht wenig für die aktuelle Delle in der Wirtschaftsentwicklung hat.
"Manchmal haben Sie mich unterschätzt."
Dies stimmt in der Tat. Den so meschuge, wie sie Bush jun. dargestellt haben, war er in der Tat nicht. Insofern ein herzliches: Good bye.

Monday, January 12, 2009

Israels Kampf gegen Windmühlen


Am Wochenende machte die israelische Aussenministerin Tzibi Livni deutlich, dass es keine Verhandlungen mit der Hamas im Gaza geben werden. Selbst wenn man bedenkt, dass sich Israel im Wahlkampf befindet und mit dem Rechtsaussen der israelischen Politik Bibi Netanjahu ein Ungemach für die israelische Nahost-Politik droht, so stellt sich doch die Frage, wie eine verantwortungsbewusste Aussenministerin sich jeden Weg verbauen kann - in Deutschland ist das beste Beispiel für das Scheitern einer solchen Politik Gerhard Schröder und seine Rede auf dem Marktplatz von Goslar.
Dabei wäre es grundfalsch, Livni als verantwortlos zu bezeichnen. Nach dem Schlaganfall, der Ariel Scharon ans Krankenbett fesselte, war sie es, die massgeblich die Rückzugspolitik in Israel voran trieb. Und sie hatte auch in der Vergangenheit immer wieder auch für die Aussöhnung mit den Arabern ganz generell und den Palästinensern im besondern plädiert - auch auf die Gefahr hin, dass die von hier beabsichtigte Bildung einer Regierung im vergangenen Herbst gescheitert ist und deshalb jetzt Neuwahlen stattfinden müssen. Gerade diese Erfahrung hätte jetzt aber auch dazu beitragen müssen, ein solche wenig bedachte Äusserung zu vermeiden und als künftige Regierungschefin eine Lösung zu finden, die Israel sicher macht vor weiteren Beschiessungen.

Die Äusserungen Livnis stehen jedoch ganz im zeitlichen Kontext des Krieges, der zwei Rahmenbedingungen hat: einerseits stehen am 10. Februar 2009 in Israel vorgezogene Neuwahlen der Knesset an und - das wohl wesentlich wichtigere Datum - scheidet am 20. Januar 2009 der bisherige Präsident der USA, George W. Bush, aus dem Amt.
Die Wahlen sind für das Land am westlichen Rand des Mittelmeeres mit die wichtigsten der vergangenen Jahren. Ariel Scharon konnte allein durch sein Charisma verdeutlichen, dass er auch die Palästinenser im Griff hat. Ehud Olmert hat dies gekonnt und mit dem Krieg im Libanon 2006 dem Land eine herbe Niederlage zugefügt. Netanjahu, dessen Regierungszeiten bereits in der Vergangenheit eher Fluch als Segen waren, ging hieraus gestärkt hervor. Mit seiner Rhetorik der bedingungslosen Härte nahm er die Massen ein, die letztlich die Hamas ihm herbei geschossen hat. Das Versagen Olmerts und die Katjuschas der Hamas sind so die besten Wahlkampfhelfer Bibi Netanjahus.
Will es Livni noch gelingen, diese Entwicklung zu ihren Gunsten zu drehen, muss sie selbst Härte zeigen. Auch als Ausgangspunkt für künftige Koalitionsverhandlungen.

Das Ausscheiden von George W. Bush jedoch stellt auch für den - bisherigen - moderaten Kurs Livnis eine Gefahr dar. Der wiedergeborene Christ Bush hatte bereits aus religiösen Gründen ein besonderen Verhältnis zu Israel und vollzog eine Politik der Einseitigkeit, wie nur selten ein Präsident vor ihm. Barack Obama hat bereits einen neuen Kurs angekündigt: Gespräche mit Syrien und dem Iran und die Förderung eines Ausgleichs zwischen den beiden Völkern des Heiligen Landes. Auch wenn auch in Obamas "to isolate Hamas" steht und dies als terroristische Organisation auch fortzuführen ist, wird Obama stärker als sein Vorgänger die Hamas auch als politische Kraft in Palästina wahrnehmen und sie in den Prozess der Gestaltung des Verhältnisses der beiden Staaten einbeziehen müssen.
Für Israel's derzeitige Politik ist Obama deshalb ein Risiko, hat sie doch nach dem Wahlsieg der Hamas im Januar 2006 deren Isolierung auf der politischen Ebene betrieben und damit einen erheblichen Teil zu der Radikalisierung der Palästinenser beigetragen (neben der Fatah Abu Mazens und den Staaten des Westens). Die Palästinenser haben es zu Recht nie verstanden, dass sie erst wählen sollen und ihnen dann gesagt wird, das Ergebnis passt uns nicht und so reden wir auch nicht mit euch. Dies rechtfertigt keine Raketenangriffe, aber es sollte den Staaten der westlichen Welt zum Nachdenken anregen, ob eine solche Politik mit den eigenen Grundsätzen vereinbar ist - selbst die EU hatte schonmal mit Österreich ein grandioses Scheitern eingestehen müssen.

Livni ist insgesamt mit der Ablehnung jeglicher Verhandlungen der Fehleinschätzung erlegen, dass sich die Hamas wegbomben liesse. In der Hamas regiert derzeit nicht der politische, sondern der radikal-militante Arm und wird derzeit kräftig gefüttert. Letztlich geht es diesem nicht um die Frage, ob die Menschen in Gaza leben können oder nicht, sie verbuchen es als Sieg, wenn sie Israel bekämpfen, wenn ein Israeli stirbt und wenn sie mit Raketen Angst und Schrecken verbreiten können. Mag sein, dass die IDF den Gaza einnimmt und dabei auch den ein oder anderen Hamas-Führer gefangennimmt (und dann hoffentlich vor ein Gericht stellt und aburteilt). Den Sumpf der Hamas austrocknen kann Israel jedoch nur, wenn sie den Zulauf unter der Bevölkerung unterbindet. Das dies durch die Ausbombung und Sippenhaft geschieht, dürfte eher unwahrscheinlich sein. Auch die systematische Absperrung eines ganzen Geländes mit dem Ziel der dortigen Unterversorgung wird dem Ziel einer Befriedigung des Konflikts weniger dienlich sein.
Livni, man möge es sich auch wünschen als Ministerpräsidentin, ist lange nach den Fehlern wie Sippenhaft und einem quasi vorhandenen Streubombenwesen in Amt und Würden gekommen. Der Krieg wird bis zu den Knesset-Wahlen nun weitergehen, Livni sollte danach den Weg von Scharon und ihren eigenen wieder einschlagen - ein Krieg bis zur verbrannten Erde gehörte bislang nicht zu ihrem Repertoire. Aus gutem Gund.

Friday, January 09, 2009

Weltenlenker Joschka: Kommt es auf ihn an?


Als in Deutschland noch rot-grün ruinierte und Joschka Fischer als der grosse Weltenlenker - respektive Aussenminister - gab, reiste er auch gerne und häufig in den Nahen Osten. Bilder in Yad Vashem machten sich für den ehemaligen Frankfurter Rabauken und Besucher von PLO-Konferenzen immer gut, um seine scheinbare Geleudertheit öffentlich zu demonstrieren. 2003 hatte er sich als grosser Vermittler noch aufgespielt. Nunmehr, nach Israels Einmarsch in den Gaza die überraschende Erkenntnis zur Bedeutung der deutschen Bundeskanzlerin:
Bei allem Respekt: Auf die Bundeskanzlerin kommt es in diesem Konflikt nicht allzu sehr an.
Quelle: Zeit online 4.1.2009
Was nun jedoch für die Bundeskanzlerin zutreffen soll, dürfte dann erst Recht für einen deutschen Aussenminister gelten und so relativiert Fischer sein eigenes Wirken in sieben Jahren rot-grünen Wirtschaftens dann auch gleich selber. Aber Fischer hat eh ein gespanntes Verhältnis zu Angela Merkel, wie er in seiner - zwischenzeitlich ehemaligen - Zeit-Kolumne gezeigt hat.
Als es denn um die Bewältigung der Finanzkrise im vergangenen Herbst und Winter ging, war ihm Merkel nicht forsch genug. Die von ihr an den Tag gelegte Zurückhaltung gegen allzuviel Protektionismus des französischen Staatspräsidenten war nicht recht, ein Ruf in das gleiche Horn wäre es wohl auch nicht gewesen. Fischer scheint auf seine alten Tage senil geworden zu sein - oder den Rauswurf aus dem Aussenministerium immer noch nicht wirklich verwunden zu haben.